MenschenGesichter Teil 38: Heinrich VIII. und die zweite seiner sechs Frauen
mit freundlicher Genehmigung des MoneyMuseum, Zürich
Warum galt der Kopf jahrhunderte-, nein, jahrtausendelang als das Motiv einer Münzseite schlechthin? Und warum hat sich dies in den letzten 200 Jahren geändert? Das fragt Ursula Kampmann in ihrem Buch „MenschenGesichter“, dem die Texte unserer Serie entnommen sind.
Heinrich VIII., König von England (1509-1547). Halfgroat, erzbischöfliche Münzstätte in Canterbury. Gekröntes und gepanzertes Brustbild Heinrichs n. r. Rs. Wappen auf langem Kreuz. © MoneyMuseum, Zürich.
Heinrich VIII., König von England, hatte ein Problem. Es hieß Katharina von Aragón und war seine Ehefrau sowie Mutter von fünf königlichen Kindern, von denen allerdings nur ein Mädchen (ausgerechnet!) noch lebte. Im Jahre 1527 war es abzusehen, dass Katharina keine Kinder mehr gebären konnte. Heinrich sah sich vor die Entscheidung gestellt, entweder auf einen männlichen Thronfolger verzichten zu müssen oder sich eine jüngere Frau zu nehmen.
Porträt Anna Boleyns. Vermutlich eine spätere Kopie eines Bildes aus der Zeit um 1534. Quelle: Wikicommons.
Die Wahl fiel Heinrich VIII. leicht. Es gab da eine hübsche Hofdame mit Namen Anna Boleyn … Aber um rechtmäßige Thronfolger zu produzieren, musste sie ordentlich mit ihm verheiratet sein. So schickte er im Jahre 1527 zwei Gesandte zum Papst, die das Oberhaupt der katholischen Kirche veranlassen sollten, seine Ehe mit Katharina zu scheiden. Als Grund konnte man irgendeine zu enge Verwandtschaft vorschieben, die wegen der jahrhundertelangen Inzucht innerhalb der Herrschergeschlechter Europas sicher bestand, bis dahin aber niemanden gestört hatte. Scheidungen aus solchen Gründen gehörten zur Routine für jeden Papst. Allerdings gab es da ein kleines Hindernis. Katharina von Aragón war zufällig die Tante von Karl V., dessen Soldaten gerade die Stadt Rom erobert und den Papst gefangen genommen hatten. Clemens VII. war also nicht ganz frei in seiner Entscheidung, als er Heinrich mitteilte, dass eine Auflösung der Ehe nicht in Frage käme.
Heinrich war wütend. Aber dadurch löste sich das Problem nicht. Es wurde sogar noch dringender, als Anna Boleyn im Frühjahr 1533 deutliche Anzeichen einer Schwangerschaft zeigte. Endlich wieder eine Chance auf einen Thronfolger! Heinrich musste handeln, wollte er nicht riskieren, dass der illegitim auf die Welt kam.
Und Heinrich handelte in Zusammenarbeit mit den Bischöfen und dem Parlament. Zunächst entzog er dem Papst sämtliche finanziellen Einkünfte aus England sowie die Rechtsprechung in kirchlichen Angelegenheiten. Damit war der Weg frei für eine Ehe mit Anna Boleyn, aber Heinrich machte hier nicht Halt. Er ließ sich selbst zum Oberhaupt der englischen Kirche erklären sowie im Jahre 1536 die Klöster säkularisieren, die damals immerhin über 10 Prozent des bebaubaren Bodens von England verfügten. Heinrich hatte also mit der Trennung von der katholischen Kirche nicht nur seine Scheidung legalisiert, sondern auch noch ein hervorragendes Geschäft gemacht.
Was für ein Pech, dass Anna Boleyn dann auch nur eine Tochter gebar! Wer konnte damals schon ahnen, dass die kleine Elisabeth zur größten Königin ihrer Zeit werden sollte?
Bevor wir uns eben dieser Elisabeth I. zuwenden, machen wir in der nächsten Folge einen kurzen Ausflug nach Spanien, zu Philipp II.
Alle Teile der Reihe finden Sie hier.
Das Buch „MenschenGesichter“ gibt es in gedruckter Form und als ebook auf der Seite des Conzett Verlages.