Karl Borromäus – Der Heilige der Gegenreformation Teil 1
Neben dem Gründer der Jesuiten, dem hl. Ignatius von Loyola ist wohl der hl. Karl Borromäus der Heilige, der am häufigsten genannt wird, wenn es um die vorbildliche Umsetzung der Kirchenreform nach dem Trientiner Konzil geht. Wir erzählen hier seine Geschichte im Spiegel der numismatischen Zeugnisse.
Der hl. Karl Borromäus in Kardinalstracht. Foto: UK.
Bemühungen um die katholische Kirchenreform
Am 2. Dezember des Jahres 1560 verließ eine Bulle den päpstlichen Hof. Sie galt dem großen Anliegen von Papst Pius IV.: der Kirchenreform.
Die Kalvinisten in Frankreich machten ihm Sorgen. Der Papst fürchtete, der französische König Karl IX., der für seine hugenottischen Neigungen bekannt war, könnte es seinem englischen Amtsbruder nachmachen und eine französische Eigenkirche gründen.
Pius IV. (1559-1565). Medaille. Rv. Jesus vertreibt die Händler aus dem Tempel. – Dieses Gleichnis der Gegenreformation fordert eine Rückkehr zu einer einfacheren Kirche, in der Ämter und die damit verbundenen Pfründen nicht im Mittelpunkt stehen sollten. Aus Auktion Heidelberger Münzhandlung Herbert Grün 48 (2007), 721.
Es galt also, die kirchliche Reform voranzutreiben, um dies zu verhindern. Denn Grund zur Kritik an der Amtskirche gab es immer noch genug. Obwohl das Konzil von Trient bereits 15 Jahre zuvor zum ersten Mal zusammengetreten war, war die Reform der Kirche in den Anfängen stecken geblieben.
Paul III. (1534-1549). Scudo d’oro, Parma. Aus Auktion Künker 207 (2012), 6222.
Die Eröffnung des Konzils von Trient
Damals war die Einberufung eines Konzils ein Zugeständnis von Papst Paul III. an Kaiser Karl V. gewesen. Gern hatte der oberste Hirte es nicht getan. Doch Karl suchte die päpstliche Hilfe, um die Protestanten durch Zugeständnisse wieder in die Kirche einzubinden.
Paul blieb skeptisch, denn einerseits wollte er die noch junge Vormachtstellung als Nachfolgers Petri über ein allfälliges Konzil nicht in Gefahr bringen, und andererseits machten ihm innerkirchliche Kritiker in einer besonders heiklen Angelegenheit schon jetzt die Hölle heiß. Es ging um das Patronagesystem am päpstlichen Hof, das Basis der Macht jedes Papstes war: Wer ein Amt wollte, brauchte einen Gönner oder viel Geld, um sich die Unterstützung eines Mächtigen zu erkaufen.
Paul III. (1534-1549). Silbermedaille o. J. (1550) auf das Heilige Jahr. Aus Auktion Nomos 5 (2011), 25.
Römischer Filz
Das Patronagesystem war der Grund dafür, warum die mächtigen Familien Italiens um den Aufstieg in der Kirchenhierarchie konkurrierten. Je weiter hinauf es einer von ihnen geschafft hatte, umso mehr Pfründen konnte er anhäufen. Und eine Pfründe war so gut wie bares Geld. Man verstand darunter ein geistliches Amt, dessen Ausübung mit bestimmten Einkünften vergolten wurde. Persönliche Anwesenheit war dafür nicht erforderlich. Der Papst stellte gerne (gegen entsprechende Bezahlung) einen Dispens aus, der es dem Pfründeninhaber ermöglichte, einen Stellvertreter vor Ort zu entsenden, der ihn gegen eine geringe Gebühr vertrat. Die restlichen Abgaben wurden an den offiziellen Pfründeninhaber weitergeleitet.
Und natürlich konnte man, sobald man in der geeigneten Position war, auch Pfründen an Familienmitglieder und Klienten vergeben. Auch hier galt, je weiter oben sich einer befand, über umso mehr und umso lukrativere Pfründen konnte er entscheiden.
Haupttreffer in diesem System war das Amt des Papstes, der seine Verwandten mit einträglichen Posten an der Spitze der Kirchenhierarchie weit über seine Amtszeit hinaus versorgte.
Christoforo Madruzzo. Medaille von Laurentius Parmensius. Aus Auktion Rauch (Sommerauktion 2010), 2206.
Eine halbherzige Reform
Und dieses System stand gleich zu Beginn des Konzils zur Diskussion. Christoforo Madruzzo war von 1539 bis 1567 Fürstbischof von Trient. In dieser Funktion eröffnete er 1545 das Konzil von Trient. Einige reformwillige Kleriker forderten, dass der Inhaber einer Pfründe gezwungen sein solle, an dem Ort zu residieren, mit dem die Pfründe verbunden sei. Das hätte bedeutet, dass pro Kleriker nur noch eine einzige Pfründe hätte vergeben werden können, ein großer Fortschritt für die Qualität der Seelsorge. Doch der Papst sah damit seine Möglichkeiten eingeschränkt und blockierte.
Julius III. (1550-1555). Medaille 1554/5. Aus Auktion Classical Numismatic Group Electronic Auction 210 (2009), 369.
Der „Innozenz-Skandal“
Dass dies nicht aus völlig uneigennützigen Motiven geschah, wird illustriert durch die Geschichte eines besonders üblen Zeugnisses für päpstliche Bevorzugung.
Sie galt Innocenzo (= der Unschuldige), einem Jugendlichen aus einfachsten Verhältnissen, der Kardinal Del Monte, dem späteren Papst, wegen seines guten Aussehens aufgefallen. Er holte ihn an seinen Hof – wie seine Umgebung munkelte als Lustknabe. Um ihm eine offizielle Stellung im Haushalt zu geben, adoptierte ihn der Bruder von Kardinal Del Monte.
Als nun der Kardinal zum Papst erhoben wurde, machte er den 17-jährigen Innocenzo nun seinerseits zum Kardinal. Die Pflichten dieses Amts konnte der nicht erfüllen, da er sich als unfähig erwiesen hatte, das dafür Nötige zu lernen. Trotzdem verlieh ihm der Papst den offiziellen Titel „Kardinalnepot“. In dieser Funktion wäre Innozenz eigentlich verantwortlich gewesen, die päpstliche Korrespondenz zu führen.
Julius III. (1550-1555). Medaille. Aus Auktion Classical Numismatic Group Electronic Auction 210 (2009), 370.
Schon seine Existenz war in Italien ein Skandal. Er wurde angeklagt und schuldig gesprochen, zwei Frauen vergewaltigt zu haben. Er soll zwei Männer, die ihn beleidigten, umgebracht haben. Dafür wurde er nach dem Tod seines Gönners dann auch eingekerkert.
Keine Reform unter Julius III.
Und so verlief das Konzil nach zwei Jahren mehr oder weniger im Sande. Julius III. sollte es 1551 wieder aufnehmen. Aber trotz seines guten Willens gelang es lediglich, die Protestanten durch die frisch formulierten Lehrmeinungen der katholischen Kirche so zu verprellen, dass eine Einigung nicht mehr möglich war.
Selbst die Publikation der Reformvorschläge, die eine Deputation für Julius III. ausgearbeitet hatte, wurde nach der Fertigstellung des Dokuments immer wieder verzögert und mit dem Tod des reformwilligen Papstes im Jahr 1555 völlig ad acta gelegt.
Paul IV. (1555-1559). Restitutionsmedaille des 19. Jh. nach einer Medaille von Gianfederico Bonzagni von 1559. Rv. Jesus jagt die Händler aus dem Tempel. Aus Auktion Rauch 89 (2011), 2814.
Pauls IV.
Der nächste Papst, der gewählt wurde, galt als große Hoffnung der Reformer. Sie wurden enttäuscht. Paul IV. versuchte, die Menschen durch Zwang zu bessern. Was nicht in sein Weltbild passte, sollte nicht mehr gelesen werden. So führte er kurz vor seinem Tod im Jahre 1559 den berüchtigten Index Librorum Prohibitorum ein, das Buch, in dem Katholiken erfuhren, welche Bücher ihnen der Papst zu lesen verbot, um ihr Seelenheil nicht zu gefährden. Was die Bevölkerung Roms davon hielt, machte sie nach dem Tod dieses harten Mannes deutlich: Sie stürmte das Gefängnis der Inquisition und stürzte das Standbild des Papstes.
Pius IV.
Sein Nachfolger wurde ein umgängliches Mitglied der Familie der Medici: Giovanni Angelo von Medici bestieg 1560 als Pius IV. den Stuhl Petri, und er machte sich sofort daran, das Konzil von Trient wieder ins Leben zu rufen. Als sein persönlicher Vertrauter agierte sein junger Neffe, der unter dem Namen Karl Borromäus in der ganzen katholischen Welt berühmt werden sollte.
Lesen Sie im zweiten Teil der Serie, wie schnell Karl in dieser korrupten Kirche Karriere machte. Den dritten und letzten Teil finden Sie hier.