Ein nordisches Schwergewicht: Die zweitschwerste Münze der klassischen Numismatik
mit freundlicher Genehmigung der Münzenhandlung Fritz Rudolf Künker
Fast 15 Kilogramm, so viel wie 4 Ziegelsteine, wiegt die zweitschwerste Münze der klassischen Numismatik, diese schwedische Kupferplatte zu 8 Talern. Sie wurde 1659 herausgegeben.
Besuchergrube in Falun. Foto: Wikipedia.
Das Problem
Schweden verfügte im 17. Jahrhundert über die wichtigsten Kupferbergwerke von ganz Europa. Die Stollen von Falun lieferten zwei Drittel des europäischen Bedarfs an diesem kriegswichtigen Material. Aus Kupfer stellte man Bronze her, daraus entstanden Kanonen und Musketen. Die reichen Kupfervorkommen in Schweden waren von entscheidender Bedeutung dafür, daß dieses Land im vom Krieg geprägten 17. Jahrhundert zur entscheidenden Vormacht Nordeuropas wurde.
Silber dagegen hatte Schweden kaum zu bieten. Doch auch dieses Metall brauchte man zum Bezahlen der Söldner und im diplomatischen Verkehr.
Wie also, die Frage stellte sich dem schwedische König Gustav Adolf, wie sollte man aus den Kupfervorräten möglichst viel Silber herausholen? Die Händler in Amsterdam, wo Schweden sein Kupfer vermarktete, zahlten umso weniger, je mehr Metall der König schicken ließ. Der Preis, so erklärten ihm seine Fachleute, würde steigen, wenn sich die Menge des gelieferten Kupfers verknappe. Da Schweden den Markt beherrsche, sei es leicht, eine künstliche Knappheit zu erzielen. Allerdings würde damit natürlich kurzfristig auch der Nachschub an Silber zurückgehen, und das bedeute wiederum, daß man die Versorgung Schwedens mit Silbermünzen nicht aufrechterhalten könne.
MAINZ. 8 Dukaten 1632. RRR. Vorzüglich. Geschätzt mit 30.000 Euro. Aus der kommenden Auktion Künker 185 (2011), 6035. – Ein halbes Jahrzehnt nach der Währungsreform fühlte sich Schweden stark genug, um im 30jährigen Krieg die Landesinteressen zu vertreten…
Die Lösung
Die einfachste Lösung schien sich von selbst zu empfehlen: Warum nicht das Kupfer, das man bisher nach Amsterdam geschickt hatte, als Grundmaterial für eine Münzprägung verwenden? Für Kleingeld war das ja schon seit der Antike Gang und Gäbe. Und so kam es 1624 zu einer ersten Ausgabe von 2, 1, und ½ Öre-Münzen in Kupfer. Das Gewicht dieser Stücke war so angelegt, daß der Metallwert, den sie beinhalteten, mit ihrem Nennwert überein stimmte. Dem schwedischen König standen jetzt also alle Optionen offen. Solange der Kupferpreis in Amsterdam nicht seinen Vorstellungen entsprach, würden die Münzen in Schweden kursieren. Wenn der Preis entscheidend stieg, würde man die Kupfermünzen gegen silberne eintauschen und das gewonnene Kupfer in Amsterdam verkaufen.
Das Resultat
1625 wurden schon 26 % der jährlichen Kupferproduktion für die Münzprägung verwendet. Die schwedische Regierung ließ in den nächsten Jahren Unmengen dieser Münzen ausbringen. Leider war sie damit alles andere als erfolgreich. Unternehmungslustige Schweden kamen nämlich auf die Idee, die Kupfermünzen auf eigene Faust aufzukaufen und auf dem Metallmarkt anzubieten, wenn der Kupferpreis nur hoch war. War dagegen der Silberpreis hoch, waren hohe Aufschläge beim Wechseln zu entrichten, was in der Bevölkerung nicht gut ankam.
RIGA. 6 Dukaten 1644. RRR. Vorzüglich bis Stempelglanz. Geschätzt mit 30.000 Euro. Aus der kommenden Auktion Künker 185 (2011), 6059. – Riga gehörte seit 1621 zu Schweden. Das Schiff, aus dem unsere Platte stammt, war gesunken, als es schwedische Währung nach Riga transportierte.
Ein neuer Versuch
Seit 1640 diskutierte der königliche Rat über die Einführung von Kupferplatten als Zahlungsmittel für größere Transaktionen. Inzwischen war Christina ihrem Vater auf den schwedischen Thron nachgefolgt, und schwedische Truppen kämpften immer noch auf deutschem Boden im nicht enden wollenden Religionskrieg.
Immer noch war Silber knapp und Kupfer im Übermaß vorhanden. Warum sollte man nur Öre in Kupfer prägen? Warum nicht auch Daler? Man stellte runde Probeprägungen mit einem Durchmesser von 22 cm und einem Gewicht von über drei Kilogramm im Wert von 1 1/2 Daler dafür her. Doch die Produktion war teuer, zu teuer, so daß ein Mitglied des Rats auf die Idee kam, die Münzen aus den Platten herzustellen, zu denen das Kupfer von Falun seit Jahrhunderten verarbeitet wurde. Diese Plattenmünzen könnte man dann als Barren oder als Münzen verwenden, ganz wie es die Umstände erforderten.
1644 wurde aus diesen Überlegungen Realität. Man beschloß, daß 10 Daler 19,72 Kilogramm entsprechen sollten. Der königliche Rat hielt, wie wir aus Berichten wissen, dieses Maß noch für „tragbar“ – nicht nur im übertragenen Sinn. Wir wissen, daß 26.539 solcher 10 Daler Platten ausgebracht wurden. Bis 1974 kannte man keine einzige von ihnen. Grund für die Seltenheit von schwedischem Plattengeld ist die Tatsache, daß man es einschmolz, sobald der Kupferpreis über den Nennwert stieg, und dies war oft der Fall. Doch 1974 wurden in einem gesunkenen Schiff vor der baltischen Küste fünf Exemplare dieser ersten Prägung entdeckt.
Kupferplatte zu 8 Daler Silvermynt 1659, Avesta. Von allergrößter Seltenheit. Sehr attraktives, vorzügliches Exemplar mit feiner Patina. Geschätzt mit 75.000 Euro. Aus der kommenden Auktion Künker 185 (2011), 6001.
Unser Beispiel, eine 8-Daler-Platte
Auch unser Beispiel stammt aus einem Schifffund, der Anfang des 20. Jahrhunderts in der Hafeneinfahrt von Riga gemacht wurde. Die Mehrzahl der darin enthaltenen 8-Daler-Platten befindet sich heute in Museen, einige wenige Stücke verkaufte die russische Behörde an Privatsammler.
Unser Plattengeld wurde 1659 unter König Karl X. Gustav hergestellt. Er hatte eigentlich vorgehabt, die jährliche Kupferausbeute über ein französisches Syndikat vermarkten zu lassen. Um die Verhandlungen zu befördern, hatte der König 1655 befohlen, die Ausgabe von Plattengeld einzustellen. Doch die Abmachung kam nicht zustande und so wurde weiter geprägt. Karl X. Gustav mochte diese Entlastung der Staatskasse nicht missen. Schließlich war er in mehr als einen Krieg verwickelt. Im Jahr der Prägung unseres Stücks kämpfte das schwedische Heer im so genannten Kleinen Nordischen Krieg in Polen.
Das Plattengeld zu 8 Dalern wiegt 14,6 Kilogramm – für jeden Daler berechnete man nach der Münzverordnung von 1649 1,812 g. Auch die Größe ist beachtlich. Es mißt 34 x 62,5 cm. Wir sehen in der Mitte einen runden Stempel mit der Wertangabe, in den Ecken dazu runde Stempel mit Krone und Jahreszahl.
Das Ende der Plattenwährung
Bereits 1646 wurde die Prägung der 10-Daler-Platten eingestellt, im Jahr 1682 endete auch die Prägung von 8-Daler-Platten. Doch noch im 18. Jahrhundert wurden Kupferplatten ausgegeben. Erst am 1. Januar 1777 wurden die Kupferplatten außer Kurs gesetzt. Bis zu diesem Zeitpunkt waren mehr als 44.000 Tonnen schwedischen Kupfers verprägt worden.
Die hier gezeigten Stücke stammen alle aus der Sammlung des 2009 verstorbenen Julius Hagander. Er war nicht nur ein bedeutender Sammler von schwedischen Münzen, sondern auch ein großer Förderer der schwedischen Numismatik. Seine Sammlung wird am 17. März 2011 vom Auktionshaus Künker / Osnabrück versteigert.