Die Geldgeschichte der USA. Teil 3: Boom, Krise, Krieg

Es ist schon eine Zeit lang her, dass wir die zweite Folge dieser kleinen Wirtschafts- und Geldgeschichte der USA veröffentlicht haben. Damals behandelten wir den Aufstieg der Vereinigten Staaten zu einer Weltmacht. Natürlich hatte das auch Auswirkungen auf die Wirtschaft.

Boom

Mit dem Beginn des neuen Jahrhunderts boomt die amerikanische Wirtschaft wieder. Es ist für breite Bevölkerungsschichten ein goldenes Zeitalter – zumindest für die Mittel- und Oberschichten der Industrienationen. In Frankreich nennt man diese Zeit die Belle Époque.

Im Jahre 1908 stellt der Autohersteller Henry Ford (*1863, †1947) in Detroit sein Model T vor – Zielgruppen sind breite Bevölkerungsschichten, zum Beispiel die Farmerfamilien des mittleren Westens. In jenem ersten Jahr verkauft Ford 6000 Modelle zu einem Preis von je 850 Dollar; keine zehn Jahre später, 1916, beläuft sich die Zahl verkaufter Ford T’s auf 577.000 Stück, von denen jedes noch 360 Dollar kostet. In jenem Jahr verdient ein Arbeiter bei Ford an einem Achtstundentag 5 Dollar – etwa so viel, wie er für ein paar gute Schuhe oder eine Hose bezahlen muss.

10 Dollar (Eagle) 1907, Philadelphia. Aus Auktion Künker 256 (2014), Nr. 6942.

Während jener goldenen Epoche werden die schönsten amerikanischen Münzen geprägt. Im Mittelpunkt stehen dabei die beiden großen amerikanischen Goldmünzen, der Eagle und der Double Eagle. Beide Münzen werden um 1906 vom berühmten amerikanischen Bildhauer Augustus Saint- Gaudens (*1848, †1907) neu gestaltet.

10 Dollar (Indianer) 1907, Philadelphia. Aus Auktion Künker 302 (2018), Nr. 1517.

Auf dem Eagle wird die Krone der Miss Liberty durch indianischen Federschmuck ersetzt. Der Schriftzug „LIBERTY“ ziert das Stirnband.

20 Dollar (Double Eagle) 1908, Philadelphia. Aus Auktion Künker 294 (2017), Nr. 3363.

Auf dem neuen Double Eagle im Wert von 20 Dollar ist die Liberty in voller Größe und mit wehendem Haar zu sehen. In ihrer rechten Hand trägt sie die Freiheitsfackel vor sich her, in der Linken hält sie als Friedenssymbol einen Olivenzweig. Im Hintergrund geht strahlend die Sonne auf, und links unten ist zudem das Kapitol, das amerikanische Parlament, sichtbar. Um die Liberty herum sind 46 Sterne angeordnet – einer für jeden damaligen Bundesstaat. Und auf der Rückseite der Münze erhebt sich der Adler, ebenfalls vor der aufgehenden Sonne, in atemberaubendem Flug in die Lüfte.

Geprägt werden Eagles und Double Eagles in ihrem neuen Outfit bis in das folgenschwere Jahr 1933, als Präsident Franklin D. Roosevelt die Produktion von Goldmünzen aufgrund der Weltwirtschaftskrise einstellen lässt. Sämtliche Banken im Land dürfen ab sofort weder Gold noch daraus geprägte Münzen mehr ausgeben. Privatleuten wird der Besitz von Gold, Goldmünzen und Goldzertifikaten verboten – ein Verbot, das erst in den 1970er- Jahren aufgehoben wird.

Dime 1927, Denver. Aus Auktion Künker 293 (2017), Nr. 2387.

Die andere herausragende Münze dieser Epoche rangiert am anderen Ende des monetären Spektrums – im Gegensatz zu den wertvollen Goldmünzen handelt es sich um den kleinen Dime, das 10-Cent-Stück. Für einen Dime bekommt man um 1916 in New York einen großen Laib Brot.

Der neue Dime zeigt auf der Vorderseite natürlich die Liberty, doch diesmal trägt die Lady einen geflügelten Helm, das Markenzeichen des römischen Glücksgottes Merkur. Auf der Rückseite ist ein Fascesbündel abgebildet, ein Liktorenbündel, wie es bereits die Römer kannten. Seine Symbolik: Jeder Einzelne der Stäbe bricht leicht; alle Stäbe zusammen aber sind stark, erst recht, wenn sie sich um einen zentralen Amtsträger gruppieren, wie ihn die Axt repräsentiert. Der Olivenzweig steht wiederum für Frieden. Zu einer Zeit, in der in anderen Ländern Kriege toben, ist die Symbolik solcher Münzbilder nicht zu unterschätzen. Im Jahre 1916 wird eine ganze Serie neuer Münzen in Umlauf gesetzt; nicht nur der Dime, auch der Half und der Quarter Dollar erhalten ein neues Image. Zusammen mit dem Eagle und dem Double Eagle stehen diese Münzen für ein neues künstlerisches Zeitalter, dessen Wurzeln auf die Münzkunst der Antike zurückgehen. Damit verabschieden sich die neuen Münzen von der bisherigen Statik und trotzen im Gegensatz zu ihren Vorgängern aus dem 19. Jahrhundert geradezu vor Vitalität und Naturalismus.

Die Weltwirtschaftskrise

Während der 1920er-Jahre erleben die USA einen einmaligen Boom. Von 1919 bis 1929 verdoppelt sich die industrielle Produktion nahezu. 1929 werden in Detroit fünf Millionen Autos gebaut. Neue Fernstraßen, Wolkenkratzer, Wohnsiedlungen in den Vorstädten, Elektrizitätswerke – alles zeugt von der großen Wachstumswelle, welche die USA ergriffen hat. Leider auch die Arbeitslosigkeit, denn die Produktivitätszunahme kommt durch die Anwendung von Maschinen und nicht durch den Einsatz von Arbeitskräften zustande.

Das amerikanische Wirtschaftswachstum spiegelt sich in stetig steigenden Aktienkursen. Im blinden Vertrauen, dass Börsenkurse nur steigen und nie fallen, dass man durch Aktien also nur gewinnen und nicht verlieren kann, legen viele Amerikanerinnen und Amerikaner ihre Ersparnisse in Wertpapieren an. Die große Nachfrage treibt die Börsenkurse weiter in die Höhe.

1929 kommt es zu einem massiven Kurseinbruch – jenen, die Aktien besitzen, fährt der Schreck in die Glieder. Es beginnt ein Gesundbeten des Marktes: Politiker, angesehene Industrielle, Bankiers – alle versuchen, Optimismus zu verbreiten und auf die gesunden Fundamente des Marktes hinzuweisen. Es beginnt ein Auf und Ab mit immer neuen Verkaufswellen, bis es Ende Oktober am Schwarzen Donnerstag zu jenem Kurssturz kommt, der alles bisher Bekannte übertrifft. Die Kurse hören erst am 13. November auf zu fallen. Die Gesamtverluste aller amerikanischen Börsen belaufen sich auf rund 50 Milliarden Dollar.

Das Land rutscht in die Rezession; in den USA steigt die Zahl der Arbeitslosen bis 1932 auf 15 Millionen Menschen. Die Krise erfasst die gesamte Weltwirtschaft. In Deutschland sind im Jahre 1932 40 Prozent aller Erwerbsfähigen ohne Arbeit; ohne die Ereignisse an der Wall Street mit ihren weltweit katastrophalen wirtschaftlichen Folgen wäre Hitler wohl nicht so einfach an die Macht gekommen.

Erst Wirtschafts-, dann Währungskrise

Die Weltwirtschaftskrise von 1929 führt in die Währungskrise: Von 1929 bis 1932 geht die Industrieproduktion in den USA um fast 40 Prozent zurück, entsprechend steigt die Arbeitslosigkeit – 1933 ist rund ein Viertel der amerikanischen Bevölkerung erwerbslos. Um der Wirtschaft wieder zum Aufschwung zu verhelfen, sieht Präsident Roosevelt nur noch einen Ausweg: die Währung kontrolliert zu inflationieren.

1933 wird der Goldstandard aufgehoben und in den folgenden Wochen büßt der Dollar gegenüber dem Gold um 40 Prozent an Wert ein. Diese Abwertung führt zu einer erhöhten Wettbewerbsfähigkeit der Exporte und die Zinsen sinken. Die Investitions- und Konsumfreude der Bevölkerung wächst und die Wirtschaft kommt langsam wieder ins Rollen.

Quarter 1934, Philadelphia. Aus Auktion Künker 87 (2003), Nr. 3322.

Amerika leidet schwer unter der Großen Depression, wie man die Wirtschaftskrise in den USA nennt. Doch im Jahre 1932 gilt es, den 200. Geburtstag von George Washington zu feiern. Diesen Anlass will das amerikanische Schatzamt gebührend ehren – immerhin war Washington der erste Präsident der Vereinigten Staaten (1789–1797) und als solcher an der Schaffung des amerikanischen Währungssystems maßgeblich beteiligt. So werden im Jahre 1932 die ersten Quarter Dollars mit dem Bild Washingtons in Umlauf gesetzt.

Der Zweite Weltkrieg

Es ist der perfekte Überraschungsangriff, als am 7. Dezember 1941 um 7.51 Uhr die ersten japanischen Bomben auf Pearl Harbor fallen – die dort stationierten US-Truppen sind auf einen Angriff nicht vorbereitet. In den folgenden zwei Stunden legen japanische Kampfflugzeuge den riesigen amerikanischen Flottenstützpunkt in Schutt und Asche: Schon in den ersten Stunden des Krieges verlieren die USA einen Großteil ihrer Pazifikflotte. Am folgenden Tag erklärt der amerikanische Präsident Franklin D. Roosevelt (1933–1945) Japan den Krieg.

Nur Stunden nach dem Angriff auf Pearl Harbor setzt Japan seine Angriffe fort. In einem beispiellosen Siegeszug nimmt es in den folgenden Monaten den gesamten indopazifischen Raum ein, bis es im Sommer 1942 vor den Toren Australiens und Indiens zum Stehen kommt. Dann setzt die amerikanische Gegenoffensive ein.

Erst dieser Kriegseintritt Japans und der USA weitet den europäischen Krieg im Dezember 1941 zum eigentlichen Weltkrieg aus (der offiziell von 1939 bis 1945 dauert): Im Gefolge des japanischen Angriffs erklären Deutschland und Italien den USA am 11.Dezember 1941 den Krieg. In den folgenden Monaten dringen deutsche Truppen bis an den Kaukasus, an die Wolga und die ägyptische Grenze vor. Im Juli 1943 landen die Briten und die Amerikaner in Italien, und ein knappes Jahr später, am D-Day – es ist der 6. Juni 1944 – gehen die Alliierten in der Normandie an Land. Das ist die Wende im Verlauf des Zweiten Weltkriegs: Die deutsche Abwehr ist dem alliierten Angriff nicht gewachsen – es beginnt die militärische Befreiung des europäischen Kontinents von der nationalsozialistischen Herrschaft.

In Ostasien und im Pazifik dauern die Kämpfe auch dann noch an, als der Krieg in Europa infolge der deutschen Kapitulation bereits zu Ende ist. Um die Gefechte in Asien zu einem schnellen Ende zu bringen, entschließt sich der amerikanische Präsident Harry S. Truman (1945–1953) – Roosevelt ist im April 1945 gestorben –, die eben erst entwickelte Atombombe auf die japanischen Städte Hiroshima und Nagasaki abzuwerfen. Am 6. August 1945 fällt die erste Bombe auf Hiroshima, drei Tage später die zweite auf Nagasaki. Die Verwüstungen und die Zahl der Opfer übersteigen jede menschliche Vorstellungskraft. Am 10. August bittet Japan um Waffenstillstand und fünf Tage später stellen die Amerikaner die Kriegshandlungen ein.

Ein neues Finanzsystem für eine neue Zeit

Die Weltwirtschaftskrise mit ihren globalen Auswirkungen macht klar, dass nur ein internationales Währungssystem eine stabile Weltwirtschaftsordnung sichern kann. So beschließen die Vereinten Nationen, die UNO, 1944 in dem amerikanischen Städtchen Bretton Woods die Schaffung des Internationalen Währungsfonds, der Weltbank und eines Systems fester Wechselkurse.

Die Basis des Systems beruht also auf einem festen Verhältnis der Währungen untereinander, als Leitwährung bestimmt man den US-Dollar. Das heißt, dass die Währungskurse der andern Mitgliedsstaaten nicht mehr als ein Prozent vom Dollarkurs abweichen dürfen.

Doch nach dem Krieg ist es nicht einfach, das System von Bretton Woods zu verwirklichen. In den USA liegen gegen Ende des Krieges zwei Drittel aller Welt-Goldreserven, und im Übrigen sind die Vereinigten Staaten das einzige industrialisierte Land, das überhaupt noch einen funktionstüchtigen Exportsektor hat – was bedeutet, dass viele Waren aus den USA heraus, aber nur wenige hineinfließen. Mit den US-Dollars ist es genau umgekehrt und so herrscht zunächst einmal ein akuter Mangel an Dollars auf den internationalen Finanzmärkten. Erst durch den Marshall-Plan, der ab 1948 in Aktion tritt, gelangen rund 13 Milliarden US-Dollar nach Westeuropa und erlauben hier ein schnelles und nachhaltiges Wirtschaftswachstum.

 

In der nächsten Folge lesen Sie, was die Stellvertreterkriege während des Kalten Krieges gegen die Sowjetunion für Auswirkungen hatten.

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