Die Fürsten von Solms
Sie hatten ihr Gebiet ordentlich ausgedehnt, das hessische Adelsgeschlecht derer zu Solms, deren Namen im Jahr 1129 zum ersten Mal urkundlich Erwähnung findet. Von ihrem Stammsitz auf der Burg Solms aus hatten sie sich die Kontrolle des mittleren Lahntales gesichert, in dem damals eine wichtige Handelsstraße verlief, die die Reichsstädte Frankfurt, Wetzlar und Köln verband.
Doch wie alle Reichsfürsten und Reichsritter erlebten auch die Herren zu Solms am Beginn der frühen Neuzeit, dass die Einkünfte aus dem eigenen Territorium für die gewachsenen Ansprüche nicht mehr reichten. Es galt, sich anderweitig Geld zu verschaffen. Der Reichsdienst war einträglich und bot die Möglichkeit, am Hof des Kaisers Privilegien für das eigene Geschlecht zu sammeln.
Stammbaum der für diesen Katalog relevanten gräflichen und fürstlichen Linien des Hauses Solms.
Schon Philipp zu Solms hatte Maximilian I. und Karl V. als kaiserlicher Rat gedient. Sein Sohn stand vor der Wahl, sich entweder der Reformation anzuschließen und damit durch Klosterenteignungen reiche Mittel aufzutun, oder im Dienste des Kaisers zu bleiben und gegen die Fürstenopposition zu kämpfen. Reinhard zu Solms entschied sich für den Kaiser. Er hatte sich zu einem Spezialisten der damaligen Befestigungskunst entwickelt und leistete tatkräftige Hilfe beim Ausbau der wichtigsten Fortifikationen seiner Zeit. 1546 machte ihn Kaiser Karl V. zum Feldmarschall, 1552 erteilte er ihm das Münzrecht. Reinhard zu Solms starb 1562 als kaiserlicher Rat, ohne von diesem Privileg jemals Gebrauch gemacht zu haben.
Solms-Lich. 1/2 Batzen 1588, Lich, mit Titel Rudolfs II. 1,14 g. Joseph 22 s. Aus Auktion Künker 212 (19. Juni 2012), 4001. Schätzung: 20 Euro. Geprägt gemeinsam von den Söhnen Graf Reinhards I., den Brüdern Ernst I., Eberhard und Hermann Adolf.
Dies taten erst seine Söhne und Enkel. Sie prägten hauptsächlich Kleinmünzen für den lokalen Markt, mit denen mehr Geld aus dem Schlagschatz zu gewinnen war als mit den wenigen, repräsentativen Gold- und Großsilbermünzen. Den Umschwung brachte die Kipper- und Wipperzeit, als jeder, der über das Münzrecht verfügte, ein Vermögen verdienen konnte.
Solms-Lich. 1/2 Batzen 1594, Lich, mit Titel Rudolfs II. 1,19 g. Joseph 54 g. Aus Auktion Künker 212 (19. Juni 2012), 4003. Schätzung: 20 Euro. Geprägt gemeinsam von den Söhnen Graf Reinhards I., den Brüdern Eberhard und Hermann Adolf sowie den vier Söhnen des verstorbenen Grafen Ernst I., Reinhard II., Georg Eberhard, Ernst II. und Philipp.
Gezwungen durch ihre hohen Kosten im Krieg gegen den Winterkönig in Prag hatten die Habsburger den Silbergehalt ihrer Münzen derart verringert, dass die guthaltigen Münzen ihrer Nachbarn dagegen nicht bestehen konnten. Auch die begannen, schlechte Münzen zu prägen, um mit ihnen zum völlig überhöhten Nominalwert ihre Ausgaben zu finanzieren. Über die Münzhoheit besaßen die Fürsten das Recht, auf den von ihnen kontrollierten Märkten die guthaltigen Münzen einzuziehen, um sie in ihren Münzstätten in schlechtes Geld umzuprägen.
Solms-Hungen und Solms-Greifenstein. Reichstaler 1623, Hungen, auf die angebliche Hungener Ausbeute. 28,66 g. Dav. 7743. Exemplar der Slg. Paul Joseph. Aus Auktion Künker 212 (19. Juni 2012), 4249. Schätzung: 4.000 Euro. Geprägt von Wilhelm von Solms-Greifenstein und Reinhard von Solms-Hungen.
Und wer nicht über das Münzrecht verfügte, der konnte immer noch tricksen, so Wilhelm zu Greiffenstein und sein Bruder Reinhard von Hungen. Als Angehörige der Linie Solms-Braunfels besaßen sie eigentlich kein Münzrecht, nutzten aber die Wirren der ersten Jahre des 30-jährigen Krieges, um dieses Privileg zu annektieren. Formal war alles in Ordnung. Auf den Münzen stand klar und deutlich …EX PRI(mitiis)… zu lesen, also aus der ersten Ausbeute. Denn laut Reichsmünzordnung besaßen Bergwerksbesitzer das Recht, ihre Silbererträge selbst auszumünzen. Der einzige Schönheitsfehler war die Tatsache, dass es auf dem Gebiet der Prägenden kein Bergwerk gab, aus dem die Ausbeute hätte kommen können. Auch Wilhelm und Reinhard kippten und wippten, beförderten guthaltige Münzen in die Esse, um schlechte daraus zu prägen. Natürlich ließ sich der Kaiser das auf Dauer nicht gefallen. Es kam zu einer Anzeige. Doch die Gerichte waren damals noch langsamer als heute. Durch Wilhelm von Greiffensteins Tod im Jahr 1630 dürfte den Prozess hinfällig geworden sein.
Solms-Hohensolms. Kipper-12-Kreuzer (Dreibätzner) 1620, Niederweisel, mit Titel Ferdinands II. 3,74 g. Joseph 218 d. Aus Auktion Künker 212 (19. Juni 2012), 4049. Schätzung: 200 Euro.
Auch die anderen Grafen von Solms machten bei diesem einträglichen Geschäft mit. Philipp Reinhard I. zum Beispiel aus der Linie Solms-Hohensolms war 1620 gezwungen, seine Münzstätte in Niederweisel zu schließen, weil sie wegen der Ausprägung stark unterwertiger Münzen in Verruf gekommen war.
Kipper-3-Kreuzer 1621, Butzbach, mit Titel Ferdinands II. Joseph 226 l. Aus Auktion Künker 212 (19. Juni 2012), 4052. Schätzung: 25 Euro. Geprägt von Graf Philipp Reinhard I.
Doch auch die neue Münzstätte in Butzbach setzte diesen Betrug fort. Der Münzmeister Hans Jakob Ayrer galt offiziell als Verantwortlicher. Er wurde 1622 in Frankfurt verhaftet, als er – wohl im Auftrag des Grafen – versuchte, minderwertige Stücke gegen vollwertige Taler einzuwechseln. Bei der Durchsuchung seines Quartiers beschlagnahmte man Kippermünzen im Wert von über 5.000 Gulden.
Solms-Laubach. Dukat 1761, Hanau. 3,48 g. Joseph 449. Aus Auktion Künker 212 (19. Juni 2012), 4204. Schätzung: 5.000 Euro.
Nach 1700 prägte nur noch die Linie Solms-Laubach. Christian August (1738-1784) ließ sein Geschlecht durch prachtvolle, barocke Großsilbermünzen feiern, die er aus Anlass der verschiedenen fürstlichen Ereignisse herausbrachte:
Reichstaler o. J. (1738), Nürnberg, auf seinen Regierungsantritt. 29,21 g. Joseph 445. Aus Auktion Künker 212 (19. Juni 2012), 4196. Schätzung: 3.000 Euro.
Heirat, Geburt und Tod, Vorfahren und Nachkommen.
Konventionstaler 1770, Wertheim, auf Graf Otto, den Gründer der Linie Solms-Laubach. 28,07 g. Joseph 456. Aus Auktion Künker 212 (19. Juni 2012), 4221. Schätzung: 1.500 Euro. Geprägt von Graf Christian August, 1738-1784.
Die fürstliche Familie steht im Mittelpunkt der Themen.
Solms-Baruth. Silbermedaille 1906 von R. Otto auf die Silberne Hochzeit von Fürst Friedrich, 1904-1920, mit Luise, Gräfin von Hochberg, am 10. September. Aus Auktion Künker 212 (19. Juni 2012), 4245. Joseph 464. Schätzung: 100 Euro.
Und so klingt mit einigen Medaillen die Solmser Münzgeschichte aus, denn im Jahr 1806 traf das Fürstengeschlecht Solms das gleiche Schicksal wie viele Standesherrn im Reich. Durch den Reichsdeputationshauptschluss wurden ihre Herrschaften den größeren Fürstentümern angegliedert. Hatte es vor 1806 einige Hundert reichsunmittelbare Territorien gegeben, waren nach diesem Stichtag noch 34 davon übrig geblieben.
Die Herrn von Solms durften sich jetzt Standesherren nennen. Sie übten bis zu den bürgerlichen Revolutionen noch die Gerichtsbarkeit in ihren alten Gebieten aus, waren selbst steuerfrei und hatten einen festen Sitz in der ersten Kammer der Landtage. Trotz politischem Engagement hatten viele von ihnen noch Zeit, als Mäzene der Wissenschaft und Künste tätig zu sein, wie auch Karl von Solms-Hohensolms-Lich (reg. 1899-1920).
Er war ein begeisterter Münzsammler, auf den die Sammlung Solmser Gepräge zurückgeht, die das Haus Künker sich freut, in Auktionskatalog 212 am 19. Juni 2012 anbieten zu können. Fürst Karl unterstützte die Publikation der Monographie „Die Münzen und Medaillen des fürstlichen und gräflichen Hauses Solms“ aus der Feder von Paul Joseph, dessen Sammlung er ebenfalls erwarb.
Deutsche Geschichte ist weit mehr als die Biographien einiger Kaiser. Das bei Künker angebotene Ensemble ist eine wunderbare Illustration für das Schicksal eines der vielen Fürstengeschlechter, die das Deutsche Reich Jahrhunderte lang mitgestaltet haben.
Alle Stücke der Auktion 212 finden Sie im Internetauftritt von Künker.