Die Euros mit den drehenden Sternen – mehrere Tausend Euro wert
Euro-Münzen mit „drehenden“ Sternen werden teuer bezahlt. Unser Autor numiscontrol erklärt, welche verschiedenen Arten von drehenden Sternen es gibt, und was sie wert sind. Und vor allem wo Sie diese Schätze finden können!
Gemeinsame Wertseiten
Die Wertseiten aller Euromünzen – vom 1-Cent-Stück bis zur 2-Euromünze – hatten bereits im Juni 1997 ihre endgültige Form durch den belgischen Designer Luc Luycx bekommen. Ab diesem Zeitpunkt wurden nur noch kleinere Änderungen an der Wertseite vorgenommen. Zum Beispiel verschwand das vorher geplante Latentbild (als Berliner Pfannkuchen bezeichnet) bei den 1- und 2-Euromünzen. An einem Bankgebäude in Berlin ist solch eine Wertseite noch als Nachbildung erlebbar. Die Gestaltung der Wertseiten ist für alle Länder der Währungsunion genau vorgeschrieben.
Nationale Bildseiten
Im Zuge der Euroeinführung gab es in Deutschland bereits vor 1997 intensive Überlegungen, welche nationalen Motive die neue Währung zeigen sollte. Als die gemeinsamen Wertseiten und alle technischen Eigenschaften der Umlaufmünzen festgelegt worden waren, wurde mit ersten Probeprägungen begonnen. Zuvor waren aus den eingereichten Künstlerentwürfen der Eichenzweig (1 Cent bis 5 Cent), das Brandenburger Tor (10 Cent bis 50 Cent) sowie der Bundesadler (1 Euro und 2 Euro) ausgewählt worden. Die Randinschrift sollte weiterhin „EINIGKEIT UND RECHT UND FREIHEIT“ lauten.
Die Ausgestaltung der nationalen Bildseiten obliegt der ausgebenden Nation. Der Platz für das Prägejahr oder ein Münzzeichen ist ebenfalls frei auswählbar. Genau vorgeschrieben sind nur die zwölf Europasterne aus der Europaflagge. Weiterhin gab es noch einige Empfehlungen der Europäischen Kommission, die Beachtung finden sollten. Zum Beispiel wurde empfohlen, nur figürliche Motive ohne einen Hinweis auf den jeweiligen Staat zu verwenden. Daran orientierten sich allerdings nur Belgien, Deutschland, Finnland und Griechenland.
Wie kam es zur Prägung mit „drehenden“ Sternen?
Ich konnte diesbezüglich bis in das Jahr 1997 zurück recherchieren. In dieser Zeit liefen die Vorbereitungen zur Prägung von deutschen Euromünzen auf Hochtouren. Einige prägerelevante Dinge wurden noch ausprobiert. Offiziell geprägt wurde ab Ende August 1998. Grundsätzlich hatten im Jahr 1998 alle Motivseiten der deutschen Euromünzen „drehende“ (radial ausgerichtete) Europasterne. Das bedeutet, dass alle für die Prägungen notwendigen Stempel der fünf deutschen Prägeanstalten auch mit radial ausgerichteten Sternen angefertigt wurden. Wie und warum es dazu kam, ist bisher unbekannt. Fakt ist, dass die eigentliche Münzprägung erst der letzte Schritt in einem langen Prozess ist. Garantiert waren die Entwürfe zuvor auch der Europäischen Kommission vorgelegt worden. Aber niemandem ist die Stellung der Sterne im Vorfeld aufgefallen. Interessant ist auch, dass es von Deutschland zahlreiche Werbeprospekte und Informationsbroschüren sowie Plakate zur Euroeinführung gab – und alle dort vorgestellten deutschen Euromünzen mit radial angeordneten Sternen abgebildet wurden. Herausgeber waren die Aktionsgemeinschaft Euro der Bundesregierung, das Bundesministerium für Wirtschaft und Technologie, die Europäische Kommission sowie das Europäische Parlament. Auch hier fiel offenbar niemandem etwas auf! Selbst in Münzkatalogen sind im Jahr 2000 noch die geplanten deutschen Euro-Umlaufmünzen mit radial angeordneten Sternen zu sehen.
Münzen mit „drehenden“ Sternen sind keine Fehlprägungen!
Von einer Fehlprägung wird gesprochen, wenn es während der Prägung unbeabsichtigt zu einer Veränderung am beabsichtigten Erscheinungsbild kommt. Das kann zum Beispiel ein Stempelausbruch oder ein Stempelriss sein. Bei Münzen mit „drehenden“ Sternen wurde das beabsichtigte Erscheinungsbild jedoch 1:1 auf die Münzen geprägt. Die Prägewerkzeuge (Stempel) waren bereits mit „drehenden“ Sternen geschnitten und vervielfältigt worden. Ein prägetechnisch bedingter Fehler lag nicht vor. Die Bezeichnung „Fehlprägung“ ist daher falsch. Es ergäbe auch keinen Sinn, alle Münzen als „Probeprägungen“ zu pauschalisieren, da die Stücke gut voneinander unterschieden werden können. Die Bezeichnung als „Nullserie“ ist ebenfalls nicht korrekt, da es sich um offizielle Prägungen handelt. Vielmehr muss jedes Stück einzeln und anhand seiner Prägemerkmale unterschieden und dann entsprechend zugeordnet werden. Bei Münzen zwischen 1 Cent und 1 Euro ist das auch leicht möglich. Nur beim 2-Eurostück gibt es einige interessante Besonderheiten zu beobachten.
Unterschiedliche 2-Eurostücke mit „drehenden“ Sternen
2-Euro-Stücke mit „drehenden“ Sternen können in drei Gruppen eingeteilt werden:
Gruppe 1
Stücke mit radial ausgerichteten Sternen ohne Prägejahr und Münzzeichen. Randinschrift mit Überlappung. Lesbar ist meist „[EINI]GKEIT UND RECHT UND FRE[IT]“. Verwendung fand hier das Rändelwerk der Münze zu 5 Mark der 2. Ausgabe (Jaeger 415). Da der Durchmesser vom 5-Markstück 29,00 mm war und der Durchmesser einer 2-Euromünze 25,75 mm beträgt, kam es zur Überlappung der Inschrift. Eine Identifizierung der Prägestätte ist hier nicht immer möglich. Die Randriffelung ist während der Prägung hinzugekommen. Meiner Meinung nach sind diese Münzen als Proben 1 zu bezeichnen, da sie aus der Anfangsphase der Vorbereitung der 2-Euro-Münze stammen. Hier wurde nachweisbar noch an der Schriftform und am Design der Motivseite experimentiert (vgl. dazu auch den Prüfbericht der Deutschen Bundesbank aus dem Jahre 2002). Geprägt wurden diese Stücke vermutlich schon vor 1998. Nachgewiesen und im Umlauf angetroffen wurden bisher Stücke der Prägestätten A und F.
Gruppe 2
Stücke mit radial ausgerichteten Sternen ohne Prägejahr und Münzzeichen. Randschrift normal ohne Überlappung. Lesbar ist „EINIGKEIT UND RECHT UND FREIHEIT“. Verwendung fand hier das Rändelwerk der normalen 2-Euromünzen. Eine Identifizierung der Prägestätte ist möglich. Die Randriffelung ist während der Prägung hinzugekommen. Diese Münzen sind als Proben 2 zu bezeichnen. Die Randschrift weist bereits die Schriftart und Form auf, die auch zukünftig weiterverwendet wurde. Allerdings hat die Motivseite (Prägejahr und Münzzeichen) noch nicht ihre endgültige Form bekommen. Geprägt wurden diese Stücke vermutlich vor 1998. Nachgewiesen und im Umlauf angetroffen wurden bisher nur Stücke der Prägestätte A.
Gruppe 3
Stücke mit radial ausgerichteten Sternen mit Prägejahr und Münzzeichen (A, D, F, G und J). Randschrift normal ohne Überlappung. Lesbar ist „EINIGKEIT UND RECHT UND FREIHEIT“. Verwendung fand das Rändelwerk der normalen 2-Euromünzen. Eine Identifizierung der Prägestätte ist möglich. Die Randriffelung ist während der Prägung hinzugekommen. Diese Münzen sind als Erstprägung zu bezeichnen. Randschrift, Prägejahr sowie Münzzeichen sind normal angeordnet. Einziger Unterschied zur späteren Normalprägung sind die noch radial angeordneten Sterne. Geprägt wurden diese Stücke ab 1998. Im Umlauf angetroffen wurden diese Stücke bisher nicht.
Echte Münzen mit Zahlungskraft
Als die Herstellung angehalten und erst nach erfolgter Berichtigung wieder anlief, entgingen einige bereits geprägte Münzen (Anzahl unbekannt) mit der falschen Stellung der Sterne der Entwertung durch Walzen. Gleich nach der Euroeinführung 2002 wurden die ersten Münzen im Umlauf gefunden. Trotzdem handelt es sich dabei um gültige Münzen, die ihre Zahlungskraft nicht verloren haben. Stücke mit eindeutigen Entwertungsspuren durch Überwalzen sind dagegen ungültig. Doch auch derartige Stücke kommen noch heute im Umlauf vor.
Äußerst begehrt auf Münzauktionen
Münzen mit den drehenden Sternen sind begehrt und teuer. Auf Münzauktionen bringen sie selten unter Tausend Euro. Auf den Auktionen des bekannten Tempelhofer Münzenhaus Senger aus Berlin wurden schon viele dieser seltenen Stücke versteigert. Einige Beispiele habe ich zusammengestellt.
- Auktion 10. November 2011: Los-Nr. 1185, Deutschland, 2 Euro-Probeprägung ohne Jahrgang und Münzzeichen, Sterne radial ausgerichtet, Randschrift der 5 DM-Münze (Jaeger 415). Äußerst selten, VZ/prägefrisch. Ausruf 1.000 Euro. Zuschlag 3.200 Euro.
- Auktion 15. und 16. November 2012: Los-Nr. 1008, Deutschland, 5 Cent 2002 A. Fehlprägung mit radial ausgerichteten Sternen, nicht entwertet, Leichte Patina/VZ, Ausruf 800 Euro. Zuschlag 2.800 Euro.
- Auktion 20. Mai 2016: Los-Nr. 5070, Deutschland, 2 Euro-Probe ohne Jahrgang und Münzzeichen. Fehlprägung mit radial ausgerichteten Sternen, nicht entwertet, Randschrift: EINIGKEIT UND RECHT UND FREIHEIT ist nicht überlappend und mit Bundesadler. Ausruf 2.000 Euro. Zuschlag 3.750 Euro.
- Auktion 18. und. 19. Mai 2017: Los Nr. 2035, 20 Cent 2002 A. Prägung mit radial ausgerichteten Sternen, nicht entwertet, 5,72 Gramm, VZ, Ausruf 2.500 Euro. Zuschlag 5.250 Euro.
- Auktion 17. und 18. Mai 2018: Los-Nr. 1612, 1 Euro 2002 A. Probeprägung mit radial ausgerichteten Sternen, nicht entwertet, 7,53 Gramm, minimale Randfehler VZ, Ausruf 750 Euro. Zuschlag 1.850 Euro.
- Auktion 17. und 18. Mai 2018: Los-Nr. 1613, 2 Euro-Probe ohne Jahrgang und Münzzeichen. Probeprägung mit radial ausgerichteten Sternen, nicht entwertet, Randschrift: EINIGKEIT UND RECHT UND FREIHEIT, Randschrift nicht überlappend und mit Bundesadler, VZ/prägefrisch, Ausruf 2.500 Euro. Zuschlag 2.800.
- Auktion 8. und 9. November 2018: Los Nr. 897, 50 Cent 2002 A. Probeprägung mit radial ausgerichteten Sternen, nicht entwertet, 8,2 Gramm, VZ, Ausruf 1.000 Euro. Zuschlag 2.100 Euro.
Suchen lohnt sich noch immer
Was hindert Sie daran, Ihr Wechselgeld nach diesen Kostbarkeiten zu durchsuchen? Es kostet Sie nichts außer etwas Zeit. Achten Sie schon beim Empfang vom Wechselgeld an der Supermarktkasse darauf. Schulen Sie Ihren Blick nach „drehenden“ Sternen. Und wenn es dann einmal klappt, hat es sich auch gelohnt. Glauben Sie mir, mit der Zeit werden Sie sicherlich Freude am Durchsuchen von Kleingeld entwickeln. Meine Philosophie dazu:
Alle, die bereits das Glück hatten, eine derartig seltene Münze zu finden, haben die Freude leider schon hinter sich und sind eigentlich zu bedauern. Wir aber haben diese Freude noch vor uns!
Wollen Sie nicht gleich einmal in Ihrer Geldbörse nachsehen?
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Mehr über unseren Autor numiscontrol, alias Reiner Graff, erfahren Sie in unserem Who’s Who.
Besonders beliebt sind zudem seine Beiträge „1871-1909: Zeit der Fälschungen“, „Die Wertentwicklung der ersten Euromünzen des Vatikans“ und „Unentdeckte Schätze bei Umlaufmünzen“.
Der Sammelexperte hat es sich zur Aufgabe gemacht, gerade Anfänger an die Welt der Münzsammlungen heranzuführen – hier finden Sie seine „Grundlagen für Sammler“ sowie seine Serie „Münzpflege leicht erklärt“.