Deutsches Finanzministerium lässt einzigartige Dokumente deutscher Wirtschaftsgeschichte in London versteigern
Von Dr. Peter Christen
8. Oktober 2015 – Das Auktionshaus Spink hat vom Deutschen Finanzministerium, vertreten durch das Bundesamt für zentrale Dienste und offene Vermögensfragen (BADV), den Zuschlag zum Verkauf sämtlicher noch vorhandenen Anleihen des Deutschen Reichs aus den Beständen der ehemaligen Reichsbank erhalten. Nachdem in den 2000er Jahren lediglich die Papiere von privaten Gesellschaften aus diesem Bestand verkauft wurden, geht es nun an das Herz der Deutschen Wirtschafts- und Finanzgeschichte. Es kommen alle Anleihen, d.h. Schuldverschreibungen und Schatzanweisungen, des Deutschen Reichs und einzelner Länder zwischen 1879 und 1945 unter den Hammer.
Diese Papiere haben eine bewegte Geschichte hinter sich. Sie überlebten den Zweiten Weltkrieg unbeschadet im bombensicheren Safe der Reichsbank in Berlin und verblieben dort während der gesamten DDR-Zeit von 1949 bis 1990 praktisch unberührt. Nach der Wiedervereinigung übernahm das BADV die Klärung von verbleibenden Vermögensansprüchen aus dem Anleihebestand. Nachdem diese geregelt sind, hat uns das BADV mit der Vermarktung dieses historisch einzigartigen Bestandes beauftragt.
Dazu meint der Vizepräsident des BADV, Dr. Thomas Dress: „Wir sind glücklich, der Öffentlichkeit und dem Sammlermarkt diese wichtigen Zeugen der Deutschen Wirtschafts- und Finanzgeschichte zur Verfügung stellen zu können. Mit dem Auktionshaus Spink haben wir den idealen Verkaufspartner gefunden. Mit der grossen Erfahrung, der exzellenten Reputation und der weltweiten Ausrichtung in Europa, den USA und Asien ist das Auktionshaus Spink bestens zum Verkauf dieses historisch einzigartigen Bestandes aus der Geschichte des Deutschen Reichs geeignet.“
Der Ertrag des Verkaufes dieser Wertschriften geht vollumfänglich an den Entschädigungsfonds zur Wiedergutmachung von NS-Unrecht.
In der Folge geben wir Ihnen eine Übersicht über die finanzhistorische Bedeutung der wichtigsten Lose in dieser Auktion.
Die Anleihen des Deutschen Reichs
Die Kaiserzeit 1871-1918
Das Deutsche Kaiserreich wurde nach Beendigung des Deutsch-Französischen Krieges 1870/71 unter Kaiser Wilhelm I gegründet. Die Reichspolitik bis 1890 beeinflusste in grossem Masse der „Eisernen Kanzler“ Otto von Bismarck.
Finanzpolitisch wurde zunächst die Vereinheitlichung der Währung und die Einführung der Mark als Goldwährung realisiert. Im Aufbau der Finanzbehörden griff das Reich vielfach auf bestehende Preussische Institutionen zurück und übertrug diesen auch die neue Reichsfunktion.
Die Reichschuldenverwaltung
Auch die 1871 gegründete Reichsschuldenverwaltung ging auf die bestehende preußische Hauptverwaltung der Staatsschulden zurück. Sie übernahm die Verwaltung der Staatsschulden und die Umwandlung der alten Anleihen in die neue Währung Mark.
Reichskanzler Otto von Bismarck.
Ihre Leitung oblag dem Reichskanzler, kontrolliert wurde sie durch die Reichsschuldenkommission. Folgende Personen leiteten die Reichsschuldenverwaltung:
Unterschrift von Botho Heinrich zu Eulenburg.
1874–1879: Botho Heinrich zu Eulenburg
Unterschrift von Friedrich Hermann Sydow.
1879–1892: Friedrich Hermann Sydow
1892–1905: Otto von Hoffmann
1905–1907: Rudolf von Bitter der Jüngere
Unterschrift von Alexander von Bischoffshausen.
1907–1918: Alexander von Bischoffshausen
Unterschrift von Carl Halle.
In der Weimarer Zeit wurde die Behörde geleitet von Carl Halle 1918–1928 …
Unterschrift von Ernst Articus.
… und Ernst Articus 1929–1944. Letzterer blieb während der gesamten NS-Zeit in seiner Funktion. Lediglich in den letzten Kriegsmonaten unterstand die Behörde Oskar Georg Frischbach. Die Faksimileunterschriften finden sich als erste Unterzeichner links auf den angebotenen Zertifikaten.
Stempel der Reichschuldenverwaltung: bis 1922, 1923-1936 und nach 1936.
In der Gründungsphase hatte das Deutsche Kaiserreich eigentlich keinen grösseren Finanzbedarf, da mit den Zahlungen aus der französischen Kriegsentschädigung die gesamten Kriegsschulden von 1870/71 zurückgezahlt werden konnten.
Gebäude der früheren Reichsschuldenverwaltung, Ecke Oranienstraße / Alte Jakobstraße in Berlin-Kreuzberg.
Auch wurde festgelegt, dass alle laufenden Ausgaben durch indirekte Steuern, Zölle, Post und Eisenbahn finanziert werden sollten und ein allfälliges Defizit des Reichshaushaltes durch Länder auszugleichen sei. Trotzdem ermöglichte das erste Anleihengesetz vom 27.1.1875 eine Geldbeschaffung des Reichs mittels Anleihen. Ab 1877 wurde jedes Jahr eine neue Anleihe aufgelegt. Die Anleihen dienten dem Ausbau des Reichsheers, der Marine, der Festungen und Küstenverteidigungen, sowie der Post- und Telegraphenverwaltung, dem Erwerb der Reichsdruckerei, der Münzreform, dem Zollanschluss von Hamburg und Bremen und dem Bau des Nord-Ostsee-Kanals.
Das im Jahr 1940 fertig gestellte neue Reichsbankgebäude am Werderschen Markt in Berlin-Mitte war nach dem 2. Weltkrieg das Gebäude des Zentralkomitees der SED und ist seit 1999 Teil des Auswärtigen Amtes der Bundesrepublik Deutschland.
Den Verkauf der von der Reichsschuldenverwaltung aufgelegten Anleihen übernahm die 1876 als Zentrale Notenbank gegründete Reichsbank. Auch diese ging auf eine Preussische Institution zurück, die noch auf Veranlassung von Friedrich dem Grossen 1765 gegründete „Königliche Giro- und Lehnbank“ und spätere Preußische Bank. Die nun zum Verkauf stehenden Anleihen stammen aus den Safes und Lagern der ehemaligen Reichsbank.
Die Anleihe des Deutschen Reichs von 1878.
Die ab 1877 ausgegebenen Anleihen des Deutschen Reichs erhielten eine dekorative Gestaltung. Sie zeigen links die Germania mit Schwert und Schild, darüber und im Unterdruck findet sich die Abbildung des alten Reichsadlers mit Krone. Im Kopf der Anleihe erkennt man den Titel „Anleihe des Deutschen Reichs“ und das Ausgabejahr. Die Zertifikate weisen immer die Faksimileunterschriften der Reichsschuldenverwaltung auf, die des jeweiligen Leiters der Behörde immer als Erste ganz links. Die Papiere tragen ein Wasserzeichen mit dem Text „Reichsschuldenverwaltung“. Die Gestaltung blieb über die gesamte Kaiserzeit bis 1918 identisch, nur die Farbe änderte sich je nach Jahr und Nennwert.
Die Reichsanleihen wurden als „ewige Renten“ konzipiert. Das Reich konnte jedoch nach einer gewissen Zeit die Anleihen zurückbezahlen. Dieses Kündigungsrecht wurde vom Reich regelmässig zur Durchführung einer Konversion angewandt, wenn der Marktzinssatz gesunken war. Dabei wurde die Anleihe gekündigt und dem Besitzer eine neue bzw. eine überstempelte alte Anleihe mit einem herabgesetzten Nominalzins angeboten. Lehnte dieser das Angebot ab, erhielt er die Anleihe zurückbezahlt.
Der Zins der Anleihen betrug zuerst 4 %, ab 1885 3½%, 1890 3% und ab 1908 wieder 4%. Die Auszahlung fand halbjährlich statt. 1913 betrugen die Anleiheschulden des Reichs rund 7 Mia. Mark.
Eine Deutsche Schutzgebietsanleihe von 1908.
Schutzgebietsanleihen
Obwohl die erste deutsche Kolonie, Deutsch-Südwest-Afrika, schon 1884 gegründet wurde, vergingen noch 24 Jahre, bis mit dem Ergänzungsgesetz von 1908 die Deutschen Kolonien erstmals eigenständige Anleihen ausgeben konnten. Das Gesetz legte lediglich die Tilgungsvorschriften fest. Die ersten sechs Jahre waren tilgungsfrei, danach wurden jedes Jahr 0.6 Prozent zurückgezahlt. Über die übrigen Bedingungen der Anleihen, deren Beträge, Zins und Begebungskurse konnte der Reichskanzler entscheiden.
Mit diesen Schutzgebietsanleihen wurden hauptsächlich grössere Eisenbahnprojekte in den verschiedenen deutschen Kolonien finanziert:
In Deutsch-Ostafrika die Usambarabahn und der Ankauf von Anteilen der Ostafrikanischen Eisenbahngesellschaft; in Kamerun die Bahn Duala zum Fluss Njong (Mittelbahn), für Togo die Bahn von Lome nach Atakpame und in Südwestafrika der Erwerb der Otavibahn, den Bau der Nord-Südbahn und den Umbau der Bahnstrecke von Karibib nach Windhuk.
1914 erreichte die nominale Höhe der ausstehenden Schutzgebietsanleihen den Betrag von 282 Mio. Mark. Ihre Tilgung wurde bis 1928 weitergeführt.
Eine Kriegsanleihe als Anleihe des Deutschen Reichs im Jahre 1916.
Germania – Die Kriegsanleihen
Um die gigantischen Ausgaben für Heer und Flotte im Ersten Weltkrieg finanzieren zu können, gab das Deutsche Reich Kriegsanleihen heraus. Viele Deutsche Bürger griffen zu, weil sie ihre Soldaten an der Front unterstützen wollten. Auf diesem Weg konnte der Staat allein mit der ersten Anleihe 1914 zu Beginn des Krieges 4,5 Milliarden Reichsmark einsammeln. Dies war eine gewaltige Summe, die einem Zehntel des deutschen Bruttosozialproduktes entsprach.
Die neun Kriegsanleihen.
Bis zum Ende des Krieges 1918 gab Deutschland insgesamt neun Anleihen heraus und nahm immer größere Summen ein, im Frühling 1918 in der Spitze 15 Milliarden Mark. Alles in allem lieh sich die Regierung bei der Bevölkerung dadurch 98 Milliarden Mark und konnte damit rund 85 Prozent der Kriegskosten abdecken.
Die Anleihen waren für den Staat ein naheliegendes Finanzierungsinstrument. Die Steuern wollte man nicht erhöhen, da das für Unmut unter den ohnehin schon durch den Krieg belasteten Bürgern gesorgt hätte. Auch auf dem internationalen Finanzmarkt war Deutschland seinerzeit weitgehend isoliert und konnte sich nicht mehr mit frischem Kapital eindecken, wogegen die Kriegsgegner England und Frankreich sich bei ihrem späteren Verbündeten, den USA, Geld leihen konnten.
Plakat zur Kriegsanleihe.
Die Kriegsanleihen wurden von Anfang an stark beworben. Auf Plakaten wurden Soldaten an der Front mit leuchtenden Augen abgedruckt. Darunter patriotische Sprüche wie „Helft uns siegen! Zeichnet Kriegsanleihen“. Solche Plakate waren weit verbreitet, sie hingen fast an jeder Straßenecke. Damals war klar, dass der Krieg ohne eine umfassende Mobilisierung der Gesellschaft nicht gewonnen werden kann. Tatsächlich erreichte der Staat durch die Werbung, dass nicht mehr nur wie bisher die Mittelklasse, sondern zum ersten Mal wirklich auch die Arbeiterschaft bei den Anleihen zugriff.
Diese Anleihen mussten jeweils durch den Deutschen Reichstag bewilligt werden. In die Geschichte eingegangen ist der heftig umstrittene Beschluss der SPD von 1914, der ersten Kriegsanleihe zuzustimmen. Dieser führte in der Folge zur Spaltung der deutschen Arbeiterbewegung.
Das alles finanzierte zum Großteil die Bevölkerung: Angestellte, Bauern und Handwerker. Auch Arbeiter, letztlich kleine Leute, die etwas auf der hohen Kante hatten, gehörten dazu. Sie zeichneten Kriegsanleihen, die zweimal jährlich aufgelegt wurden, und bekamen dafür eine Verzinsung von einheitlich fünf Prozent. Die Papiere wurden über Banken verkauft und auch – das war damals neu – über Sparkassen. Die Titel gab es in Papierform ab 100 Mark. Das entsprach etwa dem Monatslohn eines Facharbeiters.
Da zu Kriegszeiten viel Geld im Umlauf war, aber nur wenig gekauft werden konnte, sahen die meisten in den Kriegsanleihen grundsätzlich eine gute und seriöse Geldanlage, in die sie ihr Geld freiwillig investierten. Es lastete auch ein hoher moralischer Druck auf den Zeichnern der Anleihen. Sie wollten die eigenen Soldaten nicht im Stich lassen und sahen es sogar als ihre patriotische Pflicht an, den Krieg zu finanzieren. Dieses Vertrauen hielt den ganzen Krieg über bis 1918. Die Bevölkerung war überzeugt davon, dass man den Krieg gewinnen werde und der Staat das geliehene Geld dann wieder zurückzahle. 1919 betrugen die Gesamtschulden des Reichs inklusive der kurzfristigeren Verbindlichkeiten rund 156 Milliarden Reichsmark – eine immense Summe.
Wie in den meisten europäischen Ländern wurden auch in Deutschland bei Kriegsausbruch die Börsen geschlossen. Im Gegensatz zu den Aktien, deren Handel nach einem Jahr wieder aufgenommen wurde, war die Emission und der Handel mit Anleihen bis 1919 nicht mehr möglich. Es war sogar verboten, über fallende Kurse von Staatsanleihen zu berichten. Die Anleger hatten nur die Möglichkeit die Neuemissionen der Reichsanleihen zu kaufen.
Die Ausgabe der einzelnen Anleihen war meist von einer vorgängigen Ausgabe einer sechs- bis siebenjährigen Schatzanweisung begleitet, welche von der Reichbank vorfinanziert wurden.
Die Zertifikate der Kriegsanleihen standen vollständig in der Tradition der bisherigen Schuldverschreibungen des Deutschen Reichs. Sie hatten auch die identische Gestaltung. Sogar das Wort „Kriegsanleihe“ tauchte erst ab Herbst 1917 auf. Die letzten drei Ausgaben (VII, VIII und IX) erhielten diese ganz oben am Rand aufgedruckt. Der Zins der Anleihen betrug 5 Prozent. Die Anleihen wurden auch nach dem Krieg weiter bedient.
Die Weimarer Republik 1918-1933
Dem verlorenen Ersten Weltkrieg und Niedergang des Deutschen Kaiserreichs mit der Flucht des Kaisers ins holländische Exil folgte die Weimarer Republik. Die Wirtschaft lag darnieder. Zusätzlich suchten tausende Soldaten eine neue Arbeit. Die Angst vor einer Revolution war überall greifbar. Gleichzeitig sah sich Deutschland mit gigantischen Reparationsforderungen der Alliierten konfrontiert. Das Londoner Ultimatum vom Mai 1921 verlangte von Deutschland Reparationszahlungen von 132 Milliarden Goldmark. Der Staatshaushalt musste zum grössten Teil durch Kreditaufnahme gedeckt werden und die Notenpresse wurde gigantisch gesteigert. Es folgte die radikalste Hyperinflation in der Geschichte der Industrienationen.
Jahr | Reichsschuld | Banknotenumlauf |
1919 | 86 Mia. Mark | 36 Mia. Mark |
1922 | 1‘495 Mia. Mark | 1‘280 Mia. Mark |
1923 | 191’000’000 Mia. Mark | 93‘000 Mia. Mark |
Die Versuche der Reichsregierung, den gewaltigen Finanzbedarf mit einer freiwilligen Kreditaufnahme zu befriedigen, mussten vor dem Hintergrund des Zusammenbruchs der Deutschen Währung und Kapitalmarktes unweigerlich scheitern.
Die kreative, aber erfolglose Deutsche Sparprämien-Anleihe 1919.
Da nützte auch wenig, wenn die Anleihen kreativ ausgestattet waren und sogar den Spiel- und Spekulationstrieb der Anleger reizen sollten. Mit der ersten Anleihe nach dem Krieg, der Deutschen Sparprämien-Anleihe 1919 für 1000 Mark, konnte man beispielsweise sogar Millionär werden. Die Anleihe war zwar nicht zinstragend, der Besitzer nahm jedoch an der halbjährlichen Auslosungen mit 2500 Geldgewinnen teil, mit zu gewinnenden Beträgen zwischen 1000 Mark (1000 Gewinne) und 1 Million Mark (5 Gewinne). Wegen mangelnder Nachfrage musste diese Sparprämienanleihe bald wieder vom Markt genommen musste.
Zwangsanleihe von 1922.
Die Regierung unter Reichspräsident Ebert sah sich darum 1922 gezwungen, eine Schuldverschreibung als Zwangsanleihe zu begeben. Diese wurde in drei Ausgaben emittiert. Faktisch war diese Zwangsanleihe eine Abgabe von bis zu 10% für alle vermögenssteuerpflichtigen Personen mit einem Vermögen von über 100‘000 Mark. Die Anleihe war bis 1925 unverzinslich, zwischen 1925 und 1930 zu 4 Prozent und ab 1930 zu 5 Prozent verzinslich.
Auf dem Höhepunkt der Hyperinflation: Eine Unverzinsliche Schatzanweisung des Deutschen Reichs im Wert von 100 Mio. Mark von 1923.
Die Hyperinflation hatte für die Zwangsanleihe, aber auch für alle vorherigen auf Mark lautenden Anleihen, wie für alle Kriegsanleihen einen verheerenden Effekt: Mit der massiven Geldentwertung wurden die Anleiheforderungen faktisch wertlos. Die gesamten Schulden des Deutschen Staates hatten sich 1923 aufgelöst. Die Deutschen Sparer hingegen wurden faktisch enteignet, ihre Papiere waren nichts mehr wert. Breite Volksschichten verarmten. Dieses Trauma der grossen Inflation hat sich bis heute im kollektiven Gedächtnis der Deutschen festgesetzt.
Die Anleiheablösungsschuld von 1925 bestehend aus einer Schuldverschreibung und einem verbundenen Auslosungsschein.
Nach der geglückten Stabilisierung der Währung und der Einführung der Rentenmark bzw. Reichsmark im September 1924 wurden auch die Besitzer von Anleihen vor dem 1. Juli 1920 mit neuen Anleihen aus der Anleiheablösungsschuld von 1925 abgegolten. Die Umtauschsätze beliefen sich zwischen 2 bis 15 Prozent. Der Gesamtbetrag dieser Anleihe betrug 1.7 Mia. Reichsmark.
Diese neuen Schuldverschreibungen waren zwar bis zum Erlöschen der Deutschen Reparationsverpflichtungen nicht verzinslich, dafür war jedoch mit der Anleihe ein Auslosungsschein über den gleichen Betrag verbunden. Dieser gab dem Inhaber das Recht auf Teilnahme an einer der drei Ziehungen (1925, 1926 oder 1927) zur Rückzahlung des fünffachen Wertes der Schuldverschreibung.
Die Zeit des Nationalsozialismus 1933-1945
Nach dem Beginn der nationalsozialistischen Herrschaft wurde im Zuge des Ermächtigungsgesetzes von 1933 das Kreditbewilligungsrecht vom Reichstag auf die Reichsregierung übertragen. Die Wirtschaftskrise von 1929 hatte die mühsam erreichte Stabilisierung der Deutschen Finanzmärkte hinfällig gemacht. Reichsbankpräsident und Wirtschaftsminister Hjalmar Schacht lieferte Hitler das Instrumentarium zur Überwindung der Krise, aber auch zur Finanzierung der forcierten deutschen Aufrüstung. Das „System Schacht“ basierte auf einem Keynesianischen Modell, dass der Staat Schulden machen sollte, die dann beim Aufschwung aus dem Steuermehreinnahmen wieder abzutragen sind.
Anleihe / Schuldverschreibung des Deutschen Reichs 1935.
Die NS-Anleihen des Deutschen Reichs
Die Anleihen des Deutschen Reichs nahmen in der Finanzierung der nationalsozialistischen Politik eine zentrale Rolle ein. Der Deutsche Kapitalmarkt musste umfänglich den Kreditwünschen des Reichs zur Verfügung stehen. Die Privatwirtschaft hingegen war auf eine Selbstfinanzierung durch einbehaltene Gewinne angewiesen. So wurden beispielsweise Gewinne, die über 6% hinausgingen, zugunsten einer Anlage in Reichsanleihen abgeschöpft. Auf die Ausgabe von eigentlichen „Volksanleihen“ wie im Ersten Weltkrieg, wurde jedoch verzichtet, da diese äusserst unpopulär waren.
Die Stellung des Staates auf dem Anleihemarkt war so dominant, dass er sogar die Anleihebedingungen zu seinen Gunsten bewegen konnte: 1934 betrug der nominale Zinssatz 4%, 1935 bis 1937 4½, 1938 4% und 1941 sogar 3½%. Auch konnten die Anleihen des Deutschen Reiches während des gesamten Krieges ohne grössere Probleme platziert werden.
Schatzanweisung des Deutschen Reichs 1935.
Ab 1935 begab das Deutsche Reich zwei Arten von verzinslichen Schuldtiteln: Anleihen des Deutschen Reichs in Form von Schuldverschreibungen und auslosbare Schatzanweisungen.
Der Unterschied zwischen den beiden Schuldtiteln lag in den Rückzahlungsbedingungen. Die Schuldverschreibungen hatten eine maximale Laufzeit von 10 Jahren. Jedes Jahr wurden 10 Prozent zurückgezahlt. Über die nominalen, halbjährlichen Zinsen hinaus war eine Zusatzverzinsung vorgesehen: Die bei der Tilgung durch Rückkauf unter dem Nennwert erzielte Ersparnis, d.h. die Differenz zwischen dem Ankaufskurs und dem Kurs 100, kam allen noch nicht getilgten Schuldverschreibungen als zusätzliche Zahlung zu Gute.
Auch die Schatzanweisungen hatten eine zehnjährige Laufzeit und eine identische Verzinsung. Sie wurden jedoch in den ersten fünf Jahren nicht zurückbezahlt, sondern in den letzten fünf Jahren ausgelost. Dabei wurden jährlich zwei Zahlen von 0 bis 9 gezogen und somit die Schatzanweisungen mit diesen gezogenen Zahlen als Endziffern in der Zertifikatsnummerierungen zurückbezahlt.
Schatzanweisung des Deutschen Reichs von 1938.
Die ausgegebenen Anleihen behielten bis Mitte 1936 den bisherigen Stempel der Reichsschuldenverwaltungen. Erst danach erhielt dieser die NS-Symbole.
Nach der Absetzung von Reichsbankpräsident Schacht im Januar 1939 folgte die Neuordnung der Reichsbank. Diese unterstand nun direkt dem „Führer und Reichskanzler“ Adolf Hitler, der damit selbst die Kredite an das Reich gewähren konnte. Hitler war nun Schuldner und Kreditgeber gleichzeitig. Reichsbank und Schuldenverwaltung standen nun vollständig im Dienste der deutschen Kriegswirtschaft.
Eine eigentliche finanzielle Bankrotterklärung des Dritten Reichs: Die Unverzinsliche Schatzanweisung über 85 Mio. Reichsmark, garantiert durch das Eisenbahnsondervermögen in den besetzten Ostgebieten vom 25. April 1945, als diese Gebiete schon längst im Einflussbereich der Sowjetischen Truppen lagen.
Soweit der Exkurs über die Geschichte der Deutschen Staatsschuld und über die wichtigsten Posten der zum Verkauf angebotenen Wertpapiere.
Die Auktion wird am 20. November in den Räumlichkeiten von Spink London, 69 Southampton Row, Bloomsbury, London WC1B 4ET stattfinden. Der Ertrag des Verkaufes geht vollumfänglich an den Entschädigungsfonds zur Wiedergutmachung von NS-Unrecht.
Für weitere Informationen und Katalogbestellungen können Sie Dr. Peter Christen kontaktieren:
Tel: +41 91 911 62 09 oder +41 79 358 48 92
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… oder besuchen Sie die Website von Spink.
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Mehr über die finanzielle Wiedergutmachung von NS-Unrecht erfahren Sie auf der Seite des Auswärtigen Amtes.