Der Kaiserliche Orden des hl. Apostels Andreas des Erstberufenen

Es ist der älteste Orden Russlands, der Kaiserliche Orden des hl. Apostels Andreas des Erstberufenen. Zar Peter I. stiftete ihn am 30. November / 10. Dezember 1698 zu Ehren des hl. Andreas, des Nationalheiligen von Russland. Den Erstberufenen nennen ihn die Russen deshalb, weil ihn Johannes der Täufer selbst an Jesus verwies, und Andreas so zum ersten Jünger Jesu wurde. Der Beiname enthält eine kleine Spitze gegen Rom und den Apostel Petrus. Schließlich musste den erst sein Bruder Andreas auf den Messias aufmerksam machen.

Carel de Moor, Porträt Peters des Großen, 1717.

Aber zurück zu dem neu gegründeten Orden. 1698, das war das Jahr, in dem Peter der Große seine Reise durch Europa abbrechen musste, weil die Strelitzen sich zu einem Aufstand erhoben hatten. Sie waren gegen eine Modernisierung Russlands nach europäischem Vorbild. Erst ihre radikale Vernichtung machte für Peter den Weg frei, neue Gesetze zu erlassen und neue Sitten einzuführen. In diesem Zusammenhang steht die Gründung des ersten russischen Ritterordens, der die Besten nach westlichem Vorbild an den Zaren binden sollte.

Saal des Andreasordens im Moskauer Kreml. Gemälde von Konstantin Andreyevich Ukhtomsky (1818-1881).

Peter der Große war nämlich vom westeuropäischen Ordenswesen tief beeindruckt. Er hatte persönlich an den Zeremonien teilgenommen, mit denen der Hosenbandorden in England, der Orden vom Goldenen Vlies in Wien vergeben wurde. Bisher hatten die russischen Zaren gute Dienste lediglich mit Ländereien oder Geschenken belohnt. Ein eigener Orden bot da ganz andere Möglichkeiten, Loyalitäten zu kanalisieren.

Insignien des Kaiserlichen Ordens des hl. Apostels Andreas des Erstberufenen bestehend aus Kollane (2. Modell 1857-1917, aus sieben Adler-, sechs Andreaskreuz- und vier Monogramm-Gliedern), Kleinod (2. Modell 1856-1917) und Bruststern (4. Modell, 2. Ausführung). Alles zusammen im originalen, etwas beriebenen goldfarben bedruckten Verleihungsetui. Äußerst selten. Erhaltung I-II. Schätzung: 750.000 Euro.

Und so schuf Peter den Kaiserlichen Orden des hl. Apostels Andreas des Erstberufenen in nur einer Klasse als höchste russische Auszeichnung. Was übrigens später die Praxis mit sich brachte, dass ihn nur Personen vom Generalleutnantsrang erhielten, die bereits mehrfach ausgezeichnet waren.

Alexander III. im Krönungsornat, um den Hals trägt er die Kollane des Kaiserlichen Ordens des hl. Apostels Andreas des Erstberufenen.

Hohe und höchste Persönlichkeiten gehörten also zu den mit diesem Orden Ausgezeichneten. Um eine Vorstellung davon zu erhalten, wer die bei Künker angebotenen Insignien einst getragen haben mag, muss man sich erst einmal Gedanken darüber machen, wann diese geschaffen wurden.

Dabei helfen uns die Punzen weiter, mit denen die einzelnen Stücke gekennzeichnet sind. Dank ihrer wissen wir, dass die Ordensverleihung nicht früher als im Jahre 1903 stattgefunden haben kann.

Dank ausführlicher Recherchen ist Michael Autengruber, Autor des Ordenskatalogs von Künker, sicher, dass nur ein Mitglied der Romanow als Empfänger ein Frage kommt. Konsultiert man die Ordensmatrikel, stellt man fest, dass er nach 1903 nur an vier Mitglieder der kaiserlichen Familie verliehen wurde.

  • An den Zarewitsch Alexei Nikolajewitsch, der zusammen mit der kaiserlichen Familie ums Leben kam und dessen Orden sicherlich in Russland verblieben.
  • An Prinz Gabriel Konstantinowitsch, Urenkel von Zar Nikolaus I.
  • An Vasili Alexandrowitsch, Neffe von Zar Nikolaus II.
  • An Roman Petrowitsch, ebenfalls ein Urenkel von Zar Nikolaus I.

Damit kommt nur einer der letzten drei in Frage, Inhaber der Ordensinsignien gewesen zu sein. Interessante Schicksale hatten sie alle.
Gabriel Konstantinowitsch wurde mit Hilfe Maxim Gorkis aus der Haft befreit und entkam nach Paris.
Vasili Alexandrowitsch befand sich zum Zeitpunkt der russischen Revolution in den Ferien auf der Krim und konnte so auf einem britischen Kriegsschiff fliehen. Vasili Alexandrowitsch lebte bis zu seinem Tode in Kalifornien.
Roman Petrowitsch entkam sich auf demselben Kriegsschiff wie Vasili Alexandrowitsch. Er entschied sich für eine neue Heimat im französischen Cap d’Antibes, das er auch nicht verließ, als ihm 1941 die Krone für das unter italienischer Besetzung wiedererstandene Montenegro angeboten wurde. Roman Petrowitsch ist der einzige, von dem Nachkommen existieren, darunter das heute legitime Oberhaupt des Hauses Romanow, Nikolaus Romanowitsch (*1922).

Gleich welcher Nachkomme der Romanows diese Ordensinsignien einst getragen hat, die wertvollen Stücke erinnern uns an ein blutiges Kapitel der russischen Vergangenheit. Bei Künker rechnet man damit, dass dieses einmalige Los vor allem in seiner Heimat großes Interesse erregen und so nach vielen Jahren wieder nach Russland zurückkehren wird.

Postscriptum:
Anlässlich des 300. Stiftungsjubiläums erneuerte Boris Jelzin am 1. Juli 1998 den Orden des hl. Apostels Andreas. Zu seinen modernen Trägern gehören Männer wie Alexander Solschenizyn (1918-2008), Michael Gorbatschow (*1931) und Michael Kalaschnikow (1919-2013), Schöpfer des gleichnamigen Sturmgewehrs.

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