Der Goldstandard Teil 1: Wie und warum Gold zum wichtigsten Münzmetall wurde
Eigentlich fing alles mit Sir Isaak Newton an, oder besser gesagt mit dem Ärger, den ihm die riesigen Goldfunde in Brasilien bereiteten. Sie drückten den Goldpreis derart, dass das festgelegte Verhältnis zwischen Gold und Silbermünzen ständig neu berechnet werden musste. Selbst ein Isaak Newton – damals Master der königlichen Münzstätte im Tower – scheiterte daran, mit der Entwicklung Schritt zu halten. Bei seiner letzten Anpassung von 1717 bewertete er die Silbermünzen zu hoch. Dies bedeutete faktisch, dass sie aus dem Umlauf verschwanden.
England ging also in der Praxis zum Goldstandard über, lange bevor ein entsprechendes Gesetz erlassen wurde. Erst 1774 bestätigte das Parlament Goldmünzen als gesetzliche Zahlungsmittel. Silbermünzen mussten lediglich bis zu einem Betrag von 25 Pfund angenommen werden.
England spielte damit eine Sonderrolle. In den meisten Ländern der Erde blieb Silber das Münzmetall der Wahl. Frankreich dagegen arbeitete mit dem Bimetallismus. Napoleon hatte mit seinem Münzgesetz von 1803 die lange gültige Relation von 1 (Gold): 15,5 (Silber) festgelegt.
Drei mögliche Wege
Damit gab es zu Beginn des 19. Jahrhunderts drei mögliche Wege für eine nationale Währung:
1.) Den Goldstandard
2.) Den Silberstandard
3.) Einen gemischten Standard, bei dem Gold- und Silber in einem festen Verhältnis zueinander standen
Preisschwankungen im Verhältnis zwischen Gold und Silber
1848 wurde in Kalifornien Gold gefunden, 1851 in Australien. Damit stieg die weltweit geförderte Goldmenge enorm. Hatte man zwischen 1801 und 1810 noch 15,3 t weltweit gewonnen, betrug die Fördermenge zwischen 1841 und 1850 bereit 76,7 t, um im ersten Jahrzehnt des 20. Jahrhunderts auf 567,8 t zu klettern. Mit anderen Worten, plötzlich war wesentlich mehr Gold im Umlauf als Jahrhunderte lang vorher.
Dies brachte alle Staaten in Schwierigkeiten, die wie Frankreich eine Währung hatten, die auf dem festen Verhältnis zwischen Gold- und Silbermünzen beruhten. Clevere Zeitgenossen nutzten die Kursunterschiede, um einen üppigen Gewinn zu machen. Sie exportierten hier und importierten da und leiteten so einen stattlichen Kursgewinn in ihre eigene Tasche. Die Folge: Zeitweise hatte Frankreich viel zu wenig Silber-, die Vereinigten Staaten von Amerika viel zu wenig Goldmünzen.
Für die Gesetzgeber waren die enormen Preisschwankungen also ein Desaster. Kaum hatten sie das Verhältnis zwischen Gold- und Silbermünzen neu festgelegt, änderte sich der Kurs und ein neues Gesetz wäre notwendig gewesen, um Verluste für die Staatskasse zu verhindern.
Und es machte die Sache nicht einfacher, dass 1859 in Virginia City ein gewaltiger Vorrat von Silbererz entdeckt wurden. Fast 7 Mio. Tonnen reinen Silbers sollten die Bergwerke bis zu ihrer Schließung liefern. Die Folge war, dass auch der Silberpreis ins Trudeln geriet. Langfristig sank er von 60 p im Jahr 1870 auf 52 p (1880) bis auf 24 p (1910).
Theorie und Praxis: Warum setzte sich der Goldstandard durch?
Die Wissenschaft kennt zwei verschiedene Theorien, warum sich die Weltwirtschaft langfristig auf den Goldstandard festlegte. Die einen behaupten, man habe nicht mehr mit den ständigen Schwankungen hinsichtlich der Edelmetallpreise leben wollen. Die anderen suchen die Ursache in dem Bemühen, das eigene Geldwesen der Nation anzupassen, mit der man am meisten Geschäfte zu machen pflegte.
Nun gab es zwei Nationen, die zu Beginn des 19. Jahrhunderts um die wirtschaftliche Führung rangen: Großbritannien und Frankreich. Wir wissen, wer aus dem Kampf als Sieger hervorging. Dank der Industrialisierung wurde London zum wichtigsten Finanzplatz der Welt. Zwei Drittel des gesamten Welthandels wurden mit Pfund Sterling finanziert. Wer also seine Währung auf den Goldstandard umstellte, erhielt so einen privilegierten Zugang zu diesem Finanzplatz.
Frankreich und die Lateinische Münzunion
Doch auch Frankreich mit seinem Bimetallismus war eine geeignete Option. Schließlich hatte das Land in den napoleonischen Kriegen sein Münzsystem verbreitet. Französische Münzen kursierten in Belgien, der Schweiz resp. Italien und umgekehrt. Dies bot den Vorteil eines größeren Wirtschaftsraums, und den Nachteil, dass jeder Staat seine eigene Agenda verfolgte.
Wir erinnern uns, dass die Comstock Lode 1859 in Virginia City entdeckt wurde, und ihre Ausbeute den Silberpreis zusammenbrechen ließ. Italien passte sich dem als erstes Land im französischen Währungsraum an. Es stellte 1862 die Legierung, aus der die Ronden für seine Scheidemünzen hergestellt wurden, von 900 auf 835 Promille Silber um. Sehr zum Ärger von Frankreich. Dort prägte man mit 900 Promille. Mit anderen Worten: Die bereits zitierten cleveren Zeitgenossen importierten französische Silbermünzen nach Italien, ließen sie dort einschmelzen, in französische Münzen des gleichen Nominals umprägen und reimportierten sie nach Frankreich, um mehr französische Silbermünzen dafür zu kaufen und so weiter.
Frankreich sah sich 1864 gezwungen, den Feingehalt seiner Münzen ebenfalls auf 835 zu senken. Doch zu diesem Zeitpunkt hatte man in der Schweiz bereits beschlossen, Silbermünzen aus einer Legierung von 800 Promille Silber zu prägen. Und die vielfach erwähnten cleveren Zeitgenossen rieben sich schon die Hände, wenn sie zu tun planten, was sie immer taten, nämlich auf Kosten der Allgemeinheit einen guten Schnitt zu machen.
Die Lateinische Münzunion von 1865 war eigentlich nichts anders, als der Versuch, genau dies unmöglich zu machen. Auch wenn einige Vertreter bei dieser Konferenz vehement für den Goldstandard lobbyierten, setzte sich Frankreich mit seinem bimetallischen System durch. Es scheiterte damit allerdings auf internationaler Ebene während der großen, 1867 von Frankreich einberufenen Währungskonferenz. Dort stellte sich heraus, dass die Zukunft nicht dem bimetallischen System gehören würde.
Auch wenn wunderbar farbige Karten immer wieder suggerieren, dass die Welt sich für die Lateinische Münzunion begeisterte, bedeutete die Tatsache, dass einzelne Nationen Münzen im gleichen Gewicht wie die goldenen 20 Francs resp. die silbernen 5 Francs-Stücke ausgaben, nicht, dass sie einen Bimetallismus pflegten. Sie wollten lediglich Münzen haben, die mit den französischen Münzen kompatibel waren.
Doch 1854 wurden die Karten neu gemischt. Davon lesen Sie in Teil 2.
Den online Auktionskatalog zu den abgebildeten Stücken finden Sie auf der Website von Künker.
Hier kommen Sie zum Vorbericht der Herbstauktionen von Künker.
Und wie es nach 1854 weiterging, lesen Sie in Teil 2 des Artikels.