Chinesische Geldgeschichte 1 – Vom Tauschhandel zur Geldwirtschaft
China rühmt sich zu recht einer langen Geschichte. Eindrucksvoll bezeugt dies die chinesische Geldtradition, die einen ganz anderen Weg genommen hat als unsere westliche. Lesen Sie mehr über die Entwicklung vom Tauschhandel zur Geldwirtschaft.
Die Kaurischnecken
Lange bevor im Westen um die Wende vom 7. zum 6. Jahrhundert die Münze „erfunden“ wurde, kannte man in China Objekte, die den Handel als Tauschmedium erleichterten. Allerdings waren diese nicht aus Edelmetall und besaßen nicht die klassische Münzform. Das Gehäuse der Kaurischnecke bereicherte dort spätestens seit dem 11. Jahrhundert v. Chr. das Wirtschaftsleben als Wertmesser, Tauschmittel und Thesaurierungsobjekt.
Das leere Gehäuse einer Kaurischnecke aus der biologischen Gattung cypraea annulus. Sowohl cypraea annulus als auch cypraea moneta wurden als Zahlungsmittel verwendet. © MoneyMuseum, Zürich.
Ursprünglich waren diese Kaurischnecken nichts anderes gewesen als ein begehrtes Handelsobjekt unter vielen, das wie Getreide, Stoffe, Tiere, Schmuck oder Metall getauscht wurde. Doch die Kaurischnecke hatte letzteren gegenüber mehrere Vorteile: Es gab von ihr viele exakt gleiche Exemplare, sie war haltbar und allgemein begehrt, da die Kauri Symbol und Talisman für Reichtum war.
Reste einer alten Kaurischnecke. © MoneyMuseum, Zürich.
Bereits im 13. Jahrhundert galt die Kauri als Schatz und wurde zu Geschenkzwecken benutzt. Und nur zwei Jahrhunderte später diente sie als reguläres Zahlungsmittel, das man in „peng“ also in Form von zwei Schnüren mit je fünf Kaurischnecken verhandelte.
Aus dieser Periode besitzen wir auch die ersten Preise. So ließ Huan, Graf von Ju, ein rituelles (und sehr wertvolles) Bronzegefäß für 10 und 4 Kauri-„peng“, also 140 Kaurischnecken, anfertigen. Dass mit Kauri nicht nur bezahlt wurde, sondern dass sie auch als Wertmesser dienten, verrät uns eine andere Inschrift. Auf einer Bronze aus dem Jahr 923 v. Chr. lesen wir: „Der Bürger Ju Bai erhielt von Qiu Wei eine Jadetafel im Wert von 80 Kauri-Doppelschnüren für sechs Felder seiner Ländereien: Ju erhielt auch zwei Stück roter Koralle, ein Paar Knieschützer aus Ziegenleder und eine prunkvolle Bauchbinde im Wert von 20 Kauri-Doppelschnüren für 3 Felder seiner Ländereien.“
Kauri-Imitation aus Knochen. © MoneyMuseum, Zürich.
Kauris waren also wertvoll. Sie mussten von den Küsten des ostchinesischen Meeres ins Landesinnere geschafft werden und waren viel zu teuer, um damit einen Brauch zu erfüllen, den Chinesen heute noch pflegen. Wenn es darum ging, die Gräber der Verstorbenen mit Opfergaben auszustatten, griff man lieber auf Kauri-Nachahmungen zurück: aus Knochen und Perlmutt geschnitzt oder aus Bronze, Silber und Gold gegossen.
China. Reich der Chu, Ameisen-Nasen-Münze, 4./3. Jh. v. Chr. Diese auch als Yibi bekannten Bronzestücke tragen zum Teil die Aufschrift bei (= Kauri) und dienten als Ersatz für die nicht ausreichend vorhandenen Kaurischnecken. © MoneyMuseum, Zürich.
Irgendwann geschah dann der entscheidende Schritt: Nicht nur die Kauris der Toten, auch die Kauris der Lebenden wurden wohl im 8. Jahrhundert aus Bronze gegossen. Damit war die Wirtschaft für ihr Geld nicht mehr vom Kaurinachschub abhängig, sondern konnte sich ihre Kauris selbst herstellen. Das bedeutete, dass nicht mehr der natürliche Nachschub über die umlaufende Geldmenge bestimmte, sondern Angebot und Nachfrage: bei höherer Nachfrage konnten mehr Bronzemünzen gegossen werden.
Die Spatenmünzen
Nicht in allen Teilen Chinas war die Kaurischnecke „das“ begehrte Objekt. Ihr Umlauf blieb auf den Norden des Landes beschränkt. Im Zentrum Chinas, in der Ebene des Gelben Flusses, lebten die Menschen unter anderen Voraussetzungen. Sie waren Bauern und konnten mit einem Schneckengehäuse nichts anfangen. Ihr Tagesablauf kreiste um die Felder und ihre Bestellung, kein Wunder, dass der Spaten zum wichtigsten Tauschmittel wurde.
China. Reich der Zhou, Spatenmünze, 4. Jh. v. Chr. Unser Beispiel für eine Spatenmünze gehört zum Typ „mit geraden Schultern“, der am häufigsten vorkommenden Form. Die Stücke messen zwischen 9 und 10 Zentimeter und wiegen etwa 30 g. Sie wurden in der Periode der streitenden Reiche herausgegeben. © MoneyMuseum, Zürich.
Zu Beginn, etwa um 1000 v. Chr., werden es wohl echte Spaten gewesen sein, die als Wertmesser und Tauschobjekte dienten. Doch die großen Geräte waren unhandlich, und so begann man im 8. Jahrhundert – also etwa gleichzeitig mit der Herstellung der bronzenen Kauris – Schrumpfformen zu gießen, die ein Bauer zwar nicht mehr benutzen konnte, die als Geld aber praktischer waren. Sie waren wesentlich kleiner und damit leichter. Die Wissenschaft teilt sie heute in viele verschiedene Gruppen ein. Da gibt es Spaten mit hohlem Griff, Spaten mit geraden Schultern, Spaten mit abfallenden Schultern, Spaten mit spitzen Schultern und spitzen Füßen, bogenfüßige Spaten, spitzfüßige Spaten, rundfüßige Spaten und quadratfüßige Spaten. All diese Formen können durch archäologische Befunde bestimmten Regionen und Zeiten zugewiesen werden.
Die Messermünzen
Während im Zentrum Chinas Geld in Form von Spaten kursierte, hatte sich im Norden und Nordosten Chinas eine andere Form von Geld entwickelt.
China. Reich der Qi, Messermünze, 4. Jh. v. Chr. © MoneyMuseum, Zürich.
Die weiten Ebenen dort waren nicht von Bauern, sondern von Jägern und Nomaden bevölkert, und deren wichtigstes Tauschobjekt war natürlich nicht der Spaten, sondern das Messer, mit dem man das Wild zerteilte und die Häute abschabte. So entwickelte sich im Norden eine Schrumpfform des Messers zum Geld, die sich bis in die Mongolei und Korea verbreitete.
Kauris, Spaten und Messer kursierten nebeneinander bis sich wohl im 3. Jahrhundert v. Chr. eine völlig neue Geldform durchsetzte.
Lesen Sie in der nächsten Folge, wie der chinesische Käsch entstand.
Zahlreiche Beispiele aus der chinesischen Münzgeschichte finden Sie informativ vorgestellt auf der Seite des MoneyMuseums.
Viele dieser Objekte im Moneymuseum entstammen der Sammlung Kuhn.
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