Arnold Spaer (1919-2011)
17. März 2011 – Arnold Spaer, ein bekannter Sammler von antiken Münzen starb am Freitag, dem 4. März 2011 in Jerusalem. Haim Gitler hat uns seine Biographie zugeschickt. Sie wurde von Dan Barag und Boaz Zissu verfaßt und erschien erstmals im Israel Numismatic Journal 17, das Arnold Spaer gewidmet war.
Arnold wurde am 28. März 1919 als Sohn von Mark und Ada Spaer in der freien Stadt Danzig geboren. Im Jahr 1933 gewann der lokale Zweig der Nationalsozialistischen Partei die Oberherrschaft in der Stadt und verlangte die Rückgabe von Danzig an Deutschland. Diese Entwicklung überzeugte viele jüdische Familien davon, daß es besser sei, die Stadt zu verlassen. Die Familie Spaer kam im Jahr 1934 nach Tel Aviv wo der junge Arnold sich im Ben-Yehuda Gymnasium einschrieb. Im Jahr 1937 begann er sein Studium der Rechtswissenschaften an der Government School of Law in Jerusalem. Als Student noch trat er sein Referendariat in der Kanzlei von Bernard (Dov) Joseph an, später bedeutender Politiker und Minister. Spaer zog nach Jerusalem, wo er bis zu seinem Tode lebte.
Arnold Spaer. Foto von Daniel Spaer.
Während des Zweiten Weltkriegs trat Spaer der Britischen Armee bei. Unter anderem diente er als VCO (= Viceroy’s Commissioned Officer) bei der zweiten Indischen Division und reiste durch den Mittleren Osten als Zensor. Er diente in Bagdad, Damaskus, Kairo und Tripolis (Lybien).
1944 wurde er als Anwalt vor Gericht zugelassen. Damit hatte er seine Berufung gefunden. Spaer hatte das Glück, eine lange, erfolgreiche Karriere zu machen, die fast bis zu seinem letzten Tag dauerte. Noch im Alter von 92 Jahren arbeitete Spaer täglich in seinem Büro.
Während des Israelischen Freiheitskrieges diente er als Offizier und Rechtsanwalt und unterstützte Dov Joseph, der damals Militärgouverneur des belagerten Jerusalem war.
Arnold entwickelte von frühester Jugend an eine Leidenschaft für das Sammeln. Er begann mit Briefmarken – einem ausgezeichneten Werkzeug, um die Geographie besser kennenzulernen. Seinen ersten Ankauf von antiken Münzen tätigte er im Alter von acht Jahren. Es handelte sich um drei Bronzemünzen des Konstantin, die anscheinend aus einem Hort aus dem Gebiet um Danzig stammten.
Während er in Jerusalem studierte, fuhr er fort, Münzen zu kaufen. Sein Interesse verschob sich dabei auf seleukidische Münzen und Prägungen der Kreuzfahrer. Die Seleukiden und ihr Geldsystem vor allem im Mittleren Osten waren der Beginn für sein lang andauerndes Engagement in diesem Bereich. Er kaufte umsichtig, und das über eine Periode von mehr als fünf Jahrzehnten hinweg, was ihm eine der bedeutendsten Sammlungen von Münzen von Seleukos I. (312-280) bis Antiochos XIII. (66/5-64) bescherte. Seine erste seleukidische Münze war eine silberne Tetradrachme, die er im Jahr 1940 angekauft hatte – und dies aus dem Irrtum heraus, daß es sich um eine Münze von Alexander dem Großen handle. Es war diese Münze, die Arnold Spaers Interesse auf die seleukidische Münzprägung zog.
„Zu dieser Zeit arbeitete ich als Rechtsanwaltsgehilfe in einer Kanzlei“, sagte Arnold. „Um zur Arbeit zu kommen, mußte ich viermal am Tag an Steimatzkys Buchladen in der Altstadt von Jerusalem vorbeigehen. Vor diesem Laden saß ein ältlicher Herr mit Bart auf einer hölzernen Orangenkiste. Offiziell verkaufte er kleine hebräische Taschenkalender für etwa einen Penny das Stück. Er trug zwei Westen unter einem schwarzen Bratenrock, wie es damals bei den orthodoxen Juden in Jerusalem üblich war. In jeder seiner acht Westentaschen hatte er alle möglichen antiken Münzen und die Hilfsmittel, um sie zu reinigen (eine Schraube und ein bißchen Sand). Jedes Mal, wenn ich an ihm vorbeiging, verhandelten wir über den möglichen Ankauf von Münzen. Damals war es ganz normal 14 Tage darüber zu verhandeln, ob ein römischer Denar nun einen Englischen Shilling oder vielleicht doch 13 Pence kosten solle. Seine Münzen kamen hauptsächlich von arabischen Bauern, die um Jerusalem lebten, und ziemlich häufig kaufte er ganze Münzfunde an.“
Arnold kaufte seine Münzen auf den lokalen Märkten, hauptsächlich in Jerusalem, aber, wenn es die Gelegenheit ergab, auch in der Türkei, in Zentraleuropa und an anderen Orten. Er erschloß jedes einzelne Stück sorgfältig auf Karteikarten mit Information über die Quelle des Ankaufs und die Provenienz, soweit vorhanden. Seine Sammlung umfaßt mehr als 10.000 antike Münzen.
Arnold Spaers bedeutendster Beitrag zur Numismatik ist seine Publikation seiner Sammlung seleukidischer Münzen. Eine lange und freundschaftliche Verbindung mit Arthur Houghton, der führenden Persönlichkeit in diesem Gebiet der Wissenschaft, führte zur Publikation von „The Arthur Spaer Collection of Seleucid Coins“ (London, 1998). Dieser faszinierende, 389 Seiten starke Band enthält 2919 Münzen auf 189 Tafeln mit exzellenten Fotographien von Zeev Radovan. Es ist ein Werk von bleibendem Wert für Wissenschaftler und Sammler. Das Buch präsentiert die seleukidische Münzprägung als Ganzes, mit vielen Details zur Prägung und zum Umlauf im antiken Palästina, dem südlichen Phönizien und Syrien. So ist es ein sehr nützliches Werkzeug zur Vertiefung der Forschungen im Bereich der seleukidischen Numismatik.
In der Einführung beschreibt Arthur Houghton die Sammlung als „viel mehr als ein trockener Katalog von seleukidischen Münzen. Sie profitiert von der Forschung zur seleukidischen Numismatik des letzten halben Jahrhunderts, korrigiert sie und dehnt sie aus. Dies geschieht in solch einem Ausmaß, daß sie den meisten Münzen in der Sammlung eine nachvollziehbare Bestimmung gibt, festgehalten durch Arnold Spaers akribische Notizen; und dazu zählen auch die bis dahin unbekannten Prägungen“ (S. 5).
Arnold Spaer im Jahre 2010. Foto von Boaz Ziss.
Arnold Spaers numismatische Sammlung und seine Interessen dehnten sich weit aus. Dazu gehörten das antike Phönizien, die samarische Münzprägung und die Münzserien der Kreuzfahrer. Außerdem sammelte er antike Objekte, darunter feine Glasgefäße, Ossuaria und frühe Tongefäße.
Arnold war Mitglied des Vorstands des Hecht Museums in Haifa und des L. A. Mayer Museum für islamische Kunst in Jerusalem.
Nach dem plötzlichen Tod von Leo Kadman während der Eröffnung des Internationalen Numismatischen Kongresses am 27. Dezember 1963 war Arnold Spaer maßgeblich daran beteiligt, die Publikation von Band 3 des Israel Numismatic Journal (1965/6) in die Wege zu leiten; er war außerdem eingebunden in die Wiederaufnahme der Serie im Jahr 1980 und blieb dem Journal weiterhin eine Unterstützung.
Arnold hinterläßt seine Gattin Maud Spaer, große Kennerin von antikem Glas, drei Söhne (Michael, Daniel und Uri) und neun Enkel.
Dieser Text wurde von Dan Barag und Boaz Zissu geschrieben. Er wurde erstmals im Israel Numismatic Journal 17 publiziert, das dem Andenken von Arnold Spaer gewidmet wurde.
Dem Andenken von Arnold Spaer wurde ein Stipendium gewidmet. Sponsoren dafür sind noch gesucht. Wenn Sie mehr darüber wissen wollen, klicken Sie hier.