Münster, Osnabrück, Passau und die Grafen von Lamberg
von Ursula Kampmann
Am 3. Juli 2025 versteigert Künker den dritten Teil der Sammlung eines deutschen Fabrikanten und Geschichtsfreundes. Die Auktion vereint Münzen und Medaillen aus mehreren Sammelgebieten: Münster, Osnabrück, Fugger, Leuchtenberg und Passau. Was diese Gebiete verbindet?
Inhalt
Auf den ersten Blick nicht viel, außer dass sie alle den Kaiser als ihren Herrscher anerkannten. Aber genau das machte aus den Reichsterritorien Felder eines gigantischen Spielbretts, auf dem der Adel den Aufstieg der Familie mit Hilfe der Karrieren seiner Söhne plante. Die beste Strategie bestand darin, so viele Felder wie möglich mit Verwandten, Schwiegersöhnen bzw. -vätern und Verbündeten zu besetzen. Das ermöglichte es, Koalitionen zu schmieden und die eigenen Anliegen durchzusetzen. Oft war es nämlich nicht die hohe Politik, die Bewegung in die Geschichte brachte, sondern eine Gemengelage an verschiedensten Interessen.

Porträt des Johann Maximilian von Lamberg. Friedenssaal / Rathaus Münster sowie seine Unterschrift auf dem Osnabrücker Teil des Vertrags.
Johann Maximilian von Lamberg
Beginnen wir unsere Reise durch Zeit und Raum in Münster, genauer gesagt im Friedenssaal des Ratshauses. Dort hängen die Porträts derer, die eine wichtige Rolle für den Westfälischen Frieden spielten. Von prominenter Stelle blickt ein Mann herab, von dem die wenigsten je gehört haben: Johann Maximilian, Graf von Lamberg, Plenipotentiar der heiligen kaiserlichen Majestät. So lautet jedenfalls die Aufschrift des Porträts. Plenipotentiar? Auch dieses Wort wird kaum jemand kennen. Es setzt sich zusammen aus den lateinischen Wörtern für „voll“ und „Macht“. Johann Maximilian von Lamberg war also der Mann, der die Vollmacht besaß, einen Vertrag im Namen des Kaisers zu unterzeichnen. Und das tat er auch. Seine Unterschrift, gleich unter der von Königin Christina, gab dem Frieden von kaiserlicher Seite seine Gültigkeit.
Wer war dieser Mann, dem der Kaiser so sehr vertraute, dass er einen Vertrag von solcher Reichsweite für ihn unterzeichnen durfte?
Johann Maximilian von Lamberg wurde 1608 als Sohn eines Freiherrn geboren. Kein hoher Adel also, aber ein Stand, der Optionen bot. Der Vater ließ den Sohn studieren und finanzierte die Grand Tour, jene wichtige Kavaliersreise durch Europa, während der ein junger Mann Verbindungen knüpfte, höfisches Benehmen und Sprachen lernte. Damit war Johann Maximilian für die Verwaltungslaufbahn an einem Fürstenhof qualifiziert. Danach hatte er einfach Glück: Kaiser Ferdinand II. wurde auf ihn aufmerksam und nahm ihn in seine Dienste. Johann Maximilian war intelligent und konnte mit Zahlen umgehen. Der Kaiser sah das und teilte ihn seinem Sohn, dem späteren Kaiser Ferdinand III., als Finanzverwalter zu.
Johann Maximilian muss seine Sache sehr gut gemacht haben. Denn er gewann das Vertrauen von drei Kaisern: von Ferdinand II., von Ferdinand III., und weil der Johann Maximilian zum Erzieher seines Sohnes Leopold bestellte, auch noch von Leopold I.
Johann Maximilian machte eine Bilderbuchkarriere und wurde einer der Chef-Diplomaten der Habsburger. Das implizierte für ihn die Heirat mit einer reichen Erbin bester Abstammung und die Erhebung in den erblichen Reichsgrafenstand. Die Betonung liegt auf erblich. Denn durch ihn stieg das Geschlecht der Lamberg in die Führungsschicht des Reiches auf.

Münster. Goldmedaille zu 10 Dukaten 1648 von E. Ketteler auf den Westfälischen Frieden. 34,70g. Sehr selten. Sehr schön bis vorzüglich. Schätzung: 10.000 Euro. Aus Auktion Künker 424 (3. Juli 2025), Nr. 556.
So reiste Johann Maximilian nach Westfalen, um dort über das Ende des 30-jährigen Krieges zu verhandeln. Er teilte sich die Verantwortung mit einem angeheirateten Verwandten: Graf Maximilian von und zu Trauttmansdorff-Weinsberg war der Großvater der Gattin von Johann Maximilians ältestem Sohn und Erben. Damit hatte der Kaiser die Zusammenarbeit zwischen den beiden Diplomaten sichergestellt. Sie teilten sich neidlos die Zuständigkeiten auf. Trauttmansdorff-Weinsberg agierte in Münster, Lamberg in Osnabrück.
Wie nun schildern die Medaillen diesen Vorgang? Gar nicht. Sie schweigen sich über die Diplomaten aus, wie die hier gezeigte Goldmedaille von Münster aus Auktion 424 illustriert. Ihre Umschrift spiegelt vor, es wären nur Kaiser und Könige notwendig gewesen, die mit ihrem Handschlag den goldenen Frieden begründet hätten. Genau wie unzählige Bilder und Flugblätter es taten. Nun, sicher gaben die Herrscher Richtlinien vor; aber für die praktische Umsetzung brauchte es fähige Mitarbeiter.
Die verhandelten natürlich nicht aus altruistischen Gründen. Sie erhielten ihre Belohnung, wenn es ihnen gelungen war, einen günstigen Vertrag abzuschließen. Für Johann Maximilian bedeutete der Westfälische Frieden den Orden vom Goldenen Vlies und kaiserliche Protektion für seine Söhne.

Johann Philipp von Lamberg. Dukat 1698 als Bischof von Passau, geprägt in Augsburg. Sehr selten. Vorzüglich. Schätzung: 5.000 Euro. Aus Auktion Künker 424 (3. Juli 2025), Nr. 640.
Johann Philipp von Lamberg
Was das konkret bedeutete, möchten wir am Beispiel von Johann Philipp von Lamberg zeigen, dem 1651 (oder 1652) geborenen, vierten und jüngsten Sohn von Johann Maximilian. Wir müssen uns dabei bewusst sein, dass die Chancen eines Adligen im Verhältnis zu seiner Stellung in der Erbfolge abnahmen. Ein vierter Sohn? Der konnte auf nicht allzu viel hoffen. Dass Johann Philipp dennoch in den Kreis der führenden Politiker aufstieg, verdankte er den Verbindungen seines Vaters sowie dessen hervorragender Planung.
Johann Maximilian hielt seinem Sohn nämlich zwei Optionen offen: Der junge Mann mochte in den diplomatischen Dienst treten oder eine Karriere in der Kirche machen. So durchlief Johann Philipp eine Ausbildung, wie sie ein Diplomat brauchte. Er studierte die Rechtswissenschaften in Wien, Steyr und Passau. Danach absolvierte er die Grand Tour, während der er von der Universität Siena promoviert wurde. Das verschaffte ihm 1676 das Amt eines kaiserlichen Hofrats. Auch Johann Philipp erwies sich als fähig und entwickelte sich zu einem der führenden Diplomaten.
Gleichzeitig sicherte Johann Maximilian seinem jüngsten Sohn alle Kirchenämter, die dieser ohne die höheren Weihen bekleiden konnte, und die eine Option auf einen Bischofsstuhl boten. Mit elf Jahren wurde Johann Philipp Domherr in Passau, mit sechszehn Domherr in Olmütz und mit dreiundzwanzig Domherr in Salzburg.
Als nun am 16. März 1689 der Passauer Bischof starb, ließen alle Mitglieder des Geschlechts der Lamberg ihre Verbindungen spielen. Zum Kaiser. Zum bayerischen Kurfürsten (der rechnete sich zu dem Zeitpunkt noch aus, dass er ihre Unterstützung gut würde brauchen können, um seine eigenen Ansprüche auf das spanische Erbe zu befördern). Wahrscheinlich waren noch viel mehr Personen involviert. Wir wissen heute einfach nichts mehr darüber. Jedenfalls wählte das anfangs ziemlich unwillige Domkapitel schlussendlich Johann Philipp am 24. Mai 1689 zum neuen Bischof. Am 11. Mai 1690 erfolgte die Bestätigung durch den Papst, am 14. Mai 1690 die Bischofsweihe.

Johann Philipp von Lamberg. Taler 1706, Regensburg, als Kardinal. Nur 800 Exemplare geprägt. Fast vorzüglich. Schätzung: 5.000 Euro. Aus Auktion Künker 424 (3. Juli 2025), Nr. 649.
Als Fürstbischof von Passau besaß Johann Philipp das Privileg, Münzen zu prägen. Eine kleine Auswahl der von ihm in Auftrag gegebenen Münzen werden in Auktion 424 angeboten. Sie entstanden übrigens nicht mehr in Passau. Die dortige Münzstätte war 1682 geschlossen worden. Es war für Johann Philipp wirtschaftlicher, die Aufträge an die gut eingerichteten Münzstätten in Augsburg und Regensburg auszugeben, als selbst eine neue Münzstätte auszustatten. Gerade die Regensburger Münzstätte bot darüber hinaus logistische Vorteile. Schließlich hielt sich Johann Philipp von Lamberg häufig genug in Regensburg auf, um im Auftrag des Kaisers am Immerwährenden Reichstag teilzunehmen.

Johann Philipp von Lamberg. Vergoldete Silbermedaille als Bischof von Passau, 1698. Äußerst selten. Sehr schön bis vorzüglich. Schätzung: 2.000 Euro. Aus Auktion Künker 424 (3. Juli 2025), Nr. 654.
Daran erinnert eine interessante Gruppe von Medaillen, die Johann Philipp von Lamberg als diplomatische Geschenke schaffen ließ. Sie alle zeigen auf der Vorderseite das Porträt Johann Philipps im vollen Ornat. Auf der Rückseite führt ein Putto einen mächtigen Löwen an einer dünnen Kette. Die Umschrift lautet in Übersetzung: Es vollbringt die ruhige Macht, was die gewaltsame [Macht] nicht vermag.
Hans-Jörg Kellner will in seinem Buch über die Prägung der Passauer Bischöfe dieses Motiv mit einem konkreten Anlass verbinden. Zur Auswahl steht ein Vertrag mit Bayern (Löwe!) und eine Einigung mit der Passauer Bürgerschaft. Beide Thesen sind aber widerlegt durch die Tatsache, dass Johann Philipp die Rückseite während seiner gesamten Regierungszeit praktisch unverändert beibehält: Die erste Medaille dieses Typs entstand 1691, die letzte 1705.
Es ist also wesentlich wahrscheinlicher, dass wir mit diesen Medaillen ein Zeugnis vom Selbstverständnis Johann Philipps besitzen. Was wäre auch passender für einen Diplomaten als die Kunst der sanften Überzeugung zu preisen?

Einzug des Passauer Fürstbischofs in Regensburg nach seiner Erhebung zum Kardinal am 1. Dezember 1701. Grafik aus dem Klebeband Nr. 15 der Fürstlich Waldeckschen Hofbibliothek Arolsen. cc-by-sa 3.0DE
Kardinal Johann Philipp von Lamberg
Die beiden Karrieren, die Johann Philipp von Lamberg verfolgte, schlossen sich nicht aus, sondern förderten sich gegenseitig. Leopold I. schätzte seinen Gesandten, der ihn immer wieder auf dem Immerwährenden Reichstag in Regensburg vertrat, und zwar so sehr, dass er dem Papst vorschlug, Lamberg zum Kardinal zu erheben. Natürlich nicht aus uneigennützigen Gründen. Ein Kardinal hatte eine Reihe von protokollarischen Ehrenrechten, die ein erfahrener Diplomat geschickt einsetzen konnte, um seine Position zu stärken, was wiederum seinem Auftraggeber zu Gute kam. Eine Win-Win-Situation also für Förderer und Geförderten.
So beeindruckte der frisch gebackene Kardinal die diplomatische Welt mit seinem ersten Einzug in Regensburg nach der Verleihung des hohen Kirchenamts: Am 1. Dezember 1701 fand bei schönstem Wetter, auf das man eigens gewartet hatte, die Prozession statt. Johann Philipp saß in einer mit Gold und Samt verkleideten Kutsche. Er wurde begleitet von 266 Mitgliedern seines Hofstaates in aufwändigen Livreen. Diese Demonstration Passauer Reichtums (und kaiserlicher Macht) war enorm teuer. Allein die für die Diener angefertigten Livreen schlugen mit sagenhaften 16.198 Gulden 55 Kreuzern zu Buche. Zum Vergleich, die Passauer Bürgerschaft steuerte jährlich 2.500 Gulden.
Sein eigenes Bistum bekam Johann Philipp eher selten zu sehen. Was ihn nicht davon abhielt, als Bauherr in Erscheinung zu treten. Er vollendete den Innenausbau des Passauer Doms, errichtete eine neue Residenz, gründete Städte wie Philippsreut und kümmerte sich um die Priesterausbildung in seiner Diözese.
Selbstverständlich stellte er sich auch vor seine Residenzstadt, als 1701 der Spanische Erbfolgekrieg ausbrach. Passau geriet dabei zwischen die Fronten. Österreich kämpfte gegen Bayern und besetzte schon einmal prophylaktisch das strategisch wichtige Passau. Doch es gelang Johann Philipp dank seines guten Verhältnisses zu Max Emanuel, dessen Truppen davon abzuhalten, Passau im Sturm zu erobern.

Johann Philipp von Lamberg. Goldmedaille zu 18 Dukaten, 1705. Äußerst selten. Vorzüglich. Schätzung: 7.500 Euro. Aus Auktion Künker 424 (3. Juli 2025), Nr. 655.
Doch dieses politische Manövrieren kam am Wiener Hof nicht gut an. Dazu starb 1705 mit Leopold I. der wichtigste Förderer des Geschlechts der Lamberg. Johann Philipp nutzte die Krönungsfeierlichkeiten von dessen Nachfolger Joseph I. für eine Charmeoffensive. Schließlich war so ein Fest eine wunderbare Gelegenheit, alte Verbündete und Freunde zu besuchen und sie mit diplomatischen Geschenken zu bedenken. Johann Philipp ließ also schwergewichtige Goldmedaillen mit dem altbekannten Motiv prägen, und zwar in den unterschiedlichsten Werten, aber alle sehr schwergewichtig. Wir wissen von Stücken zu 40, 18, 15 und 13 Dukaten. Wir können sicher sein, dass er alle, die ihm und seiner Familie nützlich sein konnten, damit beschenkte. Je höher der Stand, desto wertvoller die Medaille. Im Kunsthistorischen Museum Wien haben sich zwei Stücke zu 40 und zu 15 Dukaten erhalten. Ersteres sicher das Präsent für ein Mitglied des Kaiserhauses, vielleicht sogar für den Kaiser selbst. In Auktion 424 wird der zweitschwerste Medaillentyp zu 18 Dukaten in vorzüglicher Erhaltung angeboten, auch sie sicher für einen hohen Adligen reserviert. Johann Philipp gelang es, seinem Geschlecht die Gunst Josephs I. zu erhalten. Der Kardinal und Diplomat starb am 20. Oktober 1712 nicht in seinem Fürstbistum Passau, sondern auf diplomatischer Mission in Regensburg.

Leuchtenberg. Dicker Doppeltaler 1547, Pfreimd. Äußerst selten. Sehr schön bis vorzüglich. Taxe: 6.000 Euro. Aus Auktion Künker 424 (3. Juli 2025), Nr. 602
Die Neffen von Johann Philipp von Lamberg: ein Abstecher nach Leuchtenberg
Johann Philipp hatte als Fürstbischof von Passau keine leiblichen Nachkommen. Aber er hatte Neffen. Er half mit, dass die sieben Söhne seines Bruders Franz Joseph ebenfalls eine adäquate Versorgung erhielten. Die meisten kamen im Reichsdienst unter. Einer wurde zum Beispiel Tiroler Oberstlandjägermeister, ein anderer als so genannter Musikgraf der kaiserliche Hof- und Kammer-Musikdirektor in Wien.
Das große Los zog der Älteste und Erbe, Leopold Matthias. Er war ein Patenkind von Kaiser Leopold und zählte zu den höfischen Spielgefährten des etwa gleichaltrigen Joseph I. Der belehnte ihn mit der Landgrafschaft Leuchtenberg, als Max Emanuel während des Spanischen Erbfolgekriegs der Reichsacht verfiel. Wir erwähnen dies, weil in Künker Auktion 424 auch eine Sammlung von Leuchtenberger Münzen angeboten wird, von denen allerdings keine das Porträt eines Lambergers trägt.

Joseph Dominikus von Lamberg. Taler 1723, Regensburg. Sehr schön. Schätzung: 250 Euro. Aus Auktion Künker 424 (3. Juli 2025), Nr. 665.
Joseph Dominikus von Lamberg
Zwei Neffen von Johann Philipp waren für die kirchliche Karriere vorgesehen. Ihr Onkel nutzte seine Verbindungen, um beide zu fördern. Schließlich mochte der Ältere überraschend an einer Krankheit oder einem Unfall sterben, was nicht ungewöhnlich war. Dann war es gut, einen Ersatz zu haben. Doch Joseph Dominikus, der Ältere, überlebte seinen jüngeren Bruder, weswegen wir uns nur mit ihm beschäftigen.
Zunächst ging er zum Studium nach Rom, Bologna und Besançon. Anders als sein Onkel erhielt er bereits recht früh – als 23-jähriger – die Priesterweihe. Vielleicht auf eigenen Wunsch, denn sein weiteres Leben zeigt, dass er mehr Interesse an der Seelsorge zeigte als an der Diplomatie und Machtpolitik. Natürlich wurde auch Joseph Dominikus in den verschiedenen Domkapiteln – Passau und Salzburg – positioniert, um die nächste freiwerdende Stelle als Bischof zu ergattern. 1712 trat er das Amt des Bischofs von Seckau an. Seckau war „nur“ ein Eigenbistum von Salzburg, sozusagen ein Bistum 2. Klasse, das nicht der Papst, sondern der Salzburger Erzbischof vergab und kontrollierte. Erst am 2. Januar 1723 hatte das Warten ein Ende: Auf Druck des kaiserlichen Wahlkommissars wählten die Passauer Domherren Joseph Dominikus mit 9 zu 14 Stimmen zu ihrem Fürstbischof.
Er sollte ein ganz anderer Seelenhirt sein als sein Onkel. Ihm war sein Amt eine geistliche Verpflichtung. 199 Visitationsreisen unternahm er während seiner 58-jährigen Amtszeit, um sicherzustellen, dass seine Schäfchen gute Hirten hatten. Trotzdem war er extrem unbeliebt. Dies lag an seiner haushälterischen Finanzpolitik. Er machte keine Schulden, um große Projekte zu finanzieren, sondern sorgte dafür, dass die Steuern effektiv erhoben und die staatlichen Ausgaben schärfstens kontrolliert und beschränkt wurden. Schlechte Voraussetzungen für die lokalen Geschäftsleute. Sie interessierte es wenig, dass Joseph Dominikus die 150.000 Gulden Staatschulden, die er bei seinem Amtsantritt vorgefunden hatte, in Rekordzeit zurückzahlte. Genauso wenig wie die Tatsache, dass bei seinem Tod 200.000 Gulden in der Staatskasse lagen, und das obwohl Joseph Dominikus die Grafschaft Neuburg für mehr als eine halbe Million Gulden erwarb. Schließlich war all das Geld, das seine Untertanen lieber im eigenen, privaten Geldbeutel gesehen hätten.

Joseph Dominikus von Lamberg. Dukat 1747 als Kardinal, Wien. Sehr selten. Vorzüglich. Schätzung: 2.500 Euro. Aus Auktion Künker 424 (3. Juli 2025), Nr. 664.
Degradierung von Passau in der Hoffnung auf den persönlichen Aufstieg
Auch das Domkapitel war nicht gut auf Joseph Dominikus zu sprechen, denn er trat 1729 einen großen Teil des Passauer Eigentums an das Erzbistum Wien ab. Grund dafür war der kaiserliche Entschluss, die recht kläglich ausgestattete Erzdiözese Wien zu vergrößern. Die war historisch jung und deshalb nicht so reich wie die alten Erzbistümer Passau und Salzburg. Der Kaiser forderte von Joseph Dominikus ein Gebiet, das 69 Pfarreien umfasste. Das bedeutete für Passau einen enormen Verlust an Einkünften und Pfründen. Und die waren genau der Grund, warum es so attraktiv war, Mitglied eines Domkapitels zu sein. Man hatte Anteil an den Einkünften und versorgte Verwandte und Verbündete mit Pfründen.
Joseph Dominikus schmälerte also die Machtbasis des Passauer Domkapitels erheblich. Er erhielt dafür für Passau die Erlaubnis, für die halbe Million Gulden die Grafschaft Neuburg zu kaufen – wobei sich der Kaiser vorbehielt, alles, was er selbst haben wollte, abzulösen. Ferner wurde die de facto längst vollzogene, theoretisch immer noch bestehende Abhängigkeit von Salzburg aufgehoben.
Für Passau war das ein schlechter Handel. Für wie schlecht ihn die Domherren hielten, zeigt die Tatsache, dass Joseph Dominikus trotz kaiserlicher Unterstützung dreimal daran scheiterte, Salzburger Bischof zu werden. Dafür schanzte ihm der Kaiser 1737 – neun Jahre nach dem Kuhhandel – das Amt eines Kardinals zu.

Joseph Dominikus von Lamberg. 6 Dukaten 1753 anlässlich seines Goldenen Priesterjubiläums, als Kardinal, Wien. Sehr selten. Sehr schön bis vorzüglich / Vorzüglich. Schätzung: 30.000 Euro. Aus Auktion Künker 424 (3. Juli 2025), Nr. 663.
Numismatische Bedeutung hat Joseph Dominikus heute vor allem wegen seiner sehr seltenen und prachtvollen 6-fachen Dukaten, die er 1753 anlässlich seines Goldenen Priesterjubiläums herausgab. Er feierte es mit großem Prunk. Die Medaillen wurden aus Talerstempeln geprägt und unter den hohen Gästen verteilt. Nur wenige Kirchenfürsten des 18. Jahrhunderts erreichten ein so hohes Alter wie Joseph Dominikus. Er starb 1761 mit 81 Jahren, wahrscheinlich zur Erleichterung des gesamten Domkapitels. Denn Joseph Dominikus teilte nie die geniale Begabung für die Machtpolitik, die sein Onkel und sein Großvater besessen hatte.
Genauso wie andere Mitglieder des Adelsgeschlechts der Grafen von Lamberg. Das verlor nach und nach über die kommenden Jahrhunderte hinweg die politische und wirtschaftliche Bedeutung, die es während seiner Blütezeit nach dem 30-jährigen Krieg gewonnen hatte.