Der Londoner Klassiker: Die Coinex
Am letzten Wochenende im September findet die Londoner Coinex statt. Seit Jahrzehnten. Trotz Konkurrenz hat sie ihre Strahlkraft (noch) nicht verloren, jedenfalls für diejenigen, die sich für Münzen im oberen Preissegment interessieren.
von Ursula Kampmann
Inhalt
Es gibt ein paar Münzbörsen, die haben sich zu Klassikern entwickelt. Da ist die New York International, die Münchner Numismata und natürlich die Coinex in London. Sie findet am letzten Wochenende im September statt und wird von der BNTA, der British Numismatic Trade Association, durchgeführt. Die Coinex stand viele Jahrzehnte lang als eine Art Selbstverständlichkeit in den Kalendern von Münzhändlern und ambitionierten Sammlern. Das hat sich in den letzten Jahren verändert. Die Zahl der Aussteller und Besucher ist zurückgegangen.
Noch lohnt sich ein Besuch des Londoner Klassikers, und zwar nicht nur wegen der Börse selbst. Die Coinex ist der zeitliche Anker für viele Londoner Auktionshäuser, die ihre Events planen. Es finden Auktionen statt, wie der Rebaczonok Collection mit russischen, europäischen und amerikanischen Raritäten, die mit großem Erfolg bei Baldwin’s versteigert wurde. Es gibt die Möglichkeiten Münzen aus zukünftigen Auktionen zu besichtigen. wie die Lose der Traveller Collection, deren 2. Teil im November von NAC in Zürich angeboten wird. Last but not least lockt Swinging London mit gesellschaftlichen Events wie der Party, zu der Heritage junge (und jung gebliebene) Münzfans einlädt.

Ein Blick in den Saal der Coinex im noblen Biltmore Hotel. Foto: UK
Coinex – eine lange Tradition
Ende der 1970er Jahre führte die BNTA ihre erste Coinex durch. Ihr Konzept war außergewöhnlich, passte aber hervorragend zum Zeitgeist. Bis heute dürfen ausschließlich Mitglieder der BNTA, der britischen Münzhändlervereinigung, an dieser Münzbörse teilnehmen. Für ausländische Händler ist sie offen, solange Platz ist. Das noble Biltmore Hotel im edlen Stadtteil Mayfair garantiert einen luxuriösen Rahmen, in dem sich das zahlungskräftige Publikum wohlfühlt. Die Coinex setzte nämlich immer schon auf Klasse statt Masse, auch bei ihren Eintrittspreisen.
Heute wird diese Politik zu einer Belastung. Viele Münzsammler sind nicht gewillt, 40 Pfund Eintritt für den Freitag zu zahlen. Das sorgt dafür, dass am Freitag die Münzhändler praktisch unter sich bleiben. Am Samstag kostet der Eintritt dann nur 5 Pfund, dafür kann der Kunde von 10.00 bis – theoretisch – 16.00 Uhr einkaufen. Aber wie überall auf der Welt packen die Münzhändler schon lange vor dem offiziellen Schluss der Veranstaltung zusammen. Es bleiben also in etwa nur drei Stunden zum Einkauf – und da stellt sich für die Besucher von außerhalb die Frage, ob es sich lohnt, dafür nach London zu fahren.
Trotz oder gerade wegen des Schwerpunkts auf B2B ging das Coinex Konzept viele Jahre lang auf. Die Messe bot einen wunderbaren Jagdgrund für all diejenigen, die sehen wollten, was die Kollegen in der Sommerpause angekauft hatten. Münzhändler kamen aus ganz Europa, Amerika, dem Nahen und dem Fernen Osten, um ihre eigenen Lager aufzufüllen.
Standortvorteil London und das Portable Antiquities Scheme
Denn London hatte und hat einen Standortvorteil, der nicht zu unterschätzen ist: In England kaufen Münzhändler nicht nur Sammlungen an, sondern von Zeit zu Zeit gibt es frische Waren. Es gilt nämlich das Portable Antiquities Scheme. Diese gesetzliche Regelung ermöglicht es stolzen Findern von Münzfunden – wenn der Staat sein Vorkaufsrecht nicht in Anspruch nimmt – ihre Münzen zu verkaufen. Mit anderen Worten, britische Münzhändler haben oft interessante Münzen aus Hortfunden auf ihrem Tisch, die völlig legal gehandelt werden können. Wer römische, keltische oder britische Münzen sammelt, wird viel Interessantes entdecken. Mitnehmen sollte man die Ware allerdings besser nicht. Die Zollformalitäten sind kompliziert. Es ist besser, sich die Münzen durch den Verkäufer zuschicken zu lassen.

In einem ist der britische Münzhandel progressiv: Nirgendwo sonst sieht man so viele junge Numismatikerinnen. Foto: UK
Vornehme britische Zurückhaltung und Konkurrenz
Allerdings hat sich auch in Großbritannien der Markt verändert. Attraktiven Münzen kommen in eine Auktion, das Lager besteht aus dem Rest und ist deshalb für Einkäufer nicht mehr so interessant. So kommen Jahr für Jahr weniger Münzhändler für den Einkauf zur Coinex. Das ist auf Dauer gefährlich.
Leider unternimmt die BNTA nicht viel, um den Trend umzudrehen. Bis heute ist sie zurückhaltend, wenn es um aktive Werbung für die Veranstaltung geht. Die Coinex hat nach wie vor keine eigene Website; alle verfügbaren Informationen stehen eingebunden in die Seite der BNTA zur Verfügung.
Dazu ist die Konkurrenz gewachsen. Auf der London Coin Fair, die nur drei Wochen vor der Coinex stattfindet, stellen mehr als 60 hauptsächlich britische Händler aus. Die Coinex listete ihrerseits 48 Aussteller, darunter 12 ausländische Münzhändler (diejenigen, die wie Heritage eine Dependence in London haben, nicht mitgezählt).
Die gleichzeitig an diesem Wochenende stattfindende MIF – die ursprünglich als Messe für Papiergeld angetreten war, inzwischen aber von vielen Münzhändlern besucht wird – zog vom 26. bis zum 28. September 219 Firmen nach Maastricht.
Die Zukunft der Coinex
London ist eine wunderbare Stadt; das Biltmore Hotel ist eine wunderbare Location; die britischen Münzhändler sind wunderbare Kollegen, die ich immer wieder gerne sehe. Aber, wenn nicht bald etwas geschieht, könnte es passieren, dass die Coinex in die Bedeutungslosigkeit abdriftet. Nicht sofort, aber Schritt für Schritt und jedes Jahr ein kleines bisschen mehr. Und das wäre sehr, sehr traurig. Nicht nur wegen ihrer langen Tradition, sondern auch weil weltweit die Märkte auseinanderstreben.
London hat durch sein dichtes Flugnetz das Potential, Treffpunkt von Münzhändlern und -sammlern der unterschiedlichsten Weltregionen zu sein. Aber dafür braucht es eine Münzbörse, deren Besuch sich lohnt. Die Coinex hat den Namen und die BNTA hinter sich, aber trotzdem genügt es nicht, einfach nur weiterzumachen.
Wenn die Coinex ihre Attraktivität für den internationalen Handel behalten will, sollten sich die Verantwortlichen überlegen, wie sie wieder mehr Käufer in den Ausstellungssaal bekommen. Das dürfte nur möglich sein, wenn die Terminüberschneidung mit der MIF endlich beseitigt wird.
Versuchen wir die Gefühle beiseitezulegen. Es darf nicht darum gehen, welche der beiden Börsen sich als die stärkere durchsetzt. Es geht darum, für den Markt ein attraktives Umfeld zu gestalten, aus dem ALLE wirtschaftliche Vorteil ziehen. Man stelle sich nur vor, was es für beide Veranstaltungen bedeuten würde, wenn sie an aufeinander folgenden Wochenenden stattfänden. Händler aus der ganzen Welt könnten zunächst die eine, dann die andere Veranstaltung besuchen. Die Woche dazwischen wäre für Auktionen, für die Besichtigung von Auktionsmaterial und den Besuch von Münzhandlungen reserviert. Da würde sich der Aufenthalt rechnen.
Vielleicht muss dafür die eine oder andere heilige Kuh geschlachtet, der eigene Stolz hinuntergeschluckt werden. Aber wer in diesen herausfordernden Zeiten erfolgreich weiterbestehen will, sollte dazu bereit sein.
Viel mehr Fotos finden Sie auf unserer Event-Seite. Dort gibt es auch Links zu weiteren Artikeln rund um den numismatischen Markt London.
Hier geht es zur Seite der BNTA.
Hier hat die Coinex ihre Webpräsenz.
Kein so edler Rahmen und ein anderes Publikum: Die London Coin Fair findet alle drei Monate statt, die Midland Coin Fair bei Birmingham jeden Monat.