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Vor 25 Jahren: Millennium-Münzen erzählen vom Aufbruch in eine neue Epoche

Von Sebastian Wieschowski

Wer sich zu Beginn des Jahres 2000 neue Freunde – oder auch Feinde machen wollte, konnte zu einem einfachen Trick greifen: Einfach behaupten, dass das neue Jahrtausend gar nicht am 1. Januar 2000 beginnt.

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Kiribati und Westsamoa gaben zum Millennium so genannte „Zwillingsmünzen“ heraus, die zusammen ein Motiv ergeben, getrennt durch die internationale Datumsgrenze. Foto: Heritage Auctions / Hintergrundbild: Tourism Australia.

Kiribati und Westsamoa gaben zum Millennium so genannte „Zwillingsmünzen“ heraus, die zusammen ein Motiv ergeben, getrennt durch die internationale Datumsgrenze. Foto: Heritage Auctions / Hintergrundbild: Tourism Australia.

Mit dem intellektuellen Killer-Argument, wonach die Zählung der Jahre mit dem Jahr 1 beginnt und es kein Jahr 0 gab, würde das dritte Jahrtausend also erst 2001 beginnen. Die meisten Zeitgenossen überhörten diese Zwischenrufe jedoch geflissentlich und feierten den Übergang in ein neues „Millennium“. Städte weltweit veranstalteten spektakuläre Feuerwerke und Events, wie die beeindruckenden Lichtspektakel in Sydney, New York und London.

Hoffnung und Glaube: Fromme Wünsche auf einem Gedenkmünzensatz aus Kiribati. Foto: Heritage Auctions.

Hoffnung und Glaube: Fromme Wünsche auf einem Gedenkmünzensatz aus Kiribati. Foto: Heritage Auctions.

Der Blick auf das Hier und Jetzt: Symbolik der Zeit

Auch in der Numismatik begann vor einem Vierteljahrhundert eine neue Zeitrechnung – erstmals zeigte die Jahreszahl auf den Münzen der Länder, die den Gregorianischen Kalender verwenden, vorn die Ziffer „2“. Das Thema „Zeit“ wurde von vielen Ländern aufgegriffen, beispielsweise in Form der Millennium Crown und Commonwealth-Serie:
Großbritannien startete 1999 eine Serie, bei der sich 24 Commonwealth-Länder beteiligen. Die „Millennium Crown“ zeigt den Umriss der britischen Inseln mit einem Uhrzeiger in Greenwich.

Bemerkenswert sind besondere Zeitdarstellungen auf Münzen wie die Titanmünze Gibraltars und eine Digitalmünze von São Tomé und Principe – beide heben die Zeitmessung hervor. Letztere zählt die verbleibende Zeit bis zum Jahrtausendwechsel rückwärts und dann vorwärts.

Die Zahl 2000 spielt auch auf verschiedenen Silbergedenkmünzen aus Afrika die Hauptrolle, häufig in Verbindung mit einer Weltkarte, mit dem afrikanischen Kontinent im Zentrum, wie auf den 1998er 10.000-Shilling-Münzen aus Somalia und der 500-Franc-Ausgabe aus dem Tschad – ein verdeckter Schrei nach Aufmerksamkeit des „vergessenen Kontinenten“?

Der Blick nach vorn: Design-Innovationen und Technologischer Fortschritt

Münzensammler erwarteten zu Beginn des neuen Jahrtausends viel tiefgreifendere Veränderungen, wie aus den einschlägigen Fachzeitschriften der damaligen Zeit hervor geht. Die Einführung neuer Veredelungstechniken für Sammlermünzen spiegelten den Zeitgeist auch in der Sammlerwelt wieder. Für Schlagzeilen sorgten damals beispielsweise Hologramm-Münzen von den Seychellen und Singapur. Diese Ausgaben zeigen die Jahreszahl, die von 1999 auf 2000 umspringt. Singapurs „Millennium Trade Dollar“ integriert zudem internationale Währungssymbole.

In der Popkultur symbolisierte das Jahr 2000 den Eintritt in eine „Science-Fiction-Zukunft“, die zuvor in Filmen und Literatur oft idealisiert wurde. Dieser Zeitgeist spiegelt sich auch in den innovativen Designs zahlreicher Münzen wider – beispielsweise auf Gedenkmünzen aus Kiribati und Westsamoa: Die Zwillingsmünzen dieser Länder bestehen aus zwei halbrunden Münzen, die zusammen ein Motiv ergeben, getrennt durch die internationale Datumsgrenze. Diese Designs erhielten internationale Auszeichnungen.

Zudem kamen damals auffällig viele Münzen mit Weltraummotiven heraus – beispielsweise von der Perth Mint, die eine kolorierte Silbermünze mit der Erdkugel im goldenen Licht der Sonne und eine Bimetallmünze mit einem Erdoberflächenausschnitt über Australien und Südostasien präsentierte. Beide trugen die Umschrift „Third Millennium First Day“ und das Datum „01-01-2000“.

Eine typische Münze der Jahrtausendwende: Hologramme waren rund um das Jahr 2000 der letzte Schrei – hier beispielsweise auf einer Goldmünze aus Kanada. Foto: Heritage Auctions.

Eine typische Münze der Jahrtausendwende: Hologramme waren rund um das Jahr 2000 der letzte Schrei – hier beispielsweise auf einer Goldmünze aus Kanada. Foto: Heritage Auctions.

Ein handfestes Problem, das die Welt vor dem Jahrtausendwechsel in Atem hielt, war der sogenannte „Y2K-Bug“. Viele befürchteten, dass Computersysteme aufgrund von Problemen bei der Verarbeitung des Jahreswechsels von „99“ auf „00“ versagen würden. Es gab Warnungen vor Stromausfällen, Flugzeugabstürzen und einer möglichen globalen Wirtschaftskrise. Unternehmen und Regierungen investierten Milliarden in die Lösung des Problems, und die Panik veranlasste manche Menschen sogar dazu, Vorräte anzulegen und sich auf das Schlimmste vorzubereiten – doch am 1. Januar 2000 passierte: Nichts.

Blick nach vorn: Eine 10-Yuan-Bimetallmünze aus China. Foto: PCGS.

Blick nach vorn: Eine 10-Yuan-Bimetallmünze aus China. Foto: PCGS.

Der Blick zurück: Kulturelle Identität

Das Jahr 1999 war auch eine Zeit, in der die Errungenschaften und Katastrophen des 20. Jahrhunderts reflektiert wurden – die technologischen und wissenschaftlichen Fortschritte, wie Raumfahrt, Computer und Medizin, aber auch die dunklen Kapitel wie die beiden Weltkriege, die Weltwirtschaftskrise und der Kalte Krieg. Und nicht zuletzt der rasante Wandel in den Bereichen Kultur, Gesellschaft und Politik.

Die Banco de Mexico veröffentlichte Münzen, die die prähispanische und koloniale Geschichte Mexikos bis hin zur Moderne darstellen. Die Ausgaben zeigen sowohl das Jahr 1999 als auch 2000.

Die bevorstehende Einführung des Euro und der Abschied von den nationalen Währungen in Europa sorgten besonders in Deutschland für einen deutlich wahrnehmbaren Wehmut und eine Nostalgie, die sich beispielsweise in drastischen Wertzuwächsen für die letzten Kursmünzensätze der Bundesrepublik niederschlugen – immerhin waren die „Platten“ die einzige Möglichkeit, um Markstücke und Pfennige mit der Jahreszahl 2000 zu besitzen, die Bundesrepublik hatte die Produktion von Münzen für den Umlauf längst eingestellt und hatte hinter den Kulissen mit der Euro-Produktion begonnen. Heutzutage sind die letzten DM-Kursmünzensätze kaum noch nachgefragt.

Würdigung dessen, was im vergangenen Jahrtausend erreicht wurde, auf 25-Cent-Münzen aus Kanada. Foto: Heritage Auctions.

Würdigung dessen, was im vergangenen Jahrtausend erreicht wurde, auf 25-Cent-Münzen aus Kanada. Foto: Heritage Auctions.

Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft verbunden: Umwelt und Nachhaltigkeit

Die Royal Australian Mint gestaltete eine Serie zur Jahrtausendwende, die Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft symbolisierte: Ein Pflanzenkeimling wächst in den Motiven der drei Ausgaben zum Baum heran, wobei das Ringmetall der Vorgängermünze jeweils den Kern der nächsten bildet. Die australische Serie symbolisiert Natur, Wachstum und Nachhaltigkeit – ein zentrales Thema am Ende des 20. Jahrhunderts.

Der Jahrtausendwechsel ging also weit über die rein kalendarische Bedeutung hinaus. Das neue Jahrtausend wurde mit der fortschreitenden Globalisierung und dem Aufstieg des Internets verbunden. Viele erwarteten Fortschritte in der Bekämpfung von Armut, Krankheiten und Umweltproblemen. Und es war ein Moment, in dem die „Millennials“ als neue Generation ins Rampenlicht traten, mit einer anderen Perspektive auf Technologie und Gesellschaft. Dass das dritte Jahrtausend nur ein Jahr später mit den Terroranschlägen vom 11. September 2001 eine andere Richtung weg vom Optimismus und hin zur Angst nehmen würde, war noch nicht absehbar.

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