Die Protagonisten des 30-jährigen Krieges: Ein etwas anderer Vorbericht zur Künker Auktion 410
Am 23. September 2024 versteigert Künker eine atemberaubende Sammlung mit vielen Großgoldmünzen, Mehrfachtalern und seltenen Medaillen, die sich mit dem 30-jährigen Krieg beschäftigen. Wir zeigen die schönsten Stücke und erzählen, warum die darauf abgebildeten Männer im 30-jährigen Krieg mitmischten.
Inhalt
Sie glauben tatsächlich, im 30-jährigen Krieg habe die Religion eine Rolle gespielt? Nun, es gab damals gläubige Menschen, aber die wenigsten führten deswegen Krieg. Sie hatten andere Gründe, die man auf die Begriffe Land, Macht und Geld reduzieren könnte.
Wir stellen Ihnen in diesem Vorbericht der anderen Art die wichtigsten Protagonisten des 30-jährigen Krieges im Münzbild vor und erklären, warum sie kämpften. Freuen Sie sich auf atemberaubende Stücke aus der Sammlung eines deutschen Fabrikanten und Geschichtsfreunds.
Der Winterkönig
Beginnen wir mit dem ehrgeizigen Pfalzgrafen Friedrich V., dessen Thronbesteigung den 30-jährigen Krieg auslöste. Ihn holten die rebellierenden böhmischen Stände als Ersatz für den Habsburger Erzherzog Ferdinand nach Böhmen. Friedrich witterte die einmalige Chance, im Rang aufzusteigen und vielleicht sogar der nächste Kaiser zu werden. Denn der wurde von den sieben Kurfürsten gewählt. Drei davon – die Erzbischöfe von Köln, Mainz und Trier – gaben ihre Stimme traditionell einem katholischen Kandidaten; drei weitere – Sachsen, Brandenburg und die Rheinpfalz – waren in protestantischer Hand. Welches Prestige der Titel eines Kurfürsten beinhaltete, zeigt dieser 1612 geprägte vierfache Dukat Friedrichs V.: Er nennt seinen Titel ELECTOR (= Kurfürst) prominent in der Umschrift.
Das Zünglein an der Waage im Kurfürstenkolleg war der König von Böhmen, bisher ein Habsburger. Hätte Friedrich die Habsburger verdrängt, hätten sich die Mehrheiten verändert. Damit wäre der Weg für einen protestantischen Kaiser frei gewesen.
Der Kaiser
Damit ist klar, warum die Habsburger um Böhmen kämpften, obwohl Ferdinand II. am 28. August 1619 einstimmig zum Kaiser gewählt wurde. Diese Münze aus dem Jahr 1628 präsentiert ihn in all seiner Macht: Mit Krone, Szepter und Reichsapfel sowie den gekrönten Wappenschilden seiner beiden Königreiche Böhmen (links) und Ungarn (rechts).
Doch für den Kaiser ging es noch um mehr: Es ging um seinen Einfluss als Reichsoberhaupt gegenüber den immer unabhängiger agierenden Fürsten. Kurz gesagt, hier kämpfte der Zentralstaat gegen die Kleinstaaten.
Der Bayerische Herzog
Wichtigster Verbündeter der Habsburger war Herzog Maximilian I. von Bayern. Diese Münze erinnert daran, dass ein Herrscher VOR dem 30-jährigen Krieg alles andere als absolut war. Der 8-fache Dukat wurde nämlich anlässlich von Maximilians Huldigung durch die bayerischen Stände 1598 geprägt. Vor Amtsantritt musste damals jeder Herrscher die Einwilligung der Stände – ihre Huldigung – einholen. Dem gingen lebhafte Verhandlungen voraus, bei denen der neue Herzog, je nach politischer Situation mal mehr, mal weniger Zugeständnisse machen musste. Maximilian I. hatte das erlebt. Er machte schmerzhafte Konzessionen, damit die Stände halfen, die immensen Schulden seines Vaters abzutragen.
Maximilian nutzte den Krieg, um die absolute Vorherrschaft in seinem eigenen Herzogtum durchzusetzen. Er zog die Kontrolle über Stände, lokale Adlige und Kirchenbesitz an sich. Gleichzeitig nutzte er die Fehleinschätzung des ebenfalls aus dem Hause Wittelsbach stammenden Winterkönigs: Maximilian erhob als Gegenleistung für seine Unterstützung des Kaisers Anspruch auf Friedrichs Kurfürstenstimme. Er sollte sie erhalten zusammen mit der Oberpfalz.
Die Spanischen Habsburger
Es waren sicher nicht die verwandtschaftlichen Bande, die aus den spanischen Habsburgern Verbündete des Kaisers machten. Sie nutzten das Reich als Aufmarschgebiet gegen die Niederlande. Der Nachschub für das dort kämpfende Heer kam nämlich aus ihren reichen Besitzungen in Oberitalien. So stammt dieser prachtvolle doppelte Dukaton aus Mailand, das die spanischen Habsburger seit 1525 beherrschten. Der einfachste Weg von dort zum niederländischen Kriegsschauplatz führte über die Bündner Pässe zum Bodensee und von dort aus auf dem schiffbaren Rhein in Richtung Nordsee. Die protestantischen Fürsten, die Teile des Rheins kontrollierten, störten die spanische Logistik. Kriegsziel der Spanier war es deshalb, den Rhein für katholische Verbündete zu sichern, um so ihre Nachschubwege zu kontrollieren. Dieses Vorhaben wurde durch den Westfälischen Frieden überflüssig, weil mit der Unabhängigkeit der Niederlande auch der Kampf um sie endete.
Das Katholische Reich
Land, Macht und Geld haben wir als die wichtigsten Gründe definiert, aus denen Fürsten in den Krieg zogen. Der kirchliche Besitz – Abteien, Klöster und Bistümer – bedeutete genau das: Land, Macht und Geld. Seit Jahrhunderten hatte der katholische Adel seine nachgeborenen Söhne mit kirchlichen Positionen versorgt. Deshalb kämpfte er dafür, dass die reichen Abteien und Bistümer katholisch blieben. Er forderte von den Protestanten, den widerrechtlich annektierten Kirchenbesitz zurückzugeben. Sein Argument war der Augsburger Religionsfrieden. Darin hatten die Protestanten eine Klausel unterzeichnet, die besagte, dass Kirchenfürsten beim Religionswechsel nicht nur ihre geistliche, sondern auch ihre weltliche Herrschaft zurückgeben müssten.
Das Protestantische Reich
Das wollten die protestantischen Administratoren natürlich nicht tun. Wer verzichtet schon freiwillig auf Land, Macht und Geld? Seit 1555 waren viele reiche Abteien, Klöster und Bistümer unter protestantische Kontrolle geraten. Wir nennen hier nur Bremen und Magdeburg. Wir müssen uns vor Augen halten, dass es dabei nicht nur um den Administrator selbst ging. Mit jeder Institution waren zahlreiche mehr oder weniger gut dotierte Posten verbunden, angefangen vom Domkapitel bis hinunter zum Küster. Und dann gab es natürlich noch die Fälle, in denen der Landesvater beschloss, gleich den gesamten Besitz zu säkularisieren und sich so zu sanieren. Eine Rückgabe all des annektierten Kirchenbesitzes hätte faktisch den finanziellen Ruin der protestantischen Fürsten bedeutet.
Der Feind meines Feindes ist mein Verbündeter – Frankreich
Niemand dürfte mehr und höhere Subsidien an die Feinde der Habsburger gezahlt haben, als Frankreich. Kein Wunder. Die Habsburger wurden als Erbfeinde empfunden, die das ganze Land einzukreisen drohten. Sie herrschten jenseits der Pyrenäen, jenseits des Rheins, im Norden über Flandern und hatten in Italien die schönen Pläne von Franz I. durchkreuzt. Deshalb unterstützte Kardinal Richelieu und sein Nachfolger Mazarin, die statt der französischen Könige die Außenpolitik dominierten, systematisch die protestantische Union. Diese pragmatische Politik wurde von Erfolg gekrönt: Nach dem 30-jährigen Krieg löste Frankreich das Habsburgische Spanien als führende Macht in Europa ab.
Der Feind meines Feindes ist mein Verbündeter – England
Charles I. hätte zu gerne Ähnliches getan. Die Habsburger waren die schärfsten Konkurrenten seines expandierenden Handelsimperiums. Dazu war der Winterkönig sein Schwiegersohn. Welchen Machtzuwachs hätte es für ihn bedeutet, wäre das Heilige Römische Reich unter die Kontrolle seiner Familie gekommen!
Dummerweise verfügte Charles I. über wesentlich weniger Geld als der französische König. Seine Vorgänger hatten ihm ein immenses Defizit hinterlassen. Charles I. versuchte, seinen Staatshaushalt durch Übergriffe auf bürgerliche Vermögen zu sanieren, was die Stände gar nicht goutierten. Ihm blieb nichts anderes übrig, als Frieden mit Frankreich und Spanien zu schließen und seinen Schwiegersohn im Stich zu lassen. Damit schied England aus dem 30-jährigen Krieg aus. Charles I. half das nicht. Der Streit ums Geld mündete in den englischen Bürgerkrieg, aus dessen erstem Jahr diese Münze stammt. Letztendlich kostete die unkluge Ausgabepolitik Charles den Kopf, als er am 30. Januar 1649 enthauptet wurde.
Der Feind meines Feindes ist mein Verbündeter – die Niederlande
Dass die Niederlande alles unterstützten, was die spanischen Habsburger davon abhielt, Truppen in das eigene Land zu schicken, ist selbstverständlich. Auch ihnen ging es weniger um Religion und Freiheit als um Land, Macht und Geld. Vor allem um letzteres: Schließlich waren die Niederlande eine aufstrebende Handelsnation, deren Schiffe Gewürze, Sklaven und exotische Luxuswaren mit exorbitanten Gewinnen transportierten.
Die spanischen Habsburger waren die Konkurrenz. Sie galt es zu schädigen. Zu diesem Zweck bedienten sich die Niederländer der Freibeuterei. Sie stellten Kaperbriefe aus, die Privatleute „befugten“ feindliche Schiffe zu plündern. So galt der erfolgreiche Überfall der Niederländischen Westindien-Kompanie auf die Spanische Silberflotte im Jahr 1628 als großer Erfolg. Er ist auf dieser Medaille dargestellt. Durch ihn wurden Schätze im Wert von 12 Mio. Gulden erbeutet, die man an die Aktionäre verteilte. 50% ihrer Anlage erhielten die Teilhaber der Niederländischen Westindien-Kompanie in diesem Jahr als Dividende. Die Vereinigten Provinzen, die ebenfalls Aktien hielten, nutzten den Profit, um die Einnahme von Hertogenbosch zu finanzieren.
Trotz aller Schätze der Neuen Welt war die niederländische Finanzpolitik der spanischen einfach überlegen. Das bedeutete mehr Geld für das Militär. Und damit gehörten auch die Niederländer zu den Gewinnern des 30-jährigen Krieges. Er brachte ihnen die Anerkennung ihrer Unabhängigkeit von Spanien.
Die Trittbrettfahrer – Dänemark
Wo es im Krieg drunter und drüber geht, gibt es immer eine Chance, Land, Macht und Geld zu gewinnen. Das dachte sich auch der dänische König Christian IV., als er sich zum Kreisobristen des Niedersächsischen Reichskreises wählen ließ. Er hoffte als Vorkämpfer des Protestantismus reiche Gewinne für Dänemark einzufahren. Doch es gelang ihm nicht, ausreichende Subsidien aufzutun, um sein Heer zu finanzieren. Das Ergebnis: eine krachende Niederlage. Er hatte nur ein Glück, nämlich dass schon der nächste Trittbrettfahrer in den Startlöchern stand. Deshalb boten ihm die Kaiserlichen günstige Friedensbedingungen an. Er schied 1629 aus dem 30-jährigen Krieg aus, ohne etwas gewonnen oder verloren zu haben.
Die Trittbrettfahrer – Schweden
Ganz anders sein Nachfolger Gustav II. Adolf, König von Schweden. Er stilisierte sich zum Vorkämpfer des Protestantismus, wobei die meisten Protestanten froh gewesen wären, er hätte nie zu ihren Gunsten eingegriffen, wenn er mit ihnen fertig war. Denn das schwedische Heer lebte nicht von Subsidien, sondern aus dem Land. Ob besiegter Feind, ob geehrter Verbündeter, alle mussten ihr Vermögen opfern, um Gustav Adolfs Siegeszug zu finanzieren.
Dass der schwedische König – ganz im Gegensatz übrigens zu seinem Heer – noch heute einen guten Ruf genießt, liegt an seiner wirklich hervorragenden Propaganda, für die diese Münze ein exquisites Beispiel darstellt.
Es handelt sich um einen Goldabschlag im Gewicht von 10 Dukaten aus den Stempeln des Purimtalers. Gustav Adolf nutzte eine Geschichte aus dem Alten Testament: Mit dem Purimfest feierten die Juden nämlich die Verhinderung ihrer Ausrottung. Genauso – so die Botschaft der Münze – habe Gustav Adolfs Sieg bei Breitenfeld die Ausrottung der Protestanten verhindert. Was blanker Unsinn ist. Gustav Adolf hatte lediglich verhindert, dass die protestantischen Fürsten die Gebiete, die sie gegen die Bestimmungen des Augsburger Religionsfriedens von 1555 beschlagnahmt hatten, wieder rausrücken mussten.
Auch wenn Gustav Adolf sein Engagement mit dem Leben bezahlte, gehörten die Schweden zu den großen Gewinnern des 30-jährigen Krieges. Sie erhielten das, was alle erhalten wollten: Gebiete, Macht und Einkommen. Sie waren nach Kriegsende die Vormacht im Norden Europas.
Die Trittbrettfahrer – Wallenstein
Nicht nur Staaten und Könige versuchten, durch den 30-jährigen Krieg Gebiete, Macht und Einkommen zu gewinnen. Auch private Unternehmer und Militärs nutzten die Situation. Der wohl bekannteste Kriegsgewinnler ist der Unternehmer Albrecht von Wallenstein, dessen kometenhafter Aufstieg genauso fasziniert wie sein jähes Ende.
Albrecht von Wallensteins Denken scheint viel zu modern für seine Epoche. Erst machte er als Mitglied eines Konsortiums zur Münzverfälschung während der Kipper- und Wipperzeit ein Vermögen; dann kaufte er für wenig Geld immense Besitzungen, die der Kaiser von seinen politischen Gegnern beschlagnahmt hatte. Diese organisierte er äußert effizient, um mit ihren Überschüssen ein gewaltiges Heer zu unterhalten, das ihn zum einflussreichsten Mann in Europa hätte machen können, wäre er nicht vorher einem Attentat zum Opfer gefallen. Wallenstein blieb folgenlos. Der Kaiser beschlagnahmte seinen Besitz, so dass nur einige wenige kleine Teile seines Vermögens seinen Erben zufielen.
Die Trittbrettfahrer – Heinrich Schlick
Ganz anders Heinrich von Schlick zu Bassano und Weißkirchen. Er machte in kaiserlichen Diensten Karriere. Er galt als vertrauenswürdiger Feldherr und so übergab ihm Ferdinand II. einen großen Teil der Besitzungen, die er dem protestantischen Zweig der Grafen von Schlick abgenommen hatte. Denn der hatte während der böhmischen Aufstände den Winterkönig unterstützt. Heinrich von Schlick konvertierte 1622 zum katholischen Glauben und wurde 1632 Hofkriegsratpräsident des Kaisers. So hatte er einen entscheidenden Einfluss auf den Ausgang des 30-jährigen Krieges. Er hinterließ Vermögen und Einfluss seinen Nachkommen, die zu einem der führenden Geschlechter Böhmens wurden.
Die großen Verlierer
Nach so vielen Gewinnern kommen wir zu den Verlierern, von denen es wesentlich mehr gab, auch wenn sie es nicht ins Münzbild geschafft haben. Denn durch den Krieg verloren all diejenigen, die auf ehrliche Art und Weise ihren Unterhalt verdienten: Bürger, Bauern, Handwerker und Händler. Ein entsetzlich großer Teil von ihnen wurde geplündert, geschröpft, gefoltert, ermordet. Ihre Töchter und Gattinnen litten unter brutalen Vergewaltigungen, Hunger und Krankheit. Wer sich eine Vorstellung davon machen möchte, der möge die Abenteuer des Simplicius Simplicissimus lesen. Aber seien Sie vorsichtig! Man braucht starke Nerven dafür, wenn man eine rege Phantasie besitzt. Lassen wir es damit bewenden, dass der Krieg zwischen 3,5 und 6,5 Millionen zivile Opfer forderte.
Neben den ungeschützten Bauernhöfen litten vor allem die einst so reichen Handelsstädte. Nehmen wir Augsburg als Beispiel: Vor dem 30-jährigen Krieg gehörte die Stadt zu den reichsten Handelszentren Europas. Nach dem 30-jährigen Krieg war sie ruiniert. Mehr als die Hälfte aller Haushalte existierte nicht mehr. Augsburg sollte sich nie mehr erholen. Die Stadt steht bis heute im Schatten der bayerischen Residenz München.
Dies waren nur einige der vielen spektakulären Münzen und Medaillen aus Künker Auktion 410. Versäumen Sie nicht, diesen Katalog genau zu studieren. Für alle, die sich ein zukünftiges Standardwerk zur Numismatik des 30-jährigen Krieges sichern möchten: Kontaktieren Sie den Künker-Kundendienst, Nobbenburger Straße 4a, 49076 Osnabrück; Tel: 0541 / 962020; Fax: 0541 / 9620222; oder über E-Mail.