Die Entstehung des Krügerrands
von Ursula Kampmann
Der südafrikanische Krügerrand ist die älteste Bullionmünze der Welt. Als er 1967 erstmals geprägt wurde war das Konzept, eine Münze mit dem Gewicht einer Anlageeinheit, der Unze, zu prägen, neu und innovativ. Erfahren Sie hier mehr über die wirtschaftlichen Hintergründe und die Bedeutung des Designs.
Inhalt
„Ehret Lykurg“, soll Pythagoras einst gesagt haben, „ehret ihn, denn er ächtet das Gold, die Ursache aller Verbrechen.“ Heute sehen wir das ein wenig anders. Seit unsere Währungen nicht mehr ans Gold gebunden sind, spekulieren Regierungen mit gigantischen Geldmengen. Sie treiben die Staatsverschuldung ins Märchenhafte. Bürger fürchten die Inflation und sehen die Rettung im Gold. Wie gut, dass es die Bullionmünze als Alternative zum Standardgoldbarren von 12,44 kg gibt. Das macht die Investition auch für Otto Normalverbraucher erschwinglich. Für all diese Kleinbarren im Münzformat ist der Krügerrand das Vorbild.
Das Konzept des Krügerrands: Eine Umlaufmünze aus Gold
Am 3. Juli 1967 wurden in der South African Mint / Pretoria die ersten Krügerrands geprägt. Zugrunde lag ein neues Konzept: Obwohl der Krügerrand keinen Nennwert trug, war er theoretisch eine umlauffähige Kursmünze in Südafrika, deren Wert jeden Tag anhand des Goldpreises neu bestimmt wurde. Um die Sache zu vereinfachen, prägte man ihn mit einem Feingewicht von einer Unze (= troy ounce), also mit 31,1034768 g.
Ihr Erfolg gab den Erfindern des Krügerrands Recht. Wurden in den Jahren zwischen 1967 und 1969 nur einige 10.000 Stück geprägt, stieg die Auflage 1970 auf 90.018, 1971 auf 686.400 und 1973 gar auf 869.300 Stück.
Währungsschwäche als Grund für die Flucht ins Gold
Die geniale Idee hinter dem Krügerrand war es, südafrikanisches Gold mit Hilfe dieser Münze über Banken und Münzhändler direkt an den Kleinanleger zu vertreiben, und damit einige Stationen der Wertschöpfungskette zu überspringen. Südafrika war das erste Land, das dies tat, und sollte es lange bleiben. Erst seit 1979 machte der kanadische Maple Leaf dem Krügerrand Konkurrenz. Kein Wunder, dass heute noch der Krügerrand die bekannteste Anlagemünze weltweit ist, und das obwohl es heute ein geradezu unüberschaubares Portfolio an Bullionmünzen gibt.
So profitierte also allein der Krügerrand von der internationalen Währungspolitik, die jeden denkenden Bürger in den 1970er Jahren dazu trieb, nach Alternativen zum traditionellen Bankkonto zu suchen.
Erinnern wir uns, seit dem zweiten Weltkrieg, genauer gesagt seit der Währungskonferenz in Bretton Woods von 1944, galt der Dollar als Leitwährung. Die USA verpflichtete sich im Gegenzug, eine Golddeckung in Höhe von 25 % der verausgabten Banknoten bereitzustellen. Jede Nationalbank außerhalb der Vereinigten Staaten, die ihre Währung über den Dollar deckte, erhielt von der amerikanischen Notenbank die Zusicherung, ihre Dollars jederzeit gegen Gold eintauschen zu können, und zwar die Unze zu 35 Dollars.
Die 1970er Jahre: Die Epoche des Krügerrands
Doch wie es Regierungen so häufig geht: die Steuermittel deckten die Wünsche der Regierenden bei weitem nicht. Die USA warf die Druckerpresse an und gab mehr Dollars aus, als die Goldreserve deckte. Ein paar Jahre lang versuchten die verschiedenen Regierungen, einen neuen Modus Vivendi zu finden. So sollten Mitgliedsstaaten nur im äußersten Notfall von ihrem Recht auf einen Umtausch der Dollars in Gold Gebrauch machen. 1967 zwang der deutsche Kanzler Erhard den Bundesbankpräsidenten sogar, Washington eine schriftliche Garantie zu geben, keine Dollars gegen Gold einzutauschen. Weil so die Währungsreserve nutzlos wurde, erfand man stattdessen die vom Internationalen Währungsfond kontrollierten Sonderziehungsrechte. Alle fünf Jahre wollte man zentral entscheiden, welche Staaten wie viel Geld zusätzlich, ohne Deckung drucken durften.
Gold als Anker war damit passé, und das realisierten auch die normalen Bürger. Jeder einzelne wurde zum Anleger und stürzte sich auf Immobilien, bzw. auf Sachanlagen, wenn eine Immobilie außerhalb des Erschwinglichen war.
Der Münzhandel erlebte dadurch einen enormen Boom, der sich noch einmal verstärkte, als die USA 1971 offiziell die Dollarbindung aufgab. Zu diesem Zeitpunkt lagerten nur noch Goldbarren im Wert von rund 10 Milliarden Dollars in Fort Knox, ein guter Witz im Vergleich zum Geldumlauf: Die fünf größten deutschen Unternehmen hätten mit ihren flüssigen Mitteln damals allein den gesamten Goldvorrat der Vereinigten Staaten aufkaufen können.
Gold aus Südafrika
Von dieser internationalen Währungsschwäche profitierte der Krügerrand. Er richtete sich an den kleinen Investor, der sich die großen Anlagen nicht leisten konnte. Um die Nachfrage dieser Gruppe zu befriedigen, führte Südafrika Teilstücke des Krügerrands ein: die halbe Unze im Gewicht von 16,97 g, die viertel Unze zu 8,48 g und die zehntel Unze mit 3,39 g. Durch den Export des Krügerrands in die ganze Welt konnte Südafrika seine Außenhandelsbilanz enorm aufbessern.
Südafrika war damals der weltweit größte Goldlieferant. Allein im Jahr 1970 förderte Südafrika 1.000.439 Kilogramm Gold. Zum Vergleich: Australien förderte im gleichen Jahr 19.282 kg, die USA 54.225 und die UdSSR 199.165 kg.
Das Vorderseitenmotiv: Ohm Krüger
Als der Krügerrand 1967 geschaffen wurde, regierte John Vorsters mit harter Hand den Apartheidstaat. Unter seinem Vorgänger Verwoerd war die innere Opposition des ANC zerschlagen worden; Nelson Mandela saß bereits seit 3 Jahren auf Robben Island und seine politischen Freunde waren ins Ausland geflohen. Kein Wunder, dass der Krügerrand burisches Gedankengut transportierte und auf Vorder- und Rückseite nationale Symbole des weißen Südafrika abbildete.
Die Vorderseite zeigt das nach links gewandte Brustbild von Stephanus Johannes Paulus Krüger. Dieser unter dem Namen Oom Paul oder Ohm Krüger (Oom ist das afrikaansche Wort für Onkel) bekannte Politiker, ist ein Nationalhelden der Buren.
Der deutschstämmige Krüger wurde 1825 in Südafrika geboren. Sein in Berlin geborener Vorfahre kam 1713 als Söldner der holländischen Ostindien Kompanie nach Südafrika. Krüger nahm im Alter von 10 Jahren an dem sagenumwobenen großen Treck teil, der die Buren aus der Kapkolonie in den Norden führte. Krüger fühlte sich zeitlebens als strenggläubiger Pionier, als Teil eines auserwählten Volkes, das ein Recht auf sein Land besaß. Er kämpfte gegen dessen Ureinwohner, die Ndebele und erwarb sich eine Reputation als Organisator und Kommandant. 1864 wurde er Generalkommandant der burischen Truppen der Republik Transvaal. In dieser Funktion schlug er den britischen Überfall zurück, mit dem die Briten 1877 versuchten, die Diamantenminen Transvaals unter ihre Kontrolle zu bringen. 1881 waren sie gezwungen, die Unabhängig Transvaals anzuerkennen, und Paul Krüger wurde 1883 zum ersten Präsidenten des neuen Burenstaates gewählt.

Karikatur der amerikanischen Zeitschrift Puck von 1899. Stachelschwein Krüger lässt sich nicht so einfach vom britischen Löwen schlucken.
Krüger war immer noch Präsident von Transvaal, als am Witwatersrand Gold gefunden wurde. Noch einmal versuchten die Briten, aufgestachelt von Cecil Rhodes, sich dieses Reichtums zu bemächtigen. Allerdings wurde ihr erster kleiner Stoßtrupp von 1895, der auf die Unterstützung der in Johannisburg arbeitenden „Uitlanders“ gerechnet hatte, zurückgeschlagen. Rhodes musste deshalb 1896 seinen Posten als Premierminister der Kapkolonie aufgeben.
Doch die Goldfunde waren zu groß. Die Begehrlichkeit Englands blieb. Sie führte 1899 zum Burenkrieg. Und England verfügte über ganz andere Ressourcen als die Buren. Der Krieg wurde zum südafrikanischen Trauma. Beide Parteien trugen diese militärische Auseinandersetzung bis zum bitteren Ende mit großer Grausamkeit auf dem Rücken der einheimischen Stämme aus. Um ein Beispiel zu geben: Konzentrationslager sind eine Erfindung des Burenkrieges. Zehntausende von Frauen und Kindern – und wesentlich mehr Schwarze als Buren – starben an Hunger und ansteckenden Krankheiten. Beide, Engländer und Buren, wandten die Strategie der verbrannten Erde an und beraubten so Zehntausende von Menschen ihres Lebensunterhalts. Nach dem Krieg musste Transvaal und der Oranje-Freistaat völlig neu wieder aufgebaut werden.

Karikatur der amerikanischen Zeitschrift Puck von 1900. Paul Krüger und seine Frau versuchen vereint mit den Medien vergebens, Uncle Sam zum Eingreifen zu veranlassen.
Auch wenn die Sympathien Europas den Buren galten, wollte sich keine ausländische Macht wegen Transvaal mit den mächtigen Briten anlegen. Krüger, der 1900 nach Europa gereist war, um in einem letzten, verzweifelten Versuch Bundesgenossen zu finden, musste dies einsehen. Er resignierte, blieb in Europa und starb 1902 in seinem Schweizer Exil Clarens.
Das siegreiche England hatte so sehr an Reputation verloren, dass es im Friedensvertrag den Buren entgegenkommen musste. So blieben die Schwarzen vom Wahlrecht ausgeschlossen, während die Buren völlige Gleichberechtigung erhielten.
Der sittenstrenge Krüger wurde zu einer tragischen Gestalt stilisiert, zum Symbol des burischen Freiheitswillen und der Unterdrückung der Schwarzen. Er galt viele Jahre quasi als der Gründungsvater Südafrikas, was ihm seinen Platz auf der Vorderseite der Krügerrands verschaffte.

Ein männlicher Springbock (antidorcas marsupialis). Foto: Yathin S. Krishnappa; edit by Wilfredor. cc-by 3.0
Der Springbock
Die Rückseite des Krügerrands zeigt den Springbock (antidorcas marsupialis), das Wappentier der Republik Südafrika. Es ist nicht nur auf dem Krügerrand zu sehen, sondern auch auf den Umlaufmünzen zu 1 und 2 Rand.
Das prächtige Tier lebt in der Savanne Südafrikas und gleicht im Aussehen der Gazelle, die allerdings einer anderen Gattung zugeordnet wird und sich vom Springbock hinsichtlich ihres Gebisses unterscheidet. Seinen Namen hat der Springbock von den senkrechten Sätzen, mit denen er sich in die Höhe schnellt, wenn er erschreckt wird. Bis zu 3,50 m können diese Sprünge erreichen. Auch hinsichtlich seiner Schnelligkeit von bis zu 90 Stundenkilometern ist der Springbock beachtlich. Damit gehört er zu den schnellsten Tieren der Welt. Nur der Gepard läuft schneller.
Das burische Südafrika okkupierte den Springbock für sich. So nannte sich die erfolgreiche Rugby-Nationalmannschaft genau wie die Cricket-Nationalmannschaft „Springboks“. Auch die südafrikanische Fluglinie South African Airways trug bis 1997 den Springbock in ihrem Wappen.
Und warum sieht der Krügerrand immer noch aus wie ein Krügerrand?
Die Zeiten der Apartheid sind lange vorbei. Südafrika hat die Welt mit seinem Willen zur Versöhnung beeindruckt. Ein Symbol für die Hand, die Nelson Mandela seinen ehemaligen Feinden reichte, ist der Krügerrand, der heute im Grunde noch so aussieht, wie er am 3. Juli 1967 aussah, als er erstmals geprägt wurde.
Nelson Mandela setzte sich persönlich für die Beibehaltung des Springbocks als nationales Symbol ein. Grund dafür ist die südafrikanische Rugby-Mannschaft. 1994 schlug nämlich der Nationale Sportrat im Zeichen der für 1995 in Südafrika stattfindenden Weltmeisterschaft vor, das gemischte Team nicht mehr Springbocks, sondern nach der südafrikanischen Nationalblume Proteas zu nennen. Nelson Mandela sprach sich gegen diese Änderung aus. Er überzeugte die Befürworter des Namenswechsels, dass das Team bei eben dieser Weltmeisterschaft die Chance habe, das belastete Symbol mit neuer Bedeutung aufzuladen. Tatsächlich gewann das Team die Weltmeisterschaft. Staatspräsident Nelson Mandela überreichte – selbst in das Springbock-Trikot gekleidet – unter dem Jubel aller Fans dem Mannschaftskapitän Francois Pienaar den Pokal. Dieser Tag wird heute als großer Moment der Versöhnung gefeiert und macht den Springbock – weit über das nationale Symbol hinaus – zu einem Zeichen, dass Versöhnung gelingen kann.
Dass es nebenbei schwierig ist, auf dem internationalen Markt die Motivänderung einer eingeführten Bullionmünze durchzusetzen, das ist eine ganz andere Geschichte.
Achtung! Es gibt Krügerrands, die sind Sammelobjekte
Haben Sie Krügerrands daheim? Planen Sie, die zu verkaufen? Dann sollten Sie unbedingt auf das Prägejahr gucken, bevor Sie das tun. Denn wegen der Boykotte gegen das Apartheitsregime, fand der Krügerrand in einigen Jahren nicht den gewohnten Absatz und wurde dementsprechend nur in sehr kleinen Auflagen geprägt.
Selten sind die folgende Jahrgänge, die nach dem Ende des Regimes entstanden: 1995, 1996, 1997, 1998 und – der seltenste Jahrgang – 2000. Während normalerweise mehrere hundertausend Krügerrands pro Jahr ausgegeben wurden, betrug die Anzahl der 2000 geprägten Unzen exakt 6.657, von den halben Unzen gab es 2.593, von den Viertelunzen 2.517 und von den 1/10 Unzen 19.567.