Berlin und Südafrika – eine uralte Verbindung
von Ursula Kampmann
Wussten Sie, dass die ersten Münzen der Burenrepublik aus Berlin kamen? Keine leichte Geburt war das damals, bis die Stempel fertig waren. Denn der Berliner Stempelschneider Otto Schulz hatte so gar keine Ahnung von der burischen Mentalität – und deshalb wäre der Auftrag beinahe in die Hose gegangen.
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1892 machte ein Witz in ganz Südafrika die Runde. Der neuen Münzen waren endlich in Umlauf gesetzt worden. Sie zeigten auf der Vorderseite den Präsidenten des Landes, Stephanus Johannes Paulus Krüger, besser bekannt als Oom Paul oder Ohm Krüger (Oom steht in der Sprache Afrikaans für Onkel). Der stellte sich gerade einer Wahl und hatte gehofft, durch die Münzen zusätzliche Unterstützung zu aktivieren. Und nun hatte doch irgend so ein Frechdachs, auf jede Münze das Wort OS unter das Porträt Krügers geschrieben, zu Deutsch Hornochse. Wie konnte es zu so einer Beleidigung kommen?
Die Wurzeln der Burenrepublik
Gehen wir dafür weit zurück in die Vergangenheit, an die Wurzeln der Zuid Afrikaanschen Republiek, ans Kap der Guten Hoffnung. Dort hatten sich erste holländische Siedler bereits Mitte des 17. Jahrhunderts niedergelassen. Sie waren strenge Kalvinisten, die an den göttlichen Auftrag glaubten und daran, dass ihre harte Arbeit und ihr Erfolg sie als geliebte Kinder Gottes legitimierten. Für die Schwarzen, die da vor ihnen im Land gelebt hatten, hegten sie nur Verachtung. Schließlich waren diese „Wilden“ nicht bereit, Lebensweise und Arbeitsmoral der Buren zu übernehmen. Das konnte doch nur der Beweis dafür sein, dass Gott sie als geborene Diener der Weißen geschaffen hatte.
Viele Europäer glaubten das damals. Doch in manchen Ländern änderte sich die Einstellung (meistens nicht aus moralischen, sondern aus wirtschaftlichen Gründen). So auch in Großbritannien, das seit dem Beginn des 19. Jahrhunderts die Herrschaft am Kap übernommen hatte. Die Abschaffung der Sklaverei wurde zusammen mit dem Gefühl, einer Unterdrückung durch den englischen Staat ausgesetzt zu sein, für viele Buren zum Grund, dem Land am Kap den Rücken zuzuwenden, um im großen Treck in ein gelobtes Land weit im Norden zu ziehen.
Unter ihnen war ein zehnjähriger Bub namens Paul Krüger. Den Namen hatte er von einem Berliner Vorfahren, der im Jahr 1713 als Söldner der holländischen Ostindien Kompanie ins Land gekommen war. Aber sonst war er ein typisches Kind der Buren, das am Rande der Zivilisation gelernt hatte zu überleben.
Überleben bedeutete nicht nur die harte Arbeit fürs tägliche Brot, sondern auch den Kampf gegen die Ureinwohner des Landes, die Ndebele. Krüger war dabei begabt. Er tat sich als Organisator und Kommandant hervor, so dass er im Jahr 1864 zum Generalkommandanten der burischen Truppen der 1839 gegründeten Republik Transvaal gewählt wurde.
1871 entdeckte Johannes Nicolaas de Beer einen Diamanten auf seiner Farm in Transvaal und löste damit den gewaltigsten Diamantenrush der Weltgeschichte aus. 1877 versuchten die Briten Transvaal zu annektieren. Sie wurden zurückgeschlagen, mussten Transvaal im Jahr 1881 die Unabhängigkeit zusichern und Paul Krüger wurde 1883 zum ersten Präsidenten des neuen Burenstaates gewählt.

Zuid Afrikaansche Republiek. 1/2 Pound 1892, Berlin. Äußerst selten. Nur 20-25 Stücke geprägt. Aus Auktion SINCONA 50 (2018), Nr. 1207.
Gold am Witwatersrand
Mitte der 90er Jahre stellte sich heraus, dass die Zuid Afrikaansche Republiek auf gewaltigen Goldvorräten saß. Diese lagen am Witwatersrand. Sie gaben Präsident Krüger die finanziellen Möglichkeiten, eine Münzprägung zu initiieren. Auf seinen Antrag hin erließ der Volksraad ein Gesetz, das holländischen, deutschen und britischen Investoren die Möglichkeit gab, eine Nationalbank für Transvaal zu gründen. Gleichzeitig wurde festgelegt, dass das südafrikanische Geld sich hinsichtlich Nominalen, Aussehen, Feingehalt und Gewicht am britischen Vorbild orientieren sollte. Da das Land damals über keine Münzstätte verfügte, entschloss man sich, die ersten Zuidafrikaansche Ponds – zu Pounds – in Berlin prägen zu lassen, um sie noch vor der anstehenden Präsidentenwahl in Umlauf zu bringen.
Ein kapitaler Fehler
Doch diese eigentlich gute Idee erwies sich als Bumerang. Otto Schultz, Stempelschneider an der Münze Berlin und verantwortlich für die Gestaltung des Münzbildes, machte bei seinem Entwurf einen kapitalen Fehler – und das ohne schlechtes Gewissen. Wie in Europa üblich, kennzeichnete er das Porträt Krügers mit seinen Initialen O.S. Schultz war sich dabei natürlich nicht bewusst, dass das Wort „os“ in Afrikaans Ochse oder Dummkopf bedeutet.
Das war natürlich keine gute Wahlkampfreklame für Ohm Krüger. Die Gegner des Präsidenten machten sich den Irrtum des deutschen Stempelschneiders zu Nutze und ihren Wahlkampfkonkurrenten so lächerlich, dass Ohm Krüger beinahe nicht mehr gewählt worden wäre.
Natürlich wurde der Fehler des deutschen Stempelschneiders schnell ausgebügelt und in einer zweiten Emission die Signatur O.S. entfernt. Nur wenige Sammlerexemplare dieser ersten Emission blieben bis heute erhalten.

Ausschnitt aus Zuid Afrikaansche Republiek. 1 Pound 1892, Berlin. Aus Auktion Künker 336 (2020), 6375.
Es hatte sich übrigens noch ein zweiter Fehler auf diesem ersten Krügerpond eingeschlichen. Statt der südafrikanischen Form der Treckerwägen mit einer Deichsel und wesentlich größeren Hinterrädern hatte Schultz einen europäischen Wagen mit Doppeldeichsel und vier gleich großen Rädern gestaltet.

Krugerrand 2006, geprägt in Berlin mit Münzzeichen Berliner Bär anlässlich der World Money Fair mit Ehrengastland Südafrika
Wiederbelebte Kontakte zwischen der Münzstätte Berlin und Südafrika
Während der Vorbereitung zur World Money Fair 2006 trafen sich Vertreter der South African Mint und der Berliner Münzstätte. Klar, dass sie sich über ihre alte Verbindung unterhielten. So entstand die Idee, in Berlin einen Krügerrand zu prägen. Der unterscheidet sich durch das Münzzeichen, den Kopf des Berliner Bären und Logo der Berliner Münzstätte.
Das Ende der Zuid Afrikaansche Republiek
Zurück zu den Goldfunden vom Witwatersrand in den 90er Jahren des vergangenen Jahrhunderts. Sie hatten das Interesse der Engländer am Transvaal erneut erregt. Cecil Rhodes, der seit 1890 Premierminister der britischen Kapkolonie war, stachelte die britischen Einwanderer, die sich in der Zuid Afrikaanschen Republiek niedergelassen hatten, auf, sich gegen die Regierung unter Krüger zu erheben. Um sie zu unterstützen, schickte er eine 600 Mann starke Truppe. Damit hatte Rhodes seine Möglichkeiten überschätzt. Seine Männer wurde zurückgeschlagen, die rebellierenden „Uitlanders“ (= Ausländer) gefangen genommen, zum Teil getötet. Rhodes musste 1896 seinen Posten als Premierminister räumen.
Leider waren die Goldfunde am Witwatersrand zu groß, um die Begehrlichkeit Englands so schnell erlöschen zu lassen, schon 1899 erhielt Krüger ein neues Ultimatum, diesmal von der englischen Regierung. Sie forderte ihn auf, allen Ausländern in seiner Republik sofort das Wahlrecht zuzugestehen. Daraufhin erklärte Krüger am 11. Oktober 1899 Großbritannien den Krieg. Ein Fehler, wie sich bald herausstellen sollte.
Die englische Regierung verfügte über wesentlich mehr Ressourcen als ein Cecil Rhodes. Krüger realisierte, dass er Hilfe brauchte, und so reiste er 1900 nach Europa, um in Holland und Deutschland um Unterstützung zu werben. Aber weder die niederländische Königin noch der deutsche Kaiser fanden es der Mühe wert, wegen der Buren einen Krieg mit England zu riskieren. Er blieb in Europa und starb bereits 1902 in seinem Schweizer Exil Clarens.
Die Buren verloren den Krieg, doch auch England hatte die Situation falsch eingeschätzt. Ihre radikale Kriegsführung hatte sogar die Bürger ihres eigenen Landes auf die Seite der Buren gebracht. Man musste ihnen entgegenkommen, gab ihnen politische Gleichberechtigung in der gerade eingeführten Demokratie, ganz anderes als den Schwarzen, die auf der Seite Englands gekämpft hatten. Damit waren die Buren in der Lage, ihre numerische Überlegenheit dazu zu nutzen, die Politik Südafrikas nach ihren eigenen Vorstellungen zu gestalten.