Die Sammlung Lodewijk S. Beuth: Münzen der Niederlande
Künker
Auktion 393
Münzen
27.-28. September 2023
D-Osnabrück
Alles begann in der Amsterdamer Keizersgracht 448, als der gerade 50-jährige Lodewijk Beuth in der Münzhandlung Schulman „Fluchtgold“ kaufen wollte. Der Zweite Weltkrieg war ihm noch zu nahe. Er fürchtete, die Russen könnten ganz Westeuropa überschwemmen.
Oft dachte er an die Geschichte eines jüdischen Bekannten. Der hatte ihm erzählt, wie es ihm gelang, die Mittel für seinen Lebensunterhalt auf der Flucht mitzunehmen: Er hatte Goldmünzen ins Jackenfutter eingenäht.
Auch Herr Beuth wollte für einen neuerlichen Krieg vorsorgen. Er kaufte bei Jacques Schulman für 1.000 Gulden Goldmünzen. Doch der Münzhändler hakte nach. Er fragte, wofür sein Kunde die goldenen 10-Gulden-Stücke brauche. Man kam ins Gespräch. Und Jacques Schulman bot an, die gerade erworbenen, durchschnittlich erhaltenen Goldmünzen gegen Stücke in bester Erhaltung auszutauschen, falls sich Beuth fürs Sammeln entscheiden würde.
So steckte sich Lodewijk Beuth, Besitzer einer Versicherungsagentur mit dem numismatischen Virus an. Er sollte noch viele Stunden mit Jacques Schulman in der Keizersgracht 448 verbringen und von seinem Traum, die größte und schönste Münzsammlung niederländischer Münzen aufzubauen, schwärmen.
Lodewijk Beuth hatte das Glück, in einer Zeit zu sammeln, in der fantastische Qualität noch nicht unerschwinglich war. Er kaufte in allen großen Auktionen der 1950er Jahre. Der Kenner findet Stücke aus der Sammlung des ägyptischen Königs Faruk, 1954 bei Sotheby & Co. in Kairo aufgelöst, und aus der Sammlung Johannes Christiaan Paulus Eliza Menso, die 1958 bei Schulman versteigert wurde.
Nach seinem Tod im Jahr 1982 führte sein Sohn Hein Beuth das Sammeln fort. Er trug das, was seinem Vater fehlte, mit Akribie und viel Qualitätsbewusstsein zusammen.
Nun kommt in Auktionskatalog Künker 393 der erste Teil dieser Sammlung auf den Markt. Laurens Schulman, der für den Verkauf dieser Sammlung mit dem Auktionshaus Künker zusammenarbeitet, stellt fest, dass die Sammlung Beuth die qualitätvollste und umfangreichste Niederlande-Sammlung ist, die seit 1988 auf den Markt gekommen ist. Damals versteigerte Christie die Sammlung des Amsterdamer Sammlers Joop Berkman (1795-1984), von der 157 Lose nun wieder in der Sammlung Beuth zu finden sind.
Vom 80-jährigen Krieg bis zum Jahr 1986
Worauf darf sich der Sammler freuen? Zunächst auf ein umfangreiches Angebot von Münzen zwischen 1795 und der Gegenwart. In Künker Auktion 393 werden am 27. und 28. September 2023 die Münzen von der Batavischen Republik und dem Königreich der Niederlande angeboten. Es folgen mehr als 200 Lose mit Münzen der niederländischen Gebiete in Übersee, also Niederländisch-Indien und Niederländisch-Westindien.
In späteren Auktionen kommen die Belagerungsmünzen des 80-jährigen Krieges sowie die Münzen der niederländischen Provinzen und Städte zur Versteigerung, ferner niederländisches Papiergeld.
Raritäten aus der Sammlung Lodewijk S. Beuth
Große Raritäten und umfangreiche Lots prägen den ersten Teil der Auktion. Besonders bemerkenswert sind die vielen äußerst seltenen Proben. Wir haben stellvertretend einige ganz besondere Münzen ausgesucht.
Das Pfeilbündel
Unterstützt von der jungen französischen Republik gründeten demokratisch gesonnene Niederländer die Batavische Republik. Dabei handelt es sich um ein kurzlebiges Staatswesen, das den ehemaligen Staatenbund der sieben Vereinigten Republiken in einen Zentralstaat nach französischem Vorbild umwandelte. Nichtsdestotrotz benutzten die neuen Herren für ihre Münzen alte Symbole. So steht das Bündel aus sieben Pfeilen, das der Soldat in seinen Händen hält, für die sieben vereinigten Republiken. Es erinnert an eine weit verbreitete, erstmals bei Plutarch und Strabon überlieferte Geschichte, die immer wieder von Republiken aufgegriffen wurde: Ein Vater will seine Söhne zur Einigkeit mahnen. Deshalb ruft er sie zusammen und zeigt ihnen ein Bündel dünner Stäbe. Er bittet sie, das Bündel zu zerbrechen. Das gelingt nicht einmal dem Stärksten unter ihnen. Nun zeigt der alte Mann, dass es dennoch möglich ist. Er löst das Band und zerbricht Stab für Stab. Damit demonstriert er, dass sie gemeinsam durch ihre Einigkeit unbesiegbar sein würden, während der Einzelne leicht besiegt werden könne. Darauf weist auch das Motto der Vorderseite hin: Es lautet in Übersetzung: Durch Einheit werden kleine Sachen groß.
Unter der Fuchtel Napoleons
Napoleon zwang die junge Batavische Republik, seinen jüngeren Bruder Ludwig als König zu akzeptieren. Doch dieser machte dem Kaiser einen Strich durch die Rechnung: Er identifizierte sich mit den von ihm Beherrschten und weigerte sich, die von Napoleon geforderte Kontinentalsperre durchzusetzen.
Die Sympathien von Louis Bonaparte werden auf dieser Münze dadurch illustriert, dass er seinen Namen ins Niederländische übersetzte. Aus Louis wird Lodewijk. Die kleine Biene unter der Jahreszahl 1808 auf der Rückseite erinnert dagegen daran, dass Lodewijk ein Bonaparte war und eigentlich die Interessen seines Bruders hätte vertreten sollen.
Napoleon zog die Konsequenzen. Zwei Jahre nach Prägung dieser Münze zwang er Lodewijk zum Rücktritt und übernahm selbst die Herrschaft über die Niederlande.
Frieden und Wohlstand
1813 revoltierten die Niederlande gegen die französische Besatzung. Sie erhoben den Sohn Wilhelms V. von Oranien als Willem I. zum König ihres Reichs. Auch er trieb die Zentralisierung des Landes voran und förderte den Handel.
In diesen Zusammenhang gehört eine in nur zwölf Exemplaren existierende Probe zu einer Münze, die für den Ostseehandel bestimmt war. Schließlich wurden 1815, zum Zeitpunkt ihrer Prägung, im Wiener Kongress die Grundlagen für ein friedliches Europa gelegt. Das bot der Handelsnation viele Möglichkeiten, so z. B. den Handel mit den Ostseehäfen wieder zu intensivieren. Um finanzielle Transaktionen zu erleichtern, versuchte man mit dieser Probe, Schrot und Korn des Silberdukaten am Reichstaler auszurichten.
Das Königreich der Niederlande
Drei Jahre später entstand eine Probe in Silber zum Kwartje, einer Kleinmünze zu 25 Cents. Stolz präsentiert sie auf Vorder- und Rückseite die Königskrone Willems. Auch das schon bekannte kleine Pfeilbündel ist zu sehen. Der Löwe, das niederländische Wappentier hält es in seiner linken Pranke.
Doch von Einigkeit war nichts zu spüren, als sich 1830 das katholische Flandern gegen die Übermacht der reformierten Provinzen wehrte. Im Frieden von London entstand aus den katholischen Provinzen die unabhängige Erbmonarchie Belgien. Seitdem spricht man nicht mehr vom Vereinigtes Königreich der Niederlande, sondern vom Königreich der Niederlande.
Negotiepenning
Willem II. war der älteste Sohn Willems I. Er übernahm nach der Abdankung seines Vaters im Jahr 1840 die Regierung. Der plante nämlich im reifen Alter von 65 Jahren, eine römisch-katholische Gräfin zu ehelichen. Um die Krone nicht mit dieser umstrittenen Ehe zu belasten, übergab er seinem mittlerweile 45-jährigen Sohn die Herrschaft.
Und damit sind wir schon fast im Jahr 1848, als eine äußerst seltene Probe zum doppelten „Negotiepenning“ entstand. In diesem großen europäischen Revolutionsjahr übten auch die Niederländer den Aufstand. Willem II. musste verhandeln und einer Verfassung zustimmen.
Die Bezeichnung „Negotiepenning“ bezieht sich übrigens nicht auf diese Verhandlungen, sondern darauf, dass die Münzen für den Außenhandel geplant waren. Deshalb nennen sie kein Nominal, sondern nur Gewicht und Feingehalt.
Ein Gulden für die Weltausstellung von 1867
Im März 1849 starb Willem II. Sein ältester Sohn Willem III. übernahm die Regierung. Durch die neue Verfassung, die er vehement abgelehnt hatte – zeitweise sprach Willem III. sogar davon, abzudanken –, war sein politisches Gewicht im niederländischen Staatswesen stark eingeschränkt.
Davon sehen wir nichts, wenn wir diesen Gulden betrachten, eine der großen Raritäten der niederländischen Numismatik. Man sagt, nur drei Stücke seien davon hergestellt worden: Zwei waren für die Weltausstellung in Paris bestimmt, während der dritte von einem Rotterdamer Kaffeehändler erworben wurde. Die Wahrheit dieser Aussage ist nicht belegt, wir wissen aber, dass die niederländische Nationalsammlung von Münzen und Medaillen kein Exemplar enthält.
Eine einzigartige niederländische Probe von 1898
Bei seinem Tod hinterließ Willem III. keinen überlebenden Sohn, dafür ein 10-jähriges Mädchen, für das die Mutter die Regierung übernahm. Beide Frauen behaupteten sich gut in der Tagespolitik.
Diese Probe zu 2 1/2 Gulden entstand 1898 in Utrecht. Sie ist bis heute in nur einem einzigen Exemplar bekannt. Man kann den Prägezeitpunkt sogar noch weiter einengen. Lodewijk Beuth bewies es in seinem 1956 – ein Jahr nach dem Erwerb dieser Münze – veröffentlichten Beitrag im Jaarboek voor Munt- en Penningkunde mit dem Titel Een merkwaardige Muntvondst: een onbekende proefslag van de Rijksdaalder 1898: Das Stück entstand zwischen dem 21. März und dem 16. April 1901, weil nur in diesem Zeitraum genau diese Kombination von Stempel und Randumschrift möglich war.
Wilhelmina war die erste der drei großen niederländischen Königinnen. Churchill machte ihr das heute eher zweifelhafte Kompliment, der einzige Mann in der niederländischen Regierung gewesen zu sein. Denn Wilhelmina war prinzipientreu. Sie bewahrte Neutralität im Ersten Weltkrieg; sie verhinderte die Auslieferung des deutschen Kaisers an die Entente-Mächte; und sie wurde nach der Besatzung der Niederlande im Zweiten Weltkrieg zur Symbolfigur des Widerstands.
Münzen für das niederländische Kolonialreich in Java
Auch die Niederlande besaßen bis ins 20. Jahrhundert ein Kolonialreich, das sie zum Wohl des heimatlichen Handels ausbeuteten. Dazu gehörte die Insel Java, eine der vier Großen Sundainseln Indonesiens. Java lieferte begehrte Kolonialwaren wie Zucker, Tee, Kaffee und Kautschuk. Dazu kam der Chinin-Anbau. Chinin war damals ein äußerst wichtiges Medikament gegen die weit verbreitete Malaria.
Wie damals auf Java gewirtschaftet wurde, können wir in dem Buch Max Havelaar lesen, das ein ehemaliger Kolonialbeamter verfasste. Der Buchtitel schlug damals ein und wurde Programm: Heute steht die Max Havelaar Stiftung für fair gehandelte Produkte.
Die halbe Rupie ist ein gutes Beispiel für die kulturelle Mischung auf Java: Das Nominal Rupie stammt eigentlich aus Indien. Die Schrift ist einheimisch, die Jahreszahl arabisch und das Münzzeichen des niederländischen Münzmeisters J. A. Zwekkert – ein Hahn – sehr europäisch.
All diese Münzen können Sie im Rahmen der Auktion Künker 393 in Zusammenarbeit mit Laurens Schulman B.V. erwerben. Um einen Katalog zu bestellen, kontaktieren Sie Künker, Nobbenburger Straße 4a, 49076 Osnabrück; Tel: 0541 / 962020; Fax: 0541 / 9620222; oder über E-Mail.