Wie ein Jurist die Rückführung des EID-MAR-Aureus bewertet

Richard Beale, Inhaber von Roma Numismatics, wurde im Januar in New York verhaftet. Ihm wird vorgeworfen, Münzen aus Italien, Griechenland und dem Gazastreifen unter Verstoß gegen die Kulturgutschutzgesetze der jeweiligen Länder erworben und anschließend gefälschte Provenienzen erstellt zu haben, um die illegale Herkunft der Stücke zu vertuschen. Mit seiner Verhaftung scheint die New Yorker Staatsanwaltschaft dem Münzhandel und der Sammlerwelt einen Ehrendienst erwiesen zu haben.

Die Pflichten von Mitgliedern der IAPN

Die Ethikregeln der International Association of Professional Numismatists (IAPN) verlangen von ihren Mitgliedern, „dass alle verkauften Objekte über einen rechtmäßigen Eigentumstitel verfügen, dass niemals wissentlich mit Objekten gehandelt wird, die aus einer öffentlichen oder privaten Sammlung gestohlen wurden oder bei denen der begründete Verdacht besteht, mit illegalen Ausgrabungen in Verbindung zu stehen, und dass sie ihre Geschäfte in Übereinstimmung mit den Gesetzen der Ländern führen, in denen sie tätig sind.“ IAPN-Mitglieder versichern zudem, „numismatische Objekte akkurat zu beschreiben und keine falschen Angaben in Bezug auf Herkunft, Prägedatum, Erhaltung, Provenienz oder Wert zu machen.“

Es liegt auf der Hand, dass – sollten sich die Vorwürfe als wahr erweisen – Beales Verhalten einen Verstoß gegen diese Regeln darstellen würde. Als die IAPN erfuhr, dass gegen den italienischen Münzhändler Italo Vecchi wegen Mittäterschaft ermittelt wird, beschloss die Organisation, Vecchis Ehrenmitgliedschaft bis zur Klärung des Falles auszusetzen. (Richard Beale und Roma Numismatics waren zu keinem Zeitpunkt Mitglied der IAPN.)

Warum hat Griechenland die Rückgabe der Münzen nicht vorher verlangt?

Auf der anderen Seite sollten darauffolgende Meldungen, wonach der Käufer des EID-MAR-Aureus (der teuersten Münze im Fall Beale) die Münze zurückgegeben habe, damit sie Griechenland übergeben werden könne, sowohl im Münzhandel als auch bei Sammlern ernste Bedenken auslösen. Die Münze wurde bei einer Auktion in London im Oktober 2020 für die Rekordsumme von 4,2 Millionen Dollar (ca. 2,988 Mio. Euro) versteigert. Das Los wurde im Vorfeld der Auktion stark beworben. Hätte die griechische Regierung stichhaltige Beweise gehabt, dass die Münze aus einer Ausgrabungsstätte gestohlen wurde, ist davon auszugehen, dass sie spätestens zu diesem Zeitpunkt die britischen Behörden gebeten hätte, die Auktion bis zur Klärung des Falles aufzuschieben. Stattessen veranlasste die New Yorker Staatsanwaltschaft die Rückgabe der Münze erst Jahre später, nachdem sie Beale wegen Betrugs und Diebstahls verhaftet hatte – wobei sie sich fast ausschließlich auf die Behauptung stützte, dass Beale und Vecchi die Provenienz des EID-MAR-Aureus und anderer antiker Silbermünzen aus Naxos gefälscht hätten.

Das eigentliche Opfer des Betrugs

Das eigentliche Opfer des Betrugs ist der Käufer des EID-MAR-Aureus, der zum Kauf einer Münze mit gefälschter Provenienz verleitet wurde. Was war also die Grundlage der Entscheidung, ihm diesen wertvollen Besitz zu nehmen, um die Münze nach Griechenland zu schicken? Laut der New York Times, die sich auf Angaben der Staatsanwaltschaft beruft, beruhte die Rückführung auf der Aussage, dass „Experten davon ausgehen, dass die Münze vermutlich vor mehr als einem Jahrzehnt in einem Gebiet im heutigen Griechenland gefunden wurde, in dem Brutus und sein Bürgerkriegsverbündeter Gaius Cassius Longinus mit ihrer Armee lagerten.“ (Tom Mashburg, Rare Coin, Minted by Brutus to Mark Caesar’s Death, is Returned to Greece, New York Times (23. März 2023).) (zuletzt aufgerufen am 27. März 2023)

Sollte die Entscheidung zur Rückführung einer Münze im Wert von 4,2 Millionen Dollar tatsächlich auf der alleinigen Grundlage von Spekulation ungenannter Experten getroffen worden sein, ist dies Grund zur Beunruhigung. Römische Münzen waren schließlich von Großbritannien bis Sri Lanka im Umlauf, selbst Numismatiker sind sich nicht einig darüber, wo Brutus seine Münzen prägen ließ. In Ermangelung zusätzlicher Beweise für diese Behauptung scheint es, als sei der alleinige Grund dieser „Expertenmeinung“, die Rechtfertigung für die Rückführung der Münze zu liefern. Dabei scheint man sich recht sicher gewesen zu sein, dass die Medien nicht allzu viele Fragen stellen würden, die Zweifel an der Argumentation der New Yorker Staatsanwaltschaft aufkommen lassen könnten.

Handelt es sich um einen New Yorker Einzelfall?

Man könnte davon ausgehen, dass dies lediglich ein Problem New Yorks sei. Allerdings hat die New Yorker Staatsanwaltschaft eine sehr weitreichende Vorstellung der geltenden Gesetze und ihrer eigenen Zuständigkeit. Siehe Rescuing Stolen Art and Antiquities, CBS News, Sunday Morning (26.März 2023). (zuletzt aufgerufen am 27. März 2023)

Die Staatsanwaltschaft beschlagnahmte die Münze aufgrund der Annahme, dass es sich um unrechtmäßig entwendetes Kulturgut handle. Dabei stützt sie sich allerdings auf ausländische Gesetzte, die festlegen, dass jegliche Objekte, die im entsprechenden Land gefunden werden, automatisch als „Staatseigentum“ zu deklarieren sind. Viele dieser Gesetze stehen aber im Widerspruch zum amerikanischen Verständnis des Eigentumsrechts. In den USA gehört Ihnen, was Sie auf Ihrem Grundstück finden. In anderen Staaten ist dies nicht immer der Fall. Außerdem scheinen die üblichen zeitlichen und räumlichen Grenzen für die Ermessensspielräume der New Yorker Staatsanwaltschaft nicht zu gelten. In den meisten Fällen werden Objekte beschlagnahmt und rückgeführt, nachdem sie jahrzehntelang öffentlich ausgestellt oder mehrfach versteigert wurden. Solche Beschlagnahmungen sind möglich, da es keine Verjährungsfrist für den „Besitz“ von gestohlenem Eigentum gibt. Zudem glaubt die Staatsanwaltschaft, dass sie für alle Objekte und alle Handlungen im Zusammenhang mit diesen Objekten zuständig ist, die in New York auftauchen. Aber warum sollten die Bürger anderer US-Bundesstaaten oder gar anderer Länder der Strafverfolgung durch eine örtliche Staatsanwaltschaft ausgesetzt sein, nur weil „alle Wege nach New York führen?“ (ebd.) Ein unethisches Standardverfahren besteht darin, strafrechtliche Vorladungen an Menschen außerhalb von New York zu versenden, obwohl solche Vorladungen gar nicht rechtskräftig sind.

Das eigentliche Problem ist die „Der Zweck heiligt die Mittel“-Mentalität der Staatsanwaltschaft, die fast schon reflexartig und nicht allzu subtil ihre eigene Rückführungs-Agenda verfolgt. Sammler antiker Prägungen und Weltmünzen in den USA mussten bereits die Auswirkungen derartiger Entscheidungen erleben. Seit 2007 verschärft das US-Außenministerium die weitreichenden Einfuhrbeschränkungen für historische Münzen immer weiter, obwohl es unmöglich ist, diese Handelsgüter mit Fundstellen in einem bestimmten Land in Verbindung zu bringen. Das amerikanische Recht und das in der US-Verfassung verankerte Grundrecht auf Eigentum verlangen ein vernünftigeres, besonneneres Handeln.

Der Autor

Peter K. Tompa ist halbpensionierter Anwalt in Washington D.C. Er ist derzeit als externer Berater der International Association of Professional Numismatists und als Geschäftsführer der Ancient Coin Collectors Guild tätig. Die von ihm geäußerten Meinungen sind seine eigenen und stellen keine Rechtsberatung dar.

 

Wir haben Peter K. Tompa in unserem Who’s Who vorgestellt.