MenschenGesichter Teil 14: Weltbürger Hadrianus
mit freundlicher Genehmigung des MoneyMuseum, Zürich
Warum galt der Kopf jahrhunderte-, nein, jahrtausendelang als das Motiv einer Münzseite schlechthin? Und warum hat sich dies in den letzten 200 Jahren geändert? Das fragt Ursula Kampmann in ihrem Buch „MenschenGesichter“ dem die Texte unserer Serie entnommen sind.
Römische Kaiserzeit. Hadrianus (117-138). Aureus, 128. Kopf des Hadrianus mit Lorbeerkranz n. r., leichte Drapierung an seiner linken Schulter. Rs. Der Kaiser als Feldherr auf einem sich aufbäumenden Pferd n. r. reitend. © MoneyMuseum, Zürich.
Als Traianus seinem Großneffen Hadrianus die militärische Macht im Osten anvertraute und ihn damit praktisch zu seinem Nachfolger machte, war dies eine der Sternstunden des Römischen Reiches. Traianus hätte niemanden finden können, der besser ausgebildet war, mehr Provinzen aus eigener Ansicht kannte und eine größere Bereitschaft mitbrachte, seine Kenntnisse ständig zu erweitern.
Die römischen Senatoren dagegen waren gar nicht so begeistert von ihrem neuen Kaiser. Zunächst erbitterte es sie, dass Hadrianus Eroberungen seines Adoptivvaters aufgab, von denen allerdings schon feststand, dass sie militärisch nur unter hohem Aufwand zu verteidigen wären. Dieser Kaiser vertrat eben nicht die altrömischen Tugenden eines gnadenlosen Eroberers. Und er machte sich – so das Empfinden der Senatoren – noch lustig über sie alle, indem er sich über ihre Ansichten von Schicklichkeit hinwegsetzte: Hadrianus trug einen Bart, sichtbares Zeichen für seine Ablehnung der senatorischen Vorstellungen von einem würdig auftretenden Römer.
Bauwerke wie der Canopus und das Serapeion in der Villa Hadriana bei Tivoli spiegeln Hadrianus‘ Erfahrungen im Römischen Reich wider. Foto: Aquilifer / http://creativecommons.org/licenses/by-sa/3.0/deed.en
Und tatsächlich verhielt sich dieser neue Kaiser nicht wie seine Vorgänger. Er behandelte – unglaublich, aber wahr – die Bewohner der Provinzen als Gleichgestellte. Er widmete ihnen und ihren Anliegen auf seinen Reisen mehr Zeit als den Senatoren in Rom. Dass Hadrianus damit die Grundlage für das lange Fortbestehen des Römischen Reiches schuf, lag jenseits des Horizonts eines stadtrömischen Senators. Für uns aber macht dieser Weitblick Hadrianus zum größten Kaiser, den das Römische Reich je hatte. Seiner Tatkraft, seiner schöpferischen Vorstellung und seinem Elan verdankten es die Provinzen, dass sie fast zwei Generationen lang in Frieden und Wohlstand leben durften. Hadrianus träumte den Traum von einer Gemeinschaft aller Bürger des Römischen Reichs – verbunden durch die römischen Gesetze, erlassen von einem wohlmeinenden, patriarchalisch herrschenden Kaiser – mit gleichen Chancen, aber auch gleichen Pflichten für alle, denen das Römische Reich Schutz gewährte.
Wo gleiche Chancen herrschen, müssen einige auf ihre Privilegien verzichten. Kurz gesagt, die Senatoren hassten Hadrianus für seine weltoffene Politik. Und sie wollten es ihn büßen lassen, als der Kaiser im Juli 138 starb. Sie beantragten im Senat seine Damnatio Memoriae. Erst als Antoninus Pius, der von Hadrianus adoptierte Nachfolger, ihnen drohte, zurückzutreten und damit im Römischen Reich einen Bürgerkrieg auszulösen, gaben die Senatoren klein bei und erklärten Hadrianus zum Gott.
In der nächsten Folge lernen Sie, welche Laster auch ein Philosoph wie Kaiser Marc Aurel pflegte.
Alle Teile der Reihe finden Sie hier.
Das Buch „MenschenGesichter“ gibt es in gedruckter Form und als ebook auf der Seite des Conzett Verlages.