Ein neuer Antoninian-Typ des Postumus
Es ist die Panzerbüste, die ohne jegliche Drapierung auf der Vorderseite dieses Antoninians abgebildet ist, die dieses Stück so einmalig macht, und von den zehntausend anderen unterscheidet, die wir aus Münzschätzen, öffentlichen und privaten Sammlungen sowie Auktionskatalogen kennen. Während der Regierung des Postumus war es nämlich die Regel, dass die Büste des Herrschers auf den gewöhnlichen Antoninianen stets gepanzert und drapiert abgebildet wurde, auch auf denen, deren Rückseitenumschrift IOVI STATORI lautet.
Postumus, 260-269. Antoninian, Köln, Januar 268. IMP C POSTVMVS PF AVG Büste nur(!) mit Panzer und Strahlenkrone n. r., l. Schulter drapiert. Rv. IOVI – S-TATORI Iuppiter mit langem Szepter in der Rechten und Blitzbündel im linken Arm leicht n. l. stehend, den Kopf n. r. gewandt. C. -. AGK -. Elmer -. Cunetio -. BSFN 72/02 (2017), S. 56ff., Fig. 1. 3,44 g. 12 h. Unikum von bestem Stil und vorzüglicher Erhaltung. Taxe: 2.500 Euro. Aus Auktion Jacquier 43 (15. September 2017), Nr. 290.
Vergleichsstücke finden wir nur am Anfang des Jahres 268, so zum Beispiel einen Antoninian, auf dem die Iuppiter Stator Rückseite mit einer heroischen Büste des Kaisers nach links kombiniert ist: Der Kaiser trägt Keule und Löwenfell als Attribute des Hercules sowie das Schwertgehenk. Im gleichen Zeitraum prägte die Münzstätte Mailand im Auftrag von Aureolus Antoniniane mit zwei Sonderbüsten, die mit gewöhnlichen Rückseiten kombiniert wurden. Es handelt sich erstens um eine nur gepanzerte Büste sowie um eine nackte Büste mit einer kleinen Ägis.
In diesem Zusammenhang überrascht der neue Antoninian. Doch es handelt sich eindeutig nicht um einen Fehler des Graveurs oder die qualitätvolle Arbeit eines antiken Fälschers. Der charakteristische Stil der Legenden, das hervorragend gearbeitete Porträt und die Qualität des Metalls veranlassen zu der Annahme, dass es sich bei dieser überraschenden Prägung um ein überlebendes Exemplar einer marginalen offiziellen Prägung von Antoninianen mit gepanzerter Büste handelt.
Postumus, 260-269. Antoninian, Köln, 1. Hälfte 268. Rv. P M TR P VIIII COS IIII P P Bogen, Keule und runder(!) Köcher. AGK -. Elmer -. Cunetio 2448. Sehr selten. Sehr schön. Taxe: 250 Euro. Aus Auktion Jacquier 43 (15. September 2017), Nr. 293.
Zeitlich ist dieses äußerst seltene Porträt ohne Feldherrnmantel an den Beginn des Jahres 268 zu setzen. Es ist damit zeitgleich mit den Prägungen, auf denen der Kaiser durch Keule und Löwenfell als Hercules erscheint. Zu dieser Ausgabe gehören weiter
- Aurei und Denare aus Billon, mit denen das 4. Konsulat des Postumus gefeiert wird (P M T P COS – IIII P P),
- Antoniniane, bei denen der Kaiser mit Hercules gleichgesetzt wird (P M TR P VIIII COS IIII P P und HERCVLI ROMANO AVG mit Bogen, Keule und Köcher)
- sowie Antoniniane für die Pax Augusta (PAX AVG)
- und für Iuppiter Stator (IOVI STATORI).
Der Beiname Stator für Iuppiter erinnert an eine Episode aus der Frühgeschichte Roms, die bei Livius I, 12, 4-7 überliefert ist: Nach der Gründung der Stadt müssen die Römer Krieg gegen die Sabiner führen, der sie nahe an eine Niederlage bringt. In dieser Situation leistet Romulus den Schwur, Iuppiter ein Heiligtum zu errichten, sollte dieser sie aus der Gefahr retten. Danach fordert Romulus die bereits fliehenden Römer auf, stehenzubleiben (stare = lat. für stehen), um den Kampf wieder aufzunehmen. Dies gelingt. Die Römer drängen die Feinde zurück. Und Iuppiter erhält als Iuppiter Stator sein Heiligtum mitten in der Stadt Rom.
Dieser mythische Sieg wird zum Vorbild für viele weitere Siege des römischen Heeres, für die man Iuppiter Stator huldigt. Auch in diesem Fall trifft dies zu. Postumus feiert hier nachträglich den guten Ausgang seiner Feldzüge gegen Gallienus in den Jahren 266 und 267. Gleich dem großen Heroen Hercules stellt sich der Kaiser an die Spitze seiner Truppen, um den Eindringling zum Rückzug zu zwingen und den Frieden in seinem Gallischen Sonderreich wieder herzustellen. Allein diese Tatsache illustriert die Bedeutung von Postumus als Feldherrn, man kann also auf dem Münzbild durchaus auf den gewohnten Feldherrnmantel verzichten.
Es bleibt allerdings die Frage, ob diese außergewöhnliche Büste nur mit der Rückseite IOVI STATORI existiert, oder ob sie auch mit anderen Rückseiten kombiniert wurde. Letzteres scheint wahrscheinlich, kann aber nur durch das Auftauchen weiterer, bislang unbekannter Münztypen bewiesen werden.
Nach Dominique Hollard, BSFN 2/2017, S. 56-59.
Die Auktion 43 von Paul-Francis Jacquier finden Sie auf Sixbid.
Und den MünzenWoche-Vorbericht zu dieser Auktion lesen Sie hier.