Die große Königin Salote Tupou III.
Das Königreich Tonga liegt in der Südsee. Es besteht aus 172 Inseln mit einer Fläche von insgesamt 750 Quadratkilometern. 36 davon sind bewohnt von etwas mehr als 100.000 Einwohnern.
Als Captain Cook die Inselgruppe unter dem Namen Freundschaftsinseln in der westlichen Welt bekannt machte, blickte Tonga bereits auf eine lange Geschichte zurück. Unter der Dynastie der Tu’i Tonga, die stolz darauf war, ihren Ursprung bis ins 10. Jh. n. Chr. zurückverfolgen zu können, waren die Tongaer zu der polynesischen Seemacht aufgestiegen. Bis Fidschi und Hawaii waren die mutigen Seefahrer gereist, wie heutige Archäologen beweisen können.
Der erste König von Tonga: George Toupou I.
Tonga wird eine konstitutionelle Monarchie
Wer an harmlose Wilde denkt, die im Baströckchen Hula hup tanzen, wenn er das Wort „Südsee“ hört, der geht Hollywood-Klischees auf dem Leim, die man am besten in der Mottenkiste entsorgen sollte. Tonga hatte schon lange vor Cook eine höchst komplexe Sozialstruktur und bestens ausgebildete Politiker. Einer von ihnen, Taufa’ahau, vereinigte die Insel unter seiner Herrschaft. Er begriff, dass er mit den Neuankömmlingen in ihrer Sprache kommunizieren musste. Also begründete er auf Tonga die damals modernste Staatsform, die konstitutionelle Monarchie; er publizierte ein Gesetzbuch, erließ Pressefreiheit und schaffte auf ganz Tonga die Leibeigenschaft ab. Um von den Ausländern ernst genommen zu werden, kleidete er sich in westliche Anzüge und ließ sich auf den Namen König George Tupou I. taufen, was für Diplomaten auch viel leichter auszusprechen war als Tupou Maeakafa Ngininginiofolanga …
Auch wenn er hinsichtlich der äußeren Umstände Zugeständnisse machte, in der Sache blieb der König von Tonga hart. Unter ihm blieb sein Reich unabhängig – und er verbot sogar, Land an Menschen zu verkaufen, die nicht auf Tonga geboren waren, ein Gesetz übrigens, das heute noch gilt. 1893 starb der Begründer des Königreichs von Tonga im Alter von 95 Jahren.
George Tupou II. heiratet die Mutter von Salote Tupou.
Tochter der „falschen“ Frau
Ihn beerbte sein Enkel, George Tupou II. Der war bei seinem Herrschaftsantritt gerade mal 19 Jahre alt. Und er verfügte nicht über die politische Weisheit seines Großvaters. Schon durch die Wahl seiner Ehefrau – sie gehörte nicht zur Oberschicht von Tonga – hätte er beinahe einen Bürgerkrieg ausgelöst. Er musste sich gegen die Angriffe seiner eigenen Leute absichern, indem er Tonga zu einem britischen Protektorat machte.
Glücklicherweise starb die Frau bereits drei Jahre nach der Hochzeit an Tuberkulose. Sie hinterließ nur eine Tochter, Salote Toupo, eben die Frau die auf unserer Münze abgebildet ist.
Salote Topou im Alter von 8 Jahren.
Eine Jugend im Schulexil
Salote hatte schwer darunter zu leiden, dass sie die Tochter der „falschen“ Frau war. Sie konnte das Palastgelände nur unter Bewachung verlassen, weil sie fürchten musste, umgebracht zu werden. Und als der Vater 1909 eine „richtige“, der Oberschicht von Tonga genehme Frau heiratete, war Salote hinderlich. Deshalb schickte man sie ein paar Tage nach der Hochzeit nach Neuseeland zur Schule. Was als Exil gedacht war, verhalf der jungen Frau zu einer Ausbildung im westlichen Stil und zu einem Blick auf die Welt jenseits von Tonga.
Salote Topou und ihr Mann Viliami Tungi Mailefihi.
Der „richtige“ Mann
Nun hatte der König zwar eine „richtige“ Frau, nur die gebar ihm deshalb noch keinen (überlebenden) Sohn. Es wurde immer wahrscheinlicher, dass doch Salote die Herrschaft über Tonga antreten würde, deshalb holte der König die inzwischen 14jährige zurück in sein Land, wo sie sich mit dem politischen Umständen vertraut machen sollte. Der König hatte auch einen Ehemann für sie ausgesucht. Im Alter von sechzehn Jahren heiratete sie den Sohn des Mannes, der dem ersten König von Tonga als Premierminister gedient hatte.
Viliami Tungi Mailefihi war selbst in Australien erzogen worden und bei der Hochzeit mit seinen 28 Jahren bereits ein gewiefter Politiker. Damit fand der König eine Verbindung, mit der er die Herrschaft seiner Tochter der politischen Kaste schmackhaft machen konnte: Würde sie mit ihrem Mann ein Kind zeugen, so würde es in seinen Adern das Blut von drei königlichen Dynastien vereinigen. Und das galt viel auf Tonga.
Das offizielle Krönungsbild der Königin Salote Topou.
Königin und Premierminister
Es war also ein Dream Team, das da die Geschicke Tongas leiten sollte, als der König 1918 an der Spanischen Grippe starb, jener schrecklichen Krankheit, die im Gefolge des Ersten Weltkriegs so viele Menschenleben kostete. Die 18jährige Salote wurde am 11. Oktober 1918 zur Herrscherin von Tonga gekrönt. Und sie zeigte sofort, dass sie über mehr politischen Verstand verfügte als ihr Vater. Mit Humor und Charme, unterstützt von ihrem Ehemann, der 1923 das Amt des Premierministers von Tonga übernahm, bot sie sowohl der Oberschicht von Tonga als auch dem englischen Gouverneur Paroli. Ihre Entscheidung, Papalagi, also Europäer, in ihr Kabinett zu holen, wurde von der einheimischen Führungsschicht kritisiert. Doch der Ausbau des Gesundheitswesens, die Entwicklung der Landwirtschaft und die Förderung besserer Ausbildungsmöglichkeiten auf der Insel kamen schneller voran durch die Expertise von außerhalb.
Ihren ersten großen Erfolg erzielte sie, als es ihr gelang, die beiden streitenden Zweige der Methodistischen Kirche zu versöhnen. Diese religiöse Auseinandersetzung hatte viel böses Blut in Tonga bewirkt, und Salotes Rolle bei der Beendigung des Streits bewies den Einwohnern von Tonga, dass die junge Frau durchaus in der Lage war, ihr Amt auszufüllen.
Unterstützung Großbritanniens im Zweiten Weltkrieg
Im zweiten Weltkrieg unterstützte Tonga das Vereinigte Königreich nicht nur moralisch, sondern auch finanziell. Die „Wilden“ sammelten 15.000 Pfund, um drei Spitfires für die Royal Airforce zu finanzieren. Tatsächlich wurden zwei der gespendeten Flugzeuge im Luftkampf eingesetzt. Auf Tonga selbst wurde mit Unterstützung aus Neuseeland eine kleine Armee eingerichtet, die die Insel gegen die Japaner verteidigen sollte. Außerdem dienten 2.000 Soldaten aus Tonga im britischen Heer.
Als ihr Mann 1941, mitten im Zweiten Weltkrieg, verstarb, hatte Königin Salote so viel Einfluss gewonnen, dass sie ihren Cousin zum Premierminister machen konnte, und zwar nur für den Übergang. 1949 ging das Amt an ihren Sohn, der nach ihrem Tod die Herrschaft über Tonga übernehmen sollte.
Salote Tupou III. 1 Koula 1962. Stempelglanz. Taxe: 1.000,- Euro. Aus Auktion Künker 315 (11. Oktober 2018), Nr. 7473.
Eine Kutschenfahrt im Regen
In der westlichen Welt wurde Tonga berühmt durch die Teilnahme der Königin Salote an den Krönungsfestlichkeiten von Elisabeth II. Im Gegensatz zu all den anderen gekrönten Häuptern, die sich auf der Rückfahrt von Westminster Abbey vor dem Regen schützten, befahl Salote, dass ihre Kutsche weiterhin ohne Verdeck, offen fahren sollte. Sie wurde dabei zwar ziemlich nass, hatte aber die Sympathie der Bevölkerung gewonnen. Die 1,91 m große Gestalt, die auf allen Bildern, die im Fernsehen von der Hochzeit gesendet wurden, war überall deutlich zu erkennen und wurde für viele Europäer zu einem Symbol der positiven Aspekte des kolonialen Zeitalters.
Salote Tupou III. 1/2 Koula 1962. Polierte Platte. Taxe: 600,- Euro. Aus Auktion Künker 315 (11. Oktober 2018), Nr. 7474.
Die erste Münzemission von Tonga – überliefert auch auf Briefmarken
1962 ließ Salote bei der britischen Royal Mint Goldmünzen herausgeben, die in hübsche Etuis verpackt in Europa als die ersten Goldmünzen von Polynesien vermarktet wurden. Sogar das Life Magazin vom 11. Oktober 1963 schrieb über die Münzen – und die dazu herausgegeben Briefmarken: „Ein Haufen neuer Goldmünzen und eine einzigartige Ausgabe von Briefmarken – die ersten runden Briefmarken, die jemals gedruckt wurden – sind die aktuellsten glänzenden Symbole des Ruhms und Wohlergehens der weitläufigen Monarchie auf der Pazifikinsel Tonga. Innerhalb der vergangenen 45 Jahre erlangten die Freundschaftsinseln, wie Captain Cook sie bei seinem Besuch 1773 nannte, immer größeren Wohlstand unter der klugen Herrschaft von Salote Tupou III., einer 1,91 m großen Königin, die bei den Krönungsfestlichkeiten von Elisabeth II. viel Aufsehen erregte und während ihrer Herrschaft die Finanzen der Insel im Gleichgewicht hielt. Dies hat sie so gut gemeistert, dass sie es sich leisten konnte, Goldmünzen für den täglichen Umlauf in ihrem Land einzuführen – was kein anderes Land seit 1934 getan hat – und die Tongaer somit ihre Rechnungen mit großen Goldstücken bezahlen können, auf denen ein Portrait der Königin abgebildet ist. Sie war stolz auf diese prächtige Währung und gab den Auftrag, Briefmarken in Umlauf zu bringen, die Abbildungen der Münzen zeigen. Königin Salote hofft, dass ihr Münzgeld und ihre runden Briefmarken Numismatiker, Briefmarkensammler und einfache Touristen in Scharen nach Tonga ziehen mit ihren genauso willkommenen, wenn auch weniger beeindruckenden, Währungen im Gepäck.“
Tatsächlich war dieses Geld nie für den Umlauf in Tonga gedacht, was schon durch die Bezeichnung klar wird. Koula ist nichts anderes als das Tongaische Wort für Gold. Die Münzen wurden nie in das nationale Währungssystem integriert, das erst 1967 von der Ankopplung ans britische Pfund gelöst wurde. Damals entstand die eigene Währung mit Münzen zu 1 Pa’anga = 100 Seniti.
Auch wenn die Münzen nie für Tonga bestimmt gewesen sein dürften, versuchte man also den Papalagi etwas anderes zu erzählen…
Salote Tupou III. 100 Pa’anga 1975 auf den 10. Todestag der Königin. Sehr selten. Nur 105 Exemplare geprägt. Stempelglanz. Taxe: 750,- Euro. Aus Auktion Künker 315 (11. Oktober 2018), Nr. 7477.
Eine große Königin
Im November des Jahres 1965 starb Königin Salote an Krebs.
Bei ihrem Tod zeigte sich, wie sehr die Herrscherin die Herzen ihrer Untertanen gewonnen hatte. Von vielen Inseln kam die Bevölkerung, um Anteil zu nehmen an dem Begräbnis, das ganz im traditionellen Stil von Tonga abgehalten wurde. Als Vertreter der englischen Krone war der Governor-General von Neuseeland gekommen, und in der Hauptstadt des Commonwealth, London, wehten alle Fahnen auf Halbmast.
Fünf Jahre nach ihrem Tod, 1970, gewann Tonga mit dem Ende des Britischen Protektorats seine vollständige Unabhängigkeit zurück.
Eine Serie von Münzen aus Tonga finden Sie im Künker Auktionskatalog 315. Dieser ist online verfügbar.
Den Auktionsvorbericht zu allen fünf Künker-Auktionen des Oktober 2018 lesen Sie hier.