Die irische Harfe
Gleichgültig, welche irische Münze der Neuzeit man in die Hand nehmen mag, auf allen ist das Wappen Irlands abgebildet, die Goldene Harfe auf blauem Grund.
Die irische 1 Euro-Münze. Foto: EZB.
Mit dieser Harfe greift Jarlath Hayes, der das Motiv der irischen Euro-Münzen entworfen hat, ein Symbol auf, das seit dem Mittelalter mit der grünen Insel verbunden ist.
Die Wijnbergen Rolle – ein hochmittelalterliches Wappenbuch.
Die Harfe
Die älteste Quelle für die goldene Harfe als Wappen Irlands führt zurück ins 13. Jahrhundert. Etwa um 1280 wurde eine Wappenrolle angefertigt, die unter dem Namen Wijnbergen Rolle in die Forschung eingegangen ist und heute in Den Haag aufbewahrt wird. Auf ihr ist eben dieses Wappen als das der Könige von Irland beschrieben.
Die Harfe ragt damit unter all den Löwen, Adlern, Falken und Burgen heraus und gibt Irland eine Sonderstellung. Nur ein einziges anderes Wappen, das eine Harfe zeigt, kennt die Heraldik bis ins 19. Jahrhundert.
Tristan wirbt um Isolde. Ölgemälde von Edmund Leighton von 1902.
Warum die Harfe so eng mit Irland in Verbindung gebracht wurde? Dafür machen manche Forscher die Literatur verantwortlich: Man hat die Dichtung eines gälischen Barden über einen sangesfreudigen König von Thomond als Grund genannt, aber auch die im Mittelalter weit verbreitete Geschichte über Tristan, der als Barde Tantris zum König von Irland zieht, um dort für seinen Ziehvater Marke um Isolde zu werben.
Doch braucht es für die Wahl der Harfe mehr Gründe als die heute noch weithin bekannte Sangesfreude der Iren? Warum soll sich diese nationale Eigenschaft nicht seit dem Mittelalter erhalten haben?
Die Harfe des Brian Boru, heute im Trinity College aufbewahrt. Foto: Marshall Henrie, CC-BY 3.0.
Die Harfe von Brian Boru
Die Form der dargestellten Harfe imitiert ein mittelalterliches Musikinstrument, das im Trinity College in Dublin aufbewahrt wird. Sie stammt aus dem 14. oder 15. Jahrhundert, was natürlich jede Verbindung mit Brian Boru, Hochkönig von Irland um die Jahrtausendwende, ausschließt. Nichtsdestotrotz haben Generationen von Iren in dem altertümlichen Instrument die Harfe Brian Borus, des beliebten Kämpfers gegen die Wikinger, gesehen. Er war nicht nur ein mächtiger Krieger, der Irland einte, sondern auch ein großer Sänger, der sich selbst auf seiner Harfe begleitet haben soll.
Als Brian Boru und sein Sohn in der entscheidenden, siegreichen, letzten Schlacht gegen die Wikinger fielen, einer Schlacht, wie es sie eben nur in Heldengesängen geben kann, sollen drei Barden drei Tage lang am Grab des Königs Trauerlieder gesungen haben. Vielleicht ist es diese Überlieferung, die den königlichen Namen mit einer der ältesten traditionellen Melodien Irlands verbindet: Brian Borus Trauergesang.
John Derrick, The Image of Ireland, publiziert im Jahr 1581. Das Oberhaupt des Clans der Mac Sweynes beim Abendessen.
Teil des Wappens England
Eigentlich war es schon Heinrich II. gewesen, der 1169 begonnen hatte, die grüne Insel seiner Herrschaft zu unterwerfen. Ihm gelang es, seine Lehnsmänner im Osten der Insel anzusiedeln. Heinrich Plantagenet war auf dem Höhepunkt der Macht angekommen. Und er plante, nach und nach ganz Irland unter normannische Kontrolle zu bringen. Seine Söhne, Richard Löwenherz und Johann Ohneland, hatten aber nicht sein Format. Und die Iren machten es ihnen zusätzlich schwer. Früh hatte sich eine eigene, starke Identität herausgebildet, und sobald der Herrscher in London auch nur die geringste Schwäche zeigten, eroberten sich die stolzen Iren ihre Freiheiten wieder zurück. Der Hundertjährige Krieg, bei dem sich der englische König in Frankreich engagierte, und danach die entsetzlichen Rosenkriege ließen Irland an den Rand des Interesses treten.
Heinrich VIII., 1509-1547. Groat o. J. (1534-1540), London. Die gekrönten Monogramme von Heinrich VIII. und Jane Seymour rechts und links des irischen Wappens. Aus Auktion Künker 152 (2009), Nr. 5279.
Dies änderte sich erst unter Heinrich VIII., der sich einer offenen Rebellion von Seiten der Fitzgeralds gegenüber sah. Die Fitzgeralds gehörten zu den wichtigsten Familien in Irland, hatten sogar als königliche Stellvertreter gedient und in die königliche Familie eingeheiratet. Ihre Konkurrenten waren die Ormonds, mit denen sie sich eine erbitterte Auseinandersetzung lieferten. Einer von denen hatte die Gunst Heinrichs VIII. gewonnen und war in der Machtposition, seinen alten Feind öffentlich anzuklagen. Das Familienoberhaupt der Fitzgeralds musste sich in London verantworten, wurde in den Tower geworfen, und in seiner Heimat liefen Gerüchte um, er sei hingerichtet worden, und das gleiche Schicksal solle allen Fitzgeralds zuteil werden. Es kam zu einem Aufstand der Fitzgeralds, der jedoch nicht genug Unterstützung in der Bevölkerung fand, um sich gegen die Truppen Heinrichs VIII. durchzusetzen. Heinrich siegte, und er entschied, nun endgültig die ganze Insel unter seine Kontrolle zu bringen, damit sie nicht zum Ausgangspunkt einer feindlichen Invasion werden könnte
1541 wurde Irland offiziell ein Teil des englischen Königreichs. Einige Münzen Heinrichs VIII., die unter der Bezeichnung „harp coinage“ in der Numismatik geführt werden, zeugen davon.
Jakob I., 1603-1625. Crown o. J. (1604/5), London. Aus Auktion Künker 254 (2014), Nr. 2206.
Jakob I. führte die irische Harfe offiziell in das englische Wappen ein – auch dafür gibt es genug numismatische Zeugnisse.
Wappen des Vereinigten Königreichs von Großbritannien und Nordirland. Quelle: Sodocan / CC-BY 3.0.
Und bis heute proklamiert das offizielle Wappen des Vereinigten Königreichs, dass Irland zu diesem Staatenbund gehört.
Probe zur 1/2 Crown 1927 in Kupfer. Aus Auktion Künker 183 (2011), 1750.
Als ein Teil Irlands im Jahr 1922 die Unabhängigkeit durchsetzte, übernahmen die Republik Irland stolz die alte Harfe als Wappen. Und immer noch verbinden viele Menschen Irland mit seiner Musik, seinen unzähligen Liedern, auch wenn im heutigen Irland die Menschen auch nicht viel häufiger singen mögen als in anderen Ländern.
Wenn Sie Brian Boru’s Marsch auf der Harfe hören möchten, dann klicken Sie doch hier hinein.