Die Goldprägung von Zürich
Mit der Reformation hatte die Stadt Zürich ihre Finanzen saniert. Dem Stadtrat war es gelungen, die Auflösung aller Klöster im Zürcher Herrschaftsgebiet durchzusetzen. Man hatte deren Besitz nicht verkauft, sondern unter städtische Kontrolle gestellt. Dies schwemmte – wie moderne Historiker ausgerechnet haben – mindestens 10.000 Pfund Silber pro Jahr in die Staatskasse, mehr Geld, als das reformierte Zürich sinnvoll ausgeben konnte. Deshalb begann es, seine Schätze ab 1550 in der Sakristei des Großmünster zu horten. Und hatte damit mehr als genug Mittel, um die Geldpolitik des Reiches zu unterstützen.
Der Kaiser hatte sich nämlich endlich entschlossen, den mit der Reformation verbundenen, sozial motivierten Aufständen einen wesentlichen Grund zu entziehen. Durch die Manipulationen, die so mancher Herrscher aus Gewinnsucht an seiner Währung vornahm, sah sich der Mittelstand immer wieder seiner Ersparnisse beraubt und wehrte sich dementsprechend. Dies sollte mit der Ersten Augsburger Münzordnung von 1551 unmöglich gemacht werden.
Zürich. Halbe Krone o. J. (um 1560) aus Stempeln von Jakob Stampfer. HMZ 2-1120a. Aus Slg. Theodor Grossmann, Auktion Leo Hamburger 1926, Nr. 223 und Slg. Wüthrich, Auktion MMAG 45, 1971, Nr. 452. Vorzüglich bis Stempelglanz. Auktion Künker 256 (9. Oktober 2014), Nr. 6778.
Zürich unterstützte uneigennützig die Münzordnung des Reichs. So stand im Vertrag des neu verpflichteten Münzmeisters Hans Gutenson zu lesen: „Was ferner den Schlagschatz betrifft, so ist dieser dem Meister Hans die festgelegten vier Jahre erlassen, damit er umso bessere Münzen mache.“ Auch wenn Gutenson ganze Massen prägte, brauchte Zürich mehr und heuerte dafür einen zweiten Münzmeister an, den berühmten Jakob Stampfer, der – damals eine technische Innovation – mit dem Walzprägewerk arbeitete.
Eine dieser seltenen Goldmünzen des Jakob Stampfer wird in der kommenden Auktion von Künker angeboten. Sie zeigt auf der Vorderseite den Wappenschild der Stadt auf dem Doppeladler, darum die Aufschrift RES PVBLICA TIGVRINA (= Republik Zürich), und auf der Rückseite ein Lilienkreuz mit der üblichen Aufschrift DOMINE SERVA NOS IN PACE (= Herr, bewahre uns in Frieden).
Zürich. Dukat o. J. HMZ 2-1118. Aus Auktion Leu 74 (1998), 1974. Sehr schön bis vorzüglich. Auktion Künker 256 (9. Oktober 2014), Nr. 6780.
Für eine reformierte Stadt geradezu unglaublich ist dieser Dukat, der auf seinen beiden Seiten Stadtheilige zeigt. Auf der Vorderseite ist Karl der Große zu sehen. Auf der Rückseite Felix und Regula. Von allen drei Heiligen zeigte man im Großmünster Reliquien.
Zürich. Dukat o. J. HMZ 2-1138c. Aus Auktion Leu 80 (2001), 33. Sehr schön. Auktion Künker 256 (9. Oktober 2014), Nr. 6779.
Karl der Große ist noch auf weiteren Dukaten abgebildet, von denen wir – wie von dem vorhergehenden Stück – das genaue Prägedatum nicht kennen. Bereits im 18. Jahrhundert hat man versucht, diese Münzen mit einer Renaissance der Heiligen in Verbindung zu bringen.
Zürich. Dukat o. J. HMZ 2- 1138a. Aus Auktion Leu 74 (1998), 1975. Vorzüglich. Auktion Künker 256 (9. Oktober 2014), Nr. 6781.
So publizierte Johann Jakob Ulrich, Inhaber der Pfarrstelle am reformierten Großmünster, zu Beginn des 17. Jahrhunderts Schriften, in denen er sich für die Neubelebung der Verehrung der Heiligen als erste Vertreter des christlichen Glaubens in Zürich einsetzte. Vielleicht fand seine Neuinterpretation in Zürich eine gewisse Resonanz – auch numismatisch.
Zürich. Dukat 1649. HMZ 2-1138l. Aus Auktion Leu 74 (1998), 1989. Sehr schön bis vorzüglich. Auktion Künker 256 (9. Oktober 2014), Nr. 6784.
Wie auch immer, Zürich hatte das große Glück, sich aus dem Dreißigjährigen Krieg heraushalten zu können. Deshalb gab es kaum Verwüstungen, und die mit dem Wiederaufbau in Deutschland verbundene Blüte setzte um einige Jahrzehnte früher ein als in anderen Städten. Die Zürcher Stadtväter freuten sich über mehrere 10.000 Gulden an Steueraufkommen jedes Jahr.
Zürich. Doppeldukat 1716. HMZ 2-1160f. Aus Slg. Wüthrich, Auktion MMAG 45 (1971), 561 und Slg. Hegibach, Auktion Hess-Divo 279 (1999), 235. Vorzüglich. Auktion Künker 256 (9. Oktober 2014), Nr. 6792.
Zwischen 1672 und 1798 konnte Zürich etwas über 3 Millionen Gulden erwirtschaften! Und dies geschah in einer Zeit, in der die meisten anderen Territorien ständig vor dem Staatsbankrott standen – oder ihn sogar erklären mussten. So wurde Zürich zu einem begehrten Kreditgeber, bei dem hohe und höchste Persönlichkeiten wie der Kaiser bescheiden um ein Darlehen nachfragte.
Zürich. Vierteldukat 1721. HMZ 2-1163l. Aus Slg. Hegibach, Auktion Hess-Divo 279 (1999), 329. Vorzüglich bis Stempelglanz. Auktion Künker 256 (9. Oktober 2014), Nr. 6794.
Mit dieser wirtschaftlichen Blüte verbunden ist eine vielfältige und umfangreiche Goldprägung im 18. Jahrhundert. Sie zeigt das Zürcher Wappentier, den Löwen, das Schwert schwingend und den Wappenschild haltend. Auf der Rückseite das altbekannte DOMINE CONSERVA NOS IN PACE zu lesen; auf den kleinen Vierteldukaten steht einfach ANNO DOMINI mit der Jahresangabe.
Zürich. Dukat 1810. HMZ 2-1171a. Fast Stempelglanz. Auktion Künker 256 (9. Oktober 2014), Nr. 6797.
Den großen Einschnitt brachte die französische Revolution, die in Zürich zunächst viele Anhänger fand. Doch auch wenn das Experiment einer gemeinsamen Schweizer Währung in der Helvetik erst einmal scheiterte, und Zürich kurzfristig zu einer eigenen Münzprägung zurückkehrte – Goldmünzen wurden dabei nur 1810 und 1819 ausgegeben, wurde letztendlich der einheitliche Franken im Münzgesetz von 7. Mai 1850 festgelegt. Das war das Ende der Zürcher Goldprägung.
Einen Vorbericht zu Auktion 256 finden Sie in der MünzenWoche.
Den Online-Katalog von Auktion 256 gibt es auf der Seite von Künker.