Ein deutscher Cicero
Am 7. Oktober 2014 versteigert das Auktionshaus Künker die Sammlung Otto Horn. Darin befinden sich Zimelien der europäischen, aber auch der altdeutschen Münzprägung.
Mainz. Anselm Casimir Wamboldt von Umstadt, 1629-1647. Dicker, dreifacher Reichstaler 1639, Mainz. Aus der Sammlung Horn, Meißen. Von großer Seltenheit. Sehr schön. Taxe: 20.000 Euro.
Anselm Casimir, durch Gottes Gnade Erzbischof von Mainz, Kanzler für Deutschland im Heiligen Römischen Reich, Fürst, Kurfürst, diese Umschrift lesen wir auf der Vorderseite eines dreifachen Reichstalers des Erzbistums Mainz, der im Jahr 1639 ausgegeben wurde. Und diese Umschrift ist wichtig. Wüssten wir nicht, dass es sich bei dem Dargestellten um einen der bedeutendsten Kirchenfürsten Deutschlands handelt, wir würden es aus dem Bild nicht erraten. Anselm Casimir ist in einen prachtvollen, mit Blumen reich bestickten Rock gekleidet. Er trägt keine Kopfbedeckung und hält keine amtstypische Insignie in der Hand.
Bischofswappen. Quelle: Wikipedia.
Die inschriftslose Rückseite zeigt sein Bischofswappen: das Mainzer Rad und das Familienwappen mit den fünf silbernen Spitzen. Es ist von drei Helmen bekrönt, von denen der mittlere mit der Tiara des Fürstbischofs geschmückt ist. Hinter dem Wappen sieht man die Zeichen der Weltlichen und der Geistlichen Macht: Das Schwert und den Bischofsstab.
Besonders bemerkenswert ist der Lorbeerkranz, der diese Darstellung einfasst. Er erinnert an die Ehrung, die einem begnadeten Dichter zuteil werden konnte. Und auch wenn die deutsche Literaturgeschichte Anselm Casimir Wamboldt von Umstadt nicht erwähnt, galt er seinen Zeitgenossen wegen seiner großen Redegabe als der deutsche Cicero.
Anselm Casimir. Quelle: Wikipedia.
Anselm Casimir wurde 1579 als Sohn des Eberhard Wambolt von Umstadt geboren. Sein Vater stammte aus dem niedrigen Adel und verdiente seinen Lebensunterhalt als Beisitzer am Reichskammergericht von Speyer. Die bemerkenswerteste Handlung seines Lebens dürfte der Übertritt vom Kalvinismus zum katholischen Glauben gewesen sein wohl aus Überzeugung, denn den kleinen Anselm Casimir ließ er im Geiste der Gegenreformation erziehen. Dazu gehörte ein Besuch des Jesuitengymnasiums, eine zweijährige Ausbildung am Collegium Germanicum in Rom sowie ein Studium der Theologie und der Jurisprudenz. Die hervorragende Ausbildung machte sich bezahlt. Als 26-Jähriger wurde Anselm Casimir ins Mainzer Domkapitel aufgenommen.
Anselm Casimir war für Mainz ein Glücksfall. Immerhin, wir befinden uns zeitlich im Vorfeld des Dreißigjährigen Krieges. Gesandte und Botschafter reisten von Hof zu Hof, um die Interessen ihrer Auftraggeber zu vertreten. Und Anselm Casimir vertrat die Interessen von Mainz: Am kaiserlichen Hof, am Kurfürstentag, bei der Rekatholisierung von Eichsfeld. Ja, er übernahm in Abwesenheit des Fürstbischofs sogar dessen Stellvertretung. Und als der 1629 verstarb, gewann Anselm Casimir mühelos die Wahl und wurde so sein Nachfolger.
Der neue Erzbischof unterstützte kompromisslos die Politik der katholischen Habsburger. Und Mainz litt darunter. Am Weihnachtstage des Jahres 1631 eroberte Gustav Adolf die Stadt. Anselm Casimir floh nach Köln und kehrte erst 1636 in ein verarmtes und ausgeplündertes Mainz zurück. Erst in diesem Jahr ließ sich der inzwischen 57-Jährige zum Priester weihen. Er hatte einen guten Grund dafür: Ferdinand III. plante, sich nicht wie sonst üblich vom Kölner, sondern von ihm, dem Mainzer Erzbischof krönen zu lassen.
Damit könnte er sich für die Unterstützung durch Anselm Casimir bedankt haben. Dessen stures Festhalten an Habsburgischen Positionen wurde allerdings in den Jahren danach zu einem Hindernis für das Zustandekommen des Friedenskongresses, der den Dreißigjährigen Krieg beenden sollte. Der deutsche Cicero erlebte die Unterzeichnung des Westfälischen Friedens nicht. Er starb – im Frankfurter Exil, da sein Mainz von Franzosen besetzt war – am 9. Oktober 1647.