Gold für Wallenstein
Als Ludwig XII. seinen Marschall einst fragte, was denn wohl nötig sei, um Krieg zu führen, da antwortete der ihm: „Drei Dinge braucht man, Sire, Geld, Geld und nochmals Geld.“ Albrecht von Wallenstein hätte dem Mann sicher zugestimmt. Er hatte bereits als 21-jähriger Fähnrich während seines ersten Ausflugs in die Welt des Militärs erlebt, dass ohne Geld nichts ging. Stolz war der junge Mann nach Ungarn ausgezogen, wenige Monate später beobachtete er vom Krankenlager aus, auf das ihn das Fleckfieber und eine verletzte Hand geworfen hatten, wie sich sein Regiment aus Mangel an Geld und Verpflegung zerstreute.
Denn die Zeit veränderte sich. Hatte man noch vor wenigen Jahrzehnten höchstens 10.000 Mann in den Krieg geführt, wuchsen die Heere nun auf ein Vielfaches an. Pro Mann und Tag brauchte es zwei Pfund Brot, ein Pfund Fleisch, dazu mehrere Liter Bier oder Wein. Das wollte bezahlt werden, und dabei war der Sold noch gar nicht berücksichtigt. Wie Wallenstein später in einem Brief schreiben sollte: „Wird das Kriegsvolk nit schnellstens ordentliche Unterhaltung haben, so werden sie mit Unordnung aus den Quartieren auslaufen und nehmen, was sie werden bekommen und was ich ihnen nicht werde zu erwehren vermögen, dieweil sie allein von Wasser und Brot nit travaglieren können.“
Doch das Steuerwesen steckte in den Anfängen. Stände und Vasallen handelten aufwändig mit dem Fürsten aus, was ihm jedes Jahr neu im Kriegsfall zustünde – oder eben nicht. Kein Wunder, dass zu Beginn des 17. Jahrhunderts die Geldbeschaffung in den Mittelpunkt rückte, sobald es um militärische Unternehmungen ging.
Wallenstein jedenfalls begriff sehr früh, wie Reichtum und Macht miteinander verbunden waren. Und als er im Jahr 1608 die Möglichkeit hatte, eine sehr reiche Witwe zu heiraten, tat er das und legte so den Grundstein für seinen Aufstieg.
Albrecht von Wallenstein, ca. 1636-1641. Gemälde von Anthony van Dyck. Bayerische Staatsgemäldesammlungen München.
Sobald Wallenstein über Güter in Mähren verfügte, zeigte sich sein wirtschaftliches Genie. Anders als seine Zeitgenossen sah er keinen Sinn darin, die Untergebenen auszupressen. Im Gegenteil: Er hatte erkannt, dass ein zufriedener Mann besser arbeitet. So befreite er seine Bauern von alten Frondiensten, erlaubte ihnen, in seinen Wäldern Holz zu schlagen, und ließ sie in seinen Flüssen fischen. Mit seiner Unterstützung wurde die Landwirtschaft modernisiert. Und das brachte Wallenstein Geld, so viel Geld, dass er in Wien auffiel, wo selbst der Kaiser notorisch knapp bei Kasse war.
Hier fassen wir den Grund für Wallensteins spektakulären Aufstieg. Ferdinand II. hatte sich bei seinem Krieg mit Venedig verkalkuliert. Im Februar 1617 ging ihm das Geld aus. Er appellierte an Stände und Vasallen, auf eigene Kosten Truppen für ihn aufzustellen. Doch nur Wallenstein war dazu bereit. Seine Männer waren erfolgreich: Die Venezianer baten um Frieden. Und Wallenstein hatte einen Fuß in der kaiserlichen Tür.
Dort brauchte man seit dem Beginn des Dreißigjährigen Krieges noch mehr Geld. Wallenstein verfügte darüber, besser gesagt, er wusste, wie man zu Geld kam. Seine Idee war es, Kontributionen dorther zu beziehen, wo der Krieg das Land noch nicht geschwächt hatte. Sie durften nicht so hoch sein, dass der einzelne ruiniert wurde, aber hoch genug, um das Heer zu versorgen, um so die völlige Ausplünderung der vom Krieg betroffenen Landstriche durch marodierende Soldaten zu verhindern.
Einblattdruck mit der Darstellung des Währungsverfalls während der der Kipper- und Wipper-Zeit, ca. 1623.
Auch eine zweite, wesentlich bekanntere Idee zur kaiserlichen Geldbeschaffung kann mit Wallenstein in Verbindung gebracht werden. Am 18. Januar 1622 unterzeichnete Ferdinand II. einen Vertrag, in dem er gegen Zahlung der gewaltigen Summe von sechs Millionen Gulden einem Konsortium das Prägerecht in Böhmen, Mähren und Niederösterreich verpachtete. Einer der 15 Vertragspartner war Wallenstein. Es folgte die schlimmste Phase der Kipper- und Wipperzeit, denn sechs Millionen Gulden durch schlechtes Geld wieder hereinzuholen, ja gar noch einen Gewinn zu machen, war eine große Aufgabe. Golo Mann schätzt, dass Wallenstein nach Ablauf des Jahres lediglich 20.000 Gulden daraus gewonnen hatte. Unschätzbar allerdings waren die Verbindungen, die er in dieser Zeit knüpfte, denn seine Vertragspartner gehörten zu den bedeutendsten Finanzgenies der damaligen Zeit.
Ihnen verdankte er den Kredit, den er brauchte, um Land zu kaufen, das dem Kaiser durch seine Eroberungen zugefallen war. 9.000 Quadratkilometer maß Wallensteins Herzogtum Friedland, in dem er Städte gründete, sich eine prachtvolle Residenz baute, die Landwirtschaft modernisierte und einen Musterbetrieb errichtete, der ihn zu einem der mächtigsten Männer des Reiches machte. Wallensteins Einfluss basierte nicht in erster Linie auf seinem militärischen Genie, sondern auf seiner finanziellen Potenz, die es ihm ermöglichte, dem Kaiser immer wieder mit Geld unter die Arme zu greifen.
Dieser äußerst seltene zehnfache Dukat von Wallenstein kommt in der nächsten Herbst-Auktion von Künker vom 7. bis zum 11. Oktober 2013 zur Versteigerung. Die Schätzung beträgt 150.000 Euro.
Natürlich genoss der in den Hochadel aufgestiegene Wallenstein die Ehren und Privilegien, die er dafür erhielt. Seine Münzstätte in Jitschin zum Beispiel, in der dieser prachtvolle zehnfache Dukat geprägt wurde, gründete er nur aus Gründen des Prestiges – oder wie er selbst schrieb: „Aber ich mache es nicht für den Nutzen, sondern nur für die Reputation“.
Im Oktober 1625 erteilte Wallenstein die ersten Aufträge, die mit seiner neuen Münzstätte in Zusammenhang standen. Er ließ sich dafür vom Prager Münzmeister Benedikt Hübmer beraten. Der stellte in seinem Auftrag einen Teil der Prägewerkzeuge in Prag her. 1626 setzte Wallenstein dann den Münzmeister Georg Reick ein, der bis 1630 die Münzen mit seinem Zeichen, der lachenden Sonne, verzierte. Allerdings geschah dies zunächst ohne offizielle Erlaubnis, die folgte erst mit dem kaiserlichen Privileg vom 16. Februar 1628.
Lange blieb der erste Münzmeister, Georg Reick, nicht. Er und sein Wardein wurden in der zweiten Jahreshälfte 1629 verhaftet, weil in der Münzstätte von Sagan festgestellt worden war, dass die Dukaten aus Jitschin zu wenig Gold enthielten. Wallenstein sah sich nach einem neuen Münzmeister um. Er vertraute für einige Monate die Münzstätte dem Wardein Heinrich Peckstein an, der sie im Juli 1630 an Sebastian Steinmüller übergab. Sein Zeichen, den steigenden Löwen im Kreis, finden wir unter dem Porträt des hier gezeigten, prachtvollen Mehrfachdukaten.
Das Edelmetall für Wallensteins Münzprägungen besorgten übrigens gute Bekannte Wallensteins noch aus der Kipper- und Wipperzeit, zunächst Johann de Witte, dann Jakob Bassevi. Beide hatten mit ihm zusammen im Auftrag des Kaisers schlechte Münzen geprägt.
Reiterbild Wallensteins, Kupferstich ohne Jahresangabe. Plattengröße des Originals 35, 3 x 26,6 cm, ca. 1625/28.
Der zehnfache Dukat zeigt Albrecht von Wallenstein auf dem Höhepunkt seiner Macht. Im prachtvollen Panzer, darüber den Feldherrnmantel und den zeittypischen Knebelbart. Die Umschrift von Vorder- und Rückseite lautet in Übersetzung: Albrecht von Gottes Gnaden Herzog von Mecklenburg, Friedland und Sagan, Fürst der Vandalen, Graf von Schwerin, Herr von Rostock und Stargard. Das Wappen stellt unter dem Herzogshut Wallensteins wichtigste Besitzungen zusammen. Umgeben ist es vom Orden des Goldenen Vlieses.
Man kann durchaus davon sprechen, dass Wallenstein sich 1631 auf dem Höhepunkt seiner Macht befand, auch wenn ihn zu diesem Zeitpunkt der Kaiser seiner Ämter enthoben und kaltgestellt hatte. Denn auch wenn Wallenstein den Kaiser nicht brauchte, der Kaiser brauchte ihn, und zwar dringend. Nach dem Sieg Gustav II. Adolfs bei Breitenfeld schrie das ganze katholische Deutschland nach dem erfahrenen Feldherrn.
Die Ermordung Wallensteins in Eger/Cheb im Dreißigjährigen Krieg. Nach einem anonymen zeitgenössischen Kupferstich.
Dass der dann genügend wirtschaftlichen Weitblick besaß, um schon Ende des Jahres 1632, nach dem Tod des schwedischen Königs in der Schlacht von Lützen, die Notwendigkeit zu erkennen, einen dauerhaften Frieden zu schließen, wollte man das Land nicht für Jahrzehnte verwüsten, kostete ihn das Leben. Die Zeit war eben noch nicht reif für Menschen mit wirtschaftlichem Weitblick wie einen Albrecht von Wallenstein.
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