Auf dem Höhepunkt des Dreißigjährigen Krieges
FERDINANDVS III D G HVNG BOEHEMIAE REX – Ferdinand III., durch Gottes Gnade König von Ungarn und Böhmen, so lesen wir auf diesem prächtigen Goldstück. Es wurde anlässlich der Krönung Ferdinands III. zum Herrscher von Ungarn und Böhmen geprägt. Das Gewicht des in Prag hergestellten Stückes ist exorbitant: 40 Dukaten. Doch warum fand es Kaiser Ferdinand II. erst im Jahre 1629 notwendig, dieses Ereignis durch eine umfassende Emission zu feiern?
Diese prachtvolle goldene Schaumünze aus der Sammlung Vogel kommt in Auktion 221 am 30. Oktober 2012 mit einer Schätzung von 150.000 Euro unter Nummer 8051 zur Versteigerung.
Die Krönung Ferdinands zum König von Böhmen hatte nämlich bereits am 27. November 1627 stattgefunden. Feuerwerke, Schauspiele, öffentliche Bankette und Tänze waren abgehalten worden, roter und weißer Wein war aus einem Brunnen geflossen, und der 19jährige Ferdinand hatte genau zum richtigen Zeitpunkt das Lanzenstechen gewonnen, das anlässlich der Krönung seiner Stiefmutter in der gleichen Woche abgehalten worden war. Die Krönung zum König von Ungarn lag sogar noch weiter zurück: Sie war am 8. Dezember 1625 durchgeführt worden.
Georg Pachmann, Porträt des Kaiser Ferdinand II. in schwarzem Harnisch, in ganzer Figur (1578-1637), um 1635. Wien, Kunsthistorisches Museum Inv.Nr. GG_3115. Quelle: Wikipedia.
Die Frage bleibt: Warum nur ließ Kaiser Ferdinand II. ausgerechnet im Jahre 1629 eine Prachtemission auf den jungen König Ferdinand III. ausbringen? Und um eine einmalige Prachtprägung handelt es sich: Wir kennen diese Schaumünzen mit dem jugendlichen Porträt des Kaisersohns als Goldmünzen zu 100, 50 und 40 Dukaten sowie als Silbermünzen zu 12, 5 und 2 Talern. Das Programm ist genau durchdacht: Der junge Mann trägt die hohe Mühlsteinkrause, die aus der spanischen Hoftracht nach Wien gefunden hatte. Um den Hals der nach Vorbild der römischen Kaiser gepanzerten und mit dem Feldherrnmantel drapierten Büste, hängt der Orden vom Goldenen Vlies. Der ist auch auf der Rückseite zu finden. Er umgibt dort einen gekrönten Schild, auf dem der böhmische Löwe zu sehen ist. Hier lautet die Aufschrift ARCHIDVX AVSTRIAE ET C – Erzherzog von Österreich und so weiter. Vorder- und Rückseite umgibt ein Lorbeerkranz.
Auf dieser Schaumünze tritt uns ein Thronfolger entgegen, der mit allen Attributen geschmückt ist, die ein Stempelschneider damals zur Verfügung hatte. Wenn man fragt, warum dieser Aufwand, genügt ein Blick auf die Ereignisse des Jahres 1629.
Albrecht von Wallenstein. Ausschnitt eines Porträts von Anthonius Van Dyck, 1629 nach einem jüngeren Druck. Quelle: Wikipedia.
Wir befinden uns mitten im Dreißigjährigen Krieg. Der Kaisers ist auf dem Höhepunkt angelangt. Er scheint der Sieger in dem großen Krieg geworden zu sein. Sein Feldherr Wallenstein hat den Kampf gegen Christian IV. mit der Schlacht von Lutter gewonnen. Der Dänenkönig ist also als Verteidiger der Protestanten ausgeschieden. Gustav Adolf von Schweden noch nicht auf Reichsgebiet gelandet. Die Fraktion der Reichsfürsten ist gespalten. Alle wollen sie eine Machtminderung Wallensteins, der eben vom Kaiser zum Herzog von Mecklenburg gemacht worden ist. 125.000 Mann sollen sich nach modernen Schätzungen zum damaligen Zeitpunkt unter seinem Kommando befunden haben. Doch während die Katholiken lediglich die Ernennung Wallensteins als Herzog bezweifeln, fordern die Protestanten zusätzlich die Rückgabe der Pfalzgrafschaft, die dem Herzog von Bayern übertragen worden war. Der Kaiser ist so stark, dass er im Alleingang das so genannte Restitutionsedikt verkünden und mit Wallensteins Armee durchsetzen kann: Es spricht den Kalvinisten die gesetzliche Daseinsberechtigung ab und untersagt es – rückwirkend! – allen Protestanten, Kirchenland zu erwerben.
Ferdinand hätte sich jetzt eigentlich zurücklehnen können. Doch seine Reichsfürsten besaßen ein Druckmittel, das er nicht übersehen konnte. Es waren immer noch die Kurfürsten, die entschieden, wer der nächste König im Heiligen Römischen Reich werden sollte! Ferdinand war zu diesem Zeitpunkt bereits 51 Jahre alt. Er musste an seine Nachfolge denken. Und in diesem Zusammenhang sind die prachtvollen Münzen zu sehen, die der Kaiser wohl im ganzen Land zusammen mit seinen Gesandten herumschickte. Seine Legaten wollten mit den Reichsfürsten über die Nachfolge verhandeln, und das Gewicht der wohl als Geschenk mitgebrachten Münzen war sorgsam darauf abgestimmt, welchen Rang und welchen Einfluss der Empfänger dieser Prägung hatte.
Ferdinand III., Porträt von Frans Luycx (um 1638), Öl auf Leinwand, Kunsthistorisches Museum Wien, Inv. Nr. GG8024 (Schloss Ambras). Quelle: Wikipedia.
Man nimmt heute an, dass Ferdinand die Absetzung Wallensteins auf dem Regensburger Kurfürstentag gegen die Wahl seines Sohnes zum deutschen König verhandeln wollte. Stattdessen musste er, weil sich die spanischen Verwandten in den Niederlanden stark bedrängt sahen, militärische Hilfe von Kurfürsten erbitten. Die verlangten dafür nicht nur die Absetzung Wallensteins, sondern auch die Rücknahme des Restitutionsedikts. Ferdinand II. musste klein beigeben. Er opferte Wallenstein und die Wahl seines Sohnes.
Die kam erst kurz vor seinem Tod Ferdinands II. zustande. Am 22. Dezember 1636 wurde Ferdinand III. gewählt, am 15. Februar 1637 starb sein Vater. Von ihm übernahm der Sohn den Krieg, doch die kaiserliche Macht war durch die Niederlagen gegen die Schweden, die Ermordung Wallensteins und die Verwüstung im Deutschen Reich stark zurückgegangen. Nie wieder würde ein Habsburger Kaiser die Möglichkeit haben, die Geschicke des Reiches zentralistisch an sich zu ziehen.
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