Abschied vom Cent: (Keine) Auswirkungen auf die Numismatik?
Von Sebastian Wieschowski
In den vergangenen Jahren gab es immer wieder Berichte zu einer möglichen Einstellung der Produktion von „Penny“-Münzen – doch nun wurden offenbar Tatsachen geschaffen: Übereinstimmenden Medienberichten zufolge hat die United States Mint die letzte Bestellung für Penny-Ronden aufgegeben und plant, danach die Produktion einzustellen. Dies wurde in der Zwischenzeit vom US-amerikanischen Treasury Department bestätigt. Medienberichten zufolge sollen dadurch mindestens 56 Millionen US-Dollar eingespart werden. Zuletzt habe die Penny-Produktion rund vier Cent pro Münze gekostet.
Doch welche Auswirkungen hat diese Entwicklung auf die US-amerikanische Numismatik? Die MünzenWoche hat mit Charmy Harker gesprochen. Die US-amerikanische Münzhändlerin ist bekannt als „The Penny Lady®“. Ihre Spezialisierung liegt auf US-Kleingeld, insbesondere Indian Head Cents, Lincoln Cents, Flying Eagle Cents sowie frühen Kupfermünzen wie Large Cents und Half Cents. Ihre berufliche Laufbahn begann, als sie in den späten 1990er-Jahren eine Münzsammlung von ihrer Tante erbte. Fasziniert von den Indian Head Cents, entschied sie sich, sich intensiv mit dieser Serie auseinanderzusetzen und entwickelte sich von einer Sammlerin zu einer professionellen Händlerin.
Harker gründete ihr Unternehmen „The Penny Lady®“ und etablierte sich als anerkannte Expertin für hochwertige US-Kupfermünzen. Sie ist regelmäßig auf Münzbörsen in den USA vertreten, darunter die Long Beach Expo und die Whitman Expo in Baltimore. Ihr Angebot umfasst seltene und hochgradige Exemplare, darunter Schlüsseljahrgänge wie den 1873 Doubled Liberty Indian Head Cent in MS64BN und den 1916 Lincoln Cent in PR66RB.
Neben ihrer Handelstätigkeit engagiert sich Harker aktiv in der numismatischen Gemeinschaft. Sie war von 2013 bis 2022 Präsidentin der Organisation „Women in Numismatics“ (WIN) und setzt sich für die Förderung von Frauen in der Numismatik ein. Zudem ist sie Mitglied der American Numismatic Association (ANA) und anderer Fachorganisationen.

Ein Highlight aus der Sammlung von Charmy Harker: Der 1856 1C Flying Eagle Cent (S-9) mit einem Grading von PCGS in PF63. Foto: thepennylady.com.
Frage: Frau Harker, wie haben Sie auf die Nachricht reagiert, dass der US-Cent möglicherweise abgeschafft wird?
Charmy Harker: Ich war nicht überrascht – dieser Schritt kündigte sich schon seit geraumer Zeit an. Fast jedes Jahr bringt irgendein Politiker den Vorschlag ein, den Penny wegen seiner hohen Herstellungskosten abzuschaffen. Aber die Ein-Cent-Münze war immer so beliebt, dass sie bisher erhalten geblieben ist.
Warum bedeutet Ihnen der Penny persönlich so viel? Was macht ihn aus Ihrer Sicht sammelwürdig?
Der Penny ist in der Regel die erste Münze, mit der Kinder eine Sammlung beginnen – einfach wegen seines geringen Nennwerts. Viele meiner Kunden erweitern heute die Sammlungen, die sie vor 20, 30, 40 oder sogar 50 Jahren begonnen haben.
Für mich persönlich war es die Schönheit und das Design des „Indian Head Cent“, die mich begeistert und dazu gebracht haben, mich auf diese Münzen zu spezialisieren. Wenn es darum geht, ob ein Penny „sammelwürdig“ ist, muss man sagen: Jede Serie enthält ein oder zwei Jahrgänge mit sehr geringer Auflage – genau das macht diese Stücke besonders selten und damit wertvoll. Solche Münzen lohnen sich, als Investition in die Sammlung aufgenommen zu werden.
Viele Menschen betrachten den Penny als „wertloses Kleingeld“. Wie begegnen Sie dieser Wahrnehmung – sowohl als Händlerin als auch als Sammlerin?
Ich denke, der Begriff „Wert“ ist relativ – ein Penny mag für sich genommen keinen großen materiellen Wert haben, aber für jemanden, der genau dieses Exemplar braucht, um seine Sammlung zu vervollständigen, ist er sehr wohl von Bedeutung.
Wie groß ist die Sammlergemeinschaft rund um den US-Cent? Gibt es bestimmte Jahrgänge oder Varianten, die besonders gefragt sind? Und wie hat sich das Interesse an einzelnen Nominalen im Lauf der Zeit in den USA entwickelt?
Das Sammeln von Pennies ist sehr beliebt – vor allem, weil der Penny für viele angehende Numismatiker der Einstieg in das Hobby darstellt. Fast jedes Nominal und jede Prägeepoche weist einen oder zwei Jahrgänge, die wegen ihrer geringen Auflage deutlich gesuchter und wertvoller sind als andere.
Beim „Indian Head Cent“ zählen insbesondere die Jahrgänge 1877 und 1909-S zu den besonders seltenen Stücken.
Und beim „Lincoln Cent“ sind es vor allem der 1909-S VDB sowie der 1914-D – beide wurden vergleichsweise selten geprägt und gehören zu den letzten Münzen, die eine Sammlung komplettieren. Sie sind in jeder Erhaltung teuer und werden von Sammlern regelmäßig gesucht.
Was das Sammeln einzelner Nominale betrifft, kann ich natürlich nur für den Penny sprechen – und der war schon immer eine besonders beliebte Sammelreihe, gerade bei Einsteigern. Bei Münzbörsen gibt es fast immer einen „Kindertisch“ – dort liegt dann oft ein ganzer Haufen Pennies, durch den die Kinder stöbern können, um Lücken in ihren Sammelalben zu füllen.

Ein 1894/1894 1C Indian Cent mit PCGS-Grading in MS64BN (EAGLE EYE) (Toned). Foto: thepennylady.com.
Was würde die Abschaffung des Pennies für Ihre Arbeit bedeuten – wirtschaftlich, aber auch emotional?
Ich glaube nicht, dass die Abschaffung des Pennies Auswirkungen auf die Sammlerwelt haben wird. Ich habe allerdings beobachtet, dass derzeit viele Sammler gezielt Rollen mit 2025er Pennies kaufen – in der Annahme, dass dieser Jahrgang durch das mögliche Ende der Prägung besonders wertvoll wird. Aber letztlich hängt der Sammlerwert des 2025er Pennies davon ab, wie viele Exemplare die US Mint tatsächlich prägt – nicht allein davon, ob es das letzte Prägejahr ist. Ich hoffe und gehe davon aus, dass die US Mint den Penny weiterhin für die Sammler-Sets – also für die sogenannten Mint Sets und Proof Sets – herstellen wird, die gezielt für Sammlerinnen und Sammler aufgelegt werden.
Gab es in der Geschichte der Vereinigten Staaten bereits Fälle, in denen Münzserien oder Nominale eingestellt wurden? Und wie hat sich das auf den Markt ausgewirkt?
Ja, es gibt zahlreiche Beispiele dafür, dass die US Mint bestimmte Nominale oder Münzdesigns eingestellt hat – etwa den halben Cent, die Zwei-Cent- und Drei-Cent-Münzen, den „Large Cent“, den „Flying Eagle Cent“, den „Indian Head Cent“ oder den „Wheat Cent“.
In der Regel gab es praktische Gründe für die Einstellung eines Nominals oder für Designänderungen. Und fast immer hat eine solche Ankündigung zu einer kleinen Sammelwelle geführt – ähnlich wie wir es aktuell beobachten, wenn Sammler versuchen, sich ganze Rollen mit Pennies des wahrscheinlich letzten Jahrgangs zu sichern.
Haben Sie ein persönliches Lieblingsstück in Ihrer Sammlung? Und was macht es so besonders?
Ich habe mehrere Münzen in meiner Sammlung, die ich aus ganz unterschiedlichen Gründen sehr schätze. Einer meiner Favoriten ist der Flying Eagle Cent von 1856 – eine extrem seltene Münze. Mein Exemplar hat zudem eine wunderschöne Tönung, und genau solche Farben sprechen mich besonders an, wenn ich auf der Suche nach Münzen für meine persönliche Sammlung bin.
Sehr stolz bin ich auf auf meinen Lincoln Cent von 1955 mit der berühmten Doubled Die-Fehlprägung.

Die bekannte Doubled Die-Variante des Lincoln Cents von 1955 entstand durch einen Gravurfehler bei der Herstellung des Prägestempels. Während des Herstellungsprozesses wurde die Vorderseite des Stempels (obverse die) zweimal nicht deckungsgleich gehärtet, was zu einer starken Verdopplung des Prägebildes führte. Der Fehler ist besonders deutlich bei der Jahreszahl „1955“ sowie bei den Buchstaben „LIBERTY“ und „IN GOD WE TRUST“ zu erkennen – dort erscheint eine massive, augenfällige Verdopplung. Foto: thepennylady.com.
Auch dieser hat eine großartige Tönung und ist insgesamt mein Lieblingsstück unter den Lincoln Cents – wegen der markanten Verdopplung des Prägebilds und der spannenden Entdeckungsgeschichte: Viele dieser Stücke wurden damals in Zigarettenautomaten gefunden.
Dann gibt es da noch meinen Indian Head Cent von 1894 mit einem extrem auffälligen doppelt geprägten Datum (1894/94) – die Tönung ist ungewöhnlich schön mit gelben, blauen und grünlichen Farbschattierungen.
Und schließlich habe ich einige verrückte, sehr spektakuläre Fehlprägungen unter den Indian Cents, die ich einfach liebe! Ich könnte stundenlang davon schwärmen …
Alle Stücke aus meiner persönlichen Sammlung sind übrigens auf meiner Website zu sehen.
Was sagen Ihre Kunden zur möglichen Abschaffung des Pennies – sind sie besorgt, gleichgültig oder vielleicht sogar gespannt?
Ich denke, die meisten meiner Kunden sehen das ähnlich wie ich – eher gleichgültig. Wenn man sich Kanada anschaut: Als dort die Cent-Prägung eingestellt wurde, hat das kaum jemand wirklich bemerkt oder sich dafür interessiert. Für den Sammlermarkt oder den Zahlungsverkehr hatte das praktisch keine Auswirkungen.

Eine Fehlprägung des 1894/1894 1C Indian Cent mit 10-prozentiger Dezentrierung. Foto: thepennylady.com
Hat die aktuelle Diskussion Auswirkungen auf den Sammlermarkt? Haben Sie Preisbewegungen bei bestimmten Penny-Ausgaben festgestellt?
Die Einstellung des Pennies hat bisher keine Auswirkungen auf die Preise anderer Jahrgänge – und ich glaube auch nicht, dass sich das ändern wird. Der Wert von Münzen hängt in erster Linie von ihrer Seltenheit und ihrem Erhaltungszustand ab. Ob eine Serie eingestellt wird, spielt für frühere Jahrgänge kaum eine Rolle.
Und zum Schluss: Was würden Sie einem jungen Sammler oder Einsteiger raten, der jetzt mit einer US-Penny-Sammlung beginnen möchte? Wie sollte man starten – und was können sinnvolle nächste Schritte sein?
Diese Frage höre ich sehr oft, und mein Rat lautet:
- Kaufen Sie möglichst früh die seltensten (meist auch teureren) Stücke. Diese niedrig geprägten Jahrgänge steigen im Wert stärker als die häufigen – und wenn Sie sie früh erwerben, profitieren Sie von dieser Wertsteigerung, statt sie später teuer nachkaufen zu müssen.
- Achten Sie auf bestmögliche Qualität. Kaufen Sie nur unversehrte, nicht gereinigte Münzen in möglichst hoher Erhaltung – selbst wenn das zunächst teurer erscheint. Beschädigte oder gereinigte Stücke sind keine gute Investition, auch wenn sie günstig sind.
- Versuchen Sie, innerhalb Ihrer Sammlung einen einheitlichen Eindruck zu schaffen. Münzen mit vergleichbarem Erhaltungsgrad und ähnlicher Tönung ergeben ein besonders stimmiges und ästhetisches Gesamtbild – und machen die Sammlung zugleich begehrenswerter.