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Ein Holey Dollar kehrt nach Toruń zurück: Das Neueste zum Toruńer Münzdiebstahl

von Ursula Kampmann

Die Australian Federal Police gibt bekannt, dass sie einen Holey Dollar aus dem Diebstahl von Toruń ins Regionalmuseum der Stadt zurückgeführt hat. Hier finden Sie die neuesten Informationen zu diesem Diebstahl von mindestens 194 Münzen, der derzeit vor einem Gericht verhandelt wird.

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Dieser Holey Dollar wurde aus dem Regionalmuseum von Thoruń gestohlen und wurde nun zurückgeführt. Foto Münze: AFP / Australian Federal Police, Foto Rathaus von Thoruń: Bogdan via Pixabay.

Dieser Holey Dollar wurde aus dem Regionalmuseum von Thoruń gestohlen und wurde nun zurückgeführt. Foto Münze: AFP / Australian Federal Police, Foto Rathaus von Thoruń: Bogdan via Pixabay.

Toruń ist eine polnische Stadt, die wegen ihrer perfekt erhaltenen Altstadt das Prädikat eines UNESCO-Weltkulturerbes trägt. Was die vielen Touristen, die Toruń jedes Jahr besuchen, oft nicht wissen, ist die Tatsache, dass die Stadt eine reiche numismatische Geschichte besitzt. In Thorn – so der deutsche Name von Toruń – wurde seit dem hohen Mittelalter bis zum Jahr 1765 geprägt. Das 1861 gegründete Regionalmuseum ist stolz darauf, eine praktisch komplette Sammlung von Münzen der Stadt Toruń zu besitzen.

Die Altstadt von Thorn. Gemälde aus dem 19. Jahrhundert. Kopernikus Haus. Foto: UK.

Die Altstadt von Thorn. Gemälde aus dem 19. Jahrhundert. Kopernikus Haus. Foto: UK.

Viele von ihnen sind Geschenke engagierter Bürger, die seit mehr als anderthalb Jahrhunderten ihre Sammlungen dem Museum vermachten. Rund 50.000 Münzen enthält aktuell das Inventar des Regionalmuseums. Sie stellen damit zahlenmäßig die Hälfte des gesamten Bestands an Exponaten. Deshalb gibt es seit 1948 die Stellung eines Kurators der Münzsammlung. Sie ist seit 1960 in die historische Abteilung integriert.

361 fehlende Münzen

Seit Januar 2017 war es dem damaligen Direktor des Regionalmuseums bekannt, dass 361 Münzen fehlten. Zu diesem Zeitpunkt war nämlich die Kontroll-Inventur abgeschlossen, die anlässlich der Pensionierung des Kurators der numismatischen Abteilung durchgeführt wurde. Allerdings sah der Direktor keine Veranlassung, deswegen sofort die Behörden zu informieren. Die Medien sprechen von chaotischen Zuständen. Es habe kein ordentliches Inventar gegeben; es sei im Museum üblich gewesen, während der Dienstzeiten Alkohol zu konsumieren; es hätten schon öfter Münzen gefehlt, die sich dann nach einiger Zeit doch wieder aufgefunden hätten.

Doch die 361 Münzen fanden sich auch nach mehreren Monaten nicht wieder. So meldete der Direktor im November 2018 ihr Fehlen der Polizei. Die ermittelt seit damals und bringt mit dem Verschwinden von mindestens 194 Stücken im geschätzten Gesamtwert von 1,94 Mio. Zloty (= ca. 465.000 Euro bzw. 500.000 USD) den 2017 pensionierten Kurator der numismatischen Abteilung in Verbindung.

Das Regionalmuseum von Toruń hat seinen Sitz im alten Rathaus der Stadt. Foto: UK.

Das Regionalmuseum von Toruń hat seinen Sitz im alten Rathaus der Stadt. Foto: UK.

Der Kurator wird angeklagt

Der steht seit dem 21. Juni 2023 vor Gericht. Man beschuldigt ihn, die 194 Münzen gestohlen zu haben. Das Schicksal der restlichen 167 Münzen steht nicht zur Debatte. Der Kurator ist teilweise geständig. Er gibt zu, aus Geldnot zwischen 2008 und seiner Pensionierung Münzen unterschlagen zu haben. Seine Frau habe ihn verlassen gehabt; er sei mit seinen noch minderjährigen Kindern alleine zurückgeblieben und sein Einkommen habe nicht mehr ausgereicht; zu Beginn sei er davon ausgegangen, er nehme sich quasi nur ein Darlehen im Museum, könne die Münzen später wieder neu kaufen und ersetzen.

Für den Verkauf arbeitete der Kurator mit einem lokalen Münzhändler zusammen, der wegen Hehlerei angeklagt ist. Der Kurator habe schon länger mit diesem Münzhändler zusammengearbeitet. Er habe ihm immer wieder gegen Provision Sammlungen vermittelt, wenn Erben oder Sammler bei ihm im Museum anfragten, was sie mit ihrer Sammlung machen sollten. Später habe er dann eines, zwei, höchstens fünf Stücke auf einmal aus der Museumssammlung bei ihm verkauft. Er habe dafür jeweils mehrere Hundert bis höchstens 2.500 Zloty erhalten. 2.500 Zloty entsprechen ungefähr 600 Euro bzw. 650 Dollar. Insgesamt habe er etwa 200.000 Zloty (= ca. 50.000 Euro) aus den Verkäufen erhalten. Der Münzhändler streitet ab, dass er zu irgendeinem Zeitpunkt wusste, dass es sich bei den verkauften Stücken um Diebesgut handle.

Der australische Holey Dollar, der inzwischen nach Toruń zurückgekehrt ist. Foto: AFP / Australian Federal Police.

Der australische Holey Dollar, der inzwischen nach Toruń zurückgekehrt ist. Foto: AFP / Australian Federal Police.

Ein Holey Dollar im Wert von rund 300.000 $

Mittlerweile sind 61 der gestohlenen Münzen nach Toruń zurückgekehrt. Dafür haben die polnische Polizei, das polnische Kulturministerium und der legale Münzhandel hervorragend zusammengearbeitet. So informierte zum Beispiel das Auktionshaus Künker bereits im September 2023 alle betroffenen Kunden persönlich über das Geschehen. Künker zahlte ihnen aus eigener Tasche den Kaufpreis für die in der Auktion ersteigerten Münzen zurück und konnte dem polnischen Kulturministerium am 18. September 2023 die meisten angefragten Stücke zurückerstatten.

Der weitgereiste Holey Dollar, dessen Rückkehr in Toruń jetzt gefeiert wird, wurde in Zusammenarbeit mit der Australischen Polizei sichergestellt. Ursprünglich 1813 aus einer mexikanischen Silbermünze von 1777 geschaffen, kam die Münze, wie ihre hervorragende Erhaltung zeigt, wohl nie in den Umlauf. Ihre erste Spur findet sich in Amsterdam, wo sie der polnische Sammler Walery Amrogowicz 1914 kaufte. Er vermachte den Holey Dollar zusammen mit seiner gesamten Sammlung 1931 der Wissenschaftlichen Gesellschaft von Toruń, die ihre Objekte im Regionalmuseum lagert. Seit damals war der Holey Dollar also Teil der Münzsammlung von Toruń, ehe er irgendwann zwischen 2011 und 2015 gestohlen wurde.

Aus Australien kam diese Münze nun mit persönlicher und ausdrücklicher Einwilligung des Australischen Kulturministers – immerhin hätte er sie auch als australisches Kulturgut klassifizieren können – wieder zurück nach Toruń. Es scheint sich um den ersten bekannten Fall zu handeln, bei dem die australischen Behörden bei der Rückführung eines Objekts von kulturellem Wert nach Europa mitgewirkt haben.

Wie geht es weiter?

Der Prozess von Toruń ist nicht abgeschlossen. Noch wird verhandelt. Beiden Angeklagten drohen Haftstrafen von 15 Jahren. Der inzwischen 72 Jahre alte Kurator dürfte über die extrem lange Dauer des Prozesses erfreut sein. Schließlich ist jeder weitere Tag Verzögerung für ihn ein weiterer Tag in Freiheit.

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