Antike unter der Lupe – Meisterwerke der Steinschneidekunst aus Privatbesitz
In München ist noch bis 15. Dezember die Sonderausstellung „Antike unter der Lupe“ zu sehen, die rund 180 Gemmen aus drei Privatsammlungen zeigt. Für den heimischen Bücherschrank gibt es neben dem Ausstellungskatalog auch einen neuen Bestandskatalog der Staatlichen Antikensammlungen.
Bei kleinen Dingen lohnt es sich oftmals, ganz genau hinzuschauen und dabei sogar eine Lupe in die Hand zu nehmen. Innerhalb der antiken Kunst gilt das in besonderem Maße für geschnittene Steine (Gemmen), die je nach Machart als Intaglien oder Kameen bezeichnet werden. Winzige, mitunter weniger als einen Zentimeter große Bilder zieren Halbedelsteine von lebendiger Farbigkeit. Verblüffend sind nicht nur die Vielfalt der Bildmotive, sondern auch die Virtuosität und Präzision, mit der die antiken Steinschneider gearbeitet haben.
Entwickelt wurde die Kunst, Steine zu schneiden, im Alten Orient und fand schon bald eine weite Verbreitung. Im Ägäisraum erlebte sie in minoischer Zeit eine erste Blüte. Die Miniaturkunstwerke konnten als Siegel dienen. Andererseits schmückten oder beschützten sie, in Ringe oder Amulette gefasst, ihre Trägerinnen und Träger jeglichen Alters. In der griechischen Klassik (5./4. Jahrhundert v. Chr.) und im Hellenismus (3. bis 1. Jahrhundert v. Chr.) erreichte die Gattung zweifellos ihren künstlerischen Höhepunkt. Produktion und Interesse ließen aber die gesamte römische Kaiserzeit (1. bis spätes 3. Jahrhundert n. Chr.) bis in die Spätantike (spätes 3. bis 6. Jahrhundert n. Chr.) nicht nach. Schon in dieser Zeit wurden von Liebhaberinnen und Liebhabern dieser „Kunst im Kleinen“ erste Sammlungen angelegt.
An diese Sammlertradition knüpft unsere Sonderausstellung „Antike unter der Lupe“ an, in der rund 180 ausgewählte Stücke aus drei Privatsammlungen (Bernhard Fischer, Kai Scheuermann und Wolfgang Skoluda) erstmalig gemeinsam präsentiert werden. Die Gemmen decken ein Spektrum der antiken Steinschneidekunst ab, das vom 3. Jahrtausend v. Chr. bis in das 5. Jahrhundert n. Chr. reicht.
Den schnellen Abfolgen der modernen Bilderflut setzen wir bewusst unsere farbigen Miniaturbildträger entgegen. Wir laden dazu ein, sich an den Details der Einzelmotive zu erfreuen und sich durch genaues Beobachten die dahinterstehenden antiken Erzählungen und Lebenswelten zu erschließen.
Die Sonderausstellung „Antike unter der Lupe“ ist vom 11. September bis zum 15. Dezember 2024 in den Staatlichen Antikensammlungen München zu sehen. Begleitend ist der reich bebilderte Ausstellungskatalog „Antike unter der Lupe“ erschienen.
Neuer Bestandskatalog: Die Sammlung Helmut Hansmann
Gleichzeitig vorgestellt wurde der neu erschienene Bestandskatalog der Staatlichen Antikensammlungen, in dem die 702 geschnittenen Steine der Sammlung des 1996 verstorbenen Journalisten und Sammlers Helmut Hansmann vorgelegt werden. Autorin des 340 Seiten starken Bandes ist die Klassische Archäologin und ausgewiesene Kennerin antiker Glyptik Dr. Carina Weiß.
Erbin der Sammlung Hansmann war Helga Herzog-Wulfers, welche die geschnittenen Steine 1997 den Staatlichen Antikensammlungen und Glyptothek uneigennützig und im Sinne des Verstorbenen schenkte. Im Jahr 2010 war bereits eine erste Auswahl an Steinen in einer Sonderausstellung mit dem Titel „Zauber in edlem Stein“ in den Antikensammlungen zu sehen, die auch von einem kleinen Katalog begleitet wurde. Jetzt können sich Fachleute und Bewunderer antiker wie nachantiker Glyptik aber am gesamten Bestand der Sammlung erfreuen.
Diese reicht von ägyptischen und altorientalischen Siegeln über achämenidische, griechische, etruskische, italische und römische Gemmen bis hin zu sassanidischen Stücken. Darüber hinaus wird die Sammlung durch einige geschnittene Steine vervollständigt, die erst zwischen dem 16. und 20. Jahrhundert und damit in der Nachantike gefertigt wurden. Breit ist das Spektrum der Motive: Es umfasst unter anderem Gottheiten, Heroen und Menschen, allerlei Tiere und Pflanzen sowie Misch- und Phantasiewesen; darüber hinaus Geräte wie Gefäße, Mobiliar, Waffen oder Werkzeuge. Ein Bericht über naturwissenschaftliche Untersuchungen an ausgewählten Granatgemmen aus der Sammlung Hansmann rundet den Band ab.