Goldmünzenfund am Kloster Himmelpforte
Das aufgelassene Kloster Himmelpforte bei Wernigerode steht 2023 erstmals im Mittelpunkt einer Ausgrabung des Landesamtes für Denkmalpflege und Archäologie Sachsen-Anhalt, die unter Beteiligung zahlreicher Interessierter aus der Umgebung stattfindet. Es gelang die Lokalisierung der Klostergebäude; zahlreiche Funde erzählen vom Alltag der Augustinereremiten. Ein besonderes Schlaglicht auf die Zeit des Bauernkriegs wirft der Fund von vier Goldgulden, die wohl im Zuge der Unruhen verborgen wurden.
Inhalt
Das vergessene Kloster
Das bei Wernigerode (Landkreis Harz) gelegene Augustinereremitenkloster Himmelpforte (auch Himmelpforten), vor 1253 durch das niederadelige Geschlecht von Hartesrode gegründet, war ein wichtiges religiöses, kulturelles und wirtschaftliches Zentrum der Region, das heute insbesondere als Luther-Gedenkort bekannt ist: 1516 besuchte der Reformator, selbst Augustiner, die Abtei. Im Bauernkrieg 1525 geplündert und in der Reformationszeit aufgehoben, unterlagen die Gebäude später fast restlosem Abriss und Verfall. In dem idyllischen Waldtal an den Ausläufern des Harzes erinnern heute nur noch einige Trümmer der Klostermauer, der Name und ein Luther-Gedenkstein von 1917 an die versunkene Abtei. Nicht einmal deren genaue Lage war bisher bekannt.
Geophysikalische Prospektionen
Um Informationen über die Gestalt und Historie des Klosters zu gewinnen, führt das Landesamt für Denkmalpflege und Archäologie (LDA) Sachsen-Anhalt mit Unterstützung der Stadt Wernigerode nun Forschungen an der Klosterstätte durch. Damit soll dieser heute an die Peripherie gerückte Geschichtsort wieder stärker in den Fokus einer interessierten Öffentlichkeit gelangen. Bereits im letzten Jahr fanden geophysikalische Prospektionen statt, die erste Hinweise auf im Boden erhaltene Relikte einer eher kleinen, aber stattlichen Klosteranlage mit der Kirche im Norden und den südlich anschließenden, um einen Kreuzhof angeordneten Klausurgebäuden im Süden ergeben haben. Aktuell werden diese Relikte mit einem Grabungsschnitt von gut 50 Metern Länge und zwei bis fünf Metern Breite untersucht.
Ausgrabungen bezeugen Hygienestandard im Mittelalter
Die diesjährige Ausgrabung unter Leitung von Prof. Dr. Felix Biermann (LDA) ergibt spannende und vielversprechende Ergebnisse: Ausbruchgruben und Fundamente zeichnen den Plan der Kirche und der Klosterbauten in großer Deutlichkeit nach. Besonders eindrucksvoll sind die noch über einen Meter hoch erhaltenen Fundamente eines großen, mit mächtigen Strebepfeilern versehenen spätgotischen Bauwerks, das außen an den Südflügel der Klausur angebaut war. Es handelte sich vermutlich um den Speisesaal der Mönche, das sogenannte Refektorium. Das wohl im 15. Jahrhundert entstandene Bauwerk besaß sogar ein in die Wand integriertes Waschbecken mit Ablauf nach Außen – Zeugnis der hohen hygienischen Standards des Konvents in jener Zeit.
Die aktuellen Arbeiten schlossen intensive Metalldetektoruntersuchungen auf der gesamten Klosterfläche mit ein, durch die das metallene Fundgut des Platzes geborgen werden konnte. Zahlreiche Funde des 13. bis 16. Jahrhunderts künden vom Alltag, von der Wirtschaft, vom Handel und vom Wohlstand der Klostergemeinschaft, darunter Messing-Buchschließen aus der Bibliothek, ein Schreibgriffel, Keramik und Tierknochen, Messer, Hufeisen und diverse Werkzeuge, eine Sichel und ein hochmittelalterlicher Reitersporn, Schlossfragmente, reich verzierte Tuchplomben aus Blei als Zeugen weiträumigen Handels, Waffenteile wie der Knauf eines Ritterschwerts des 14. und eine als „Bauernwehr“ bekannte kurze Hiebwaffe des folgenden Jahrhunderts. Die letztgenannten Funde künden von den konfliktreichen und kriegerischen Zeiten, in denen sich die mönchische Gemeinschaft um ein gottgefälliges Leben bemühte.
Verborgene Goldmünzen
Außergewöhnlich ist ein Hort von vier Goldmünzen aus dem Klostergebäude: ein vor 1493 in Frankfurt am Main geprägter Gulden des römisch-deutschen Kaisers Friedrich III., ein 1486 bis 1495 in Schwabach bei Nürnberg geschlagener Gulden der Markgrafen Friedrich von Brandenburg-Ansbach und Sigismund von Brandenburg-Kulmbach sowie zwei in Bonn geprägte Gulden des Erzbistums Köln (1480 bis 1481). Goldmünzen waren von enormem Wert. Das kleine Vermögen wurde mutmaßlich von einem Mitglied des Konvents in einer akuten Gefahrensituation verborgen, die nicht gut ausging – eine nachfolgende Bergung blieb ihm jedenfalls verwehrt. Viel spricht dafür, dass die teilweise bereits stark abgegriffenen Goldmünzen hastig verborgen wurden, als die aufrührerischen Bauern 1525 das Kloster stürmten – ein eindrucksvolles Zeugnis jener dramatischen Ereignisse.
Eine Besonderheit der Ausgrabungen in Kloster Himmelpforte ist die intensive Einbindung ehrenamtlicher Interessierter. Neben dem Grabungsteam des LDA wirken gut 30 Personen aus Wernigerode und Umgebung mit, die einem entsprechenden Aufruf der Stadt gefolgt sind und teilweise erstmals ihr geschichtlich-archäologisches Interesse praktisch erproben können.