Was bedeutet Sparen?
Von Andrea Mayer
Zu „Mariä Lichtmess“ am 2. Februar 1823 hatte die neugegründete Schweinfurter Sparkasse ihren ersten Geschäftstag und einen Tag später ihre erste Kundin: Eva Krauß aus Manau bei Hofheim zahlte 20 Gulden ein. Heute entspräche diese Summe einem Gegenwert von rund 530 Euro. Offenkundig des Schreibens nicht mächtig, bestätigte Eva Krauß im Einlagenbuch der Sparkasse ihre Einzahlung mit drei Kreuzen. Vermutlich war sie als Dienstbotin in einem Haushalt in Schweinfurt beschäftigt. Für Dienstboten wie Eva Krauß war Lichtmess Anfang und Ende des Arbeitsjahres und somit auch Zahltag.
Inhalt
„Damit den hiesigen unbemittelten Einwohnern, besonders den Dienstboten Gelegenheit verschafft werde, ihre Ersparnisse sicher auf Zinsen anzulegen und sich nach und nach ein Kapital zu sammeln […]“ so gibt die erste Satzung der „Städtischen Sparkasse Schweinfurt“ aus dem Jahr 1823 den Gründungszweck der Sparkasse an. Eva Krauß gehörte zu eben jenen Kunden, für die die Sparkasse gegründet wurde. Ganz neu war der Sparkassengedanke indes nicht: bereits im 18. Jahrhundert gab es in ganz Europa Bestrebungen, das Problem der Armut zu bekämpfen. Sozial schwächer Gestellten sollte durch Sparen die Möglichkeit gegeben werden, eigenständig Vorsorge treffen zu können gegen Verdienstausfälle wegen Krankheit und Arbeitslosigkeit oder Geld für das Alter zurückzulegen.
Vorangetrieben wurde die Idee der Vorsorge durch die fatalen Auswirkungen des 1816 herrschenden „Jahres ohne Sommer“ mit Überschwemmungen und Missernten, die letztendlich zur größten Hungersnot des 19. Jahrhunderts führten. König Max I. Joseph von Bayern erließ im November 1823 eine „Allgemeine Verordnung das Armenwesen betreffend“, in der er den Gemeinden die „Bildung von Sparkassen für Zeiten des Alters und der Not“ auferlegte. „Hilfe zu Selbsthilfe“ lautete der Hauptzweck der Sparkassengründungen, gleichzeitig gab der Staat mit dieser Verordnung das Problem der Armenfürsorge an die Kommunen ab.
Ihren Sitz hatte die Schweinfurter Sparkasse zunächst im Rathaus und war institutionell mit dem städtischen Leihhaus verbunden. Beide Institute standen unter städtischer Verwaltung. Die Kunden konnten ihre Einzahlungen zunächst nur zu Lichtmess (2. Februar), Walpurgis (1. Mai), Jakobi (oder 1. August) und Allerheilgen (1. November) tätigen. Eingelegte Gelder wurden zu 3,5 Prozent verzinst, die Einlagenhöhe war auf 100 Gulden festgelegt. Dies entspräche einer heutigen Kaufkraft von rund 2.700 Euro. Mit der Zeit stieg die Zahl der Kunden an. Bis 1841 sind 488 Sparer beiderlei Geschlechts zu verzeichnen. Und auch Wilhelm Sattler – obwohl kein Dienstbote – legte zu Allerheiligen 1823 30 Gulden für seinen damals 13jährigen Sohn Jens an.
Aus den zu klein gewordenen Räumen im Rathaus zog die Sparkasse 1914 in Räume des städtischen Amtsgebäudes in die Lange Zehntstraße. Die Geschäftsräume bestanden aus einem Kassenlokal und einem Warteraum; die Verbindungstür war mit einem elektrischen Türöffner ausgestattet. Es sollte immer nur ein Kunde den Schalterraum betreten können, um Diskretion zu gewährleisten. Und sogar ein feuer- und diebstahlsicherer Tresor wurde angeschafft! Mit Zunahme der Aufgaben der Sparkasse stieg auch der Personalbestand und somit der Platzbedarf. 1935 konnte ein neues Sparkassengebäude am Roßmarkt eröffnet werden: die alte Schranne samt Nebengebäuden, wo sich bis heute das Kundenzentrum der Sparkasse befindet.
Zweihundert Jahre Sparkassengeschichte in Schweinfurt – Grund genug, die diesjährige Ausstellung des Kulturforums im Rahmen der Reihe „Made in Schweinfurt“ der Sparkasse Schweinfurt-Haßberge zu widmen. Unter dem Titel „Mach mehr aus deiner Knete“ stellt die für junge und nicht mehr ganz so junge Besucher konzipierte Schau in vier Themenbereichen Wissenswertes rund um die Themen Sparkasse und Sparen vor. Zahlreiche Mitmach-Stationen machen den Ausstellungsrundgang zu einem unterhaltsamen Erlebnis! Und vielleicht erfährt der ein oder die andere, wie er oder sie mehr aus der Knete machen könnte.
Begleitprogramm zur Ausstellung
28.06. 18.00 Uhr: „Jetzt mal ehrlich – ist ein Finanzplan wirklich nötig?“
30 Minuten Rede und Antwort mit Nico Hildmann von der Startbahn27
02.07. 14.00 Uhr: „Spaßkasse“ – Die spaßige Jubiläumsführung durch die Stadt
90 Minuten Führung mit Michael Schmid
02.08. 18.00 Uhr: „Kontinuität, Umbrüche und Wandel. Grundzüge der Geschichte Schweinfurts vom frühen 19. Jahrhundert bis zur Gegenwart“
Impulsvortrag mit Prof. Dr. Matthias Stickler / Würzburg
10.09. 14.00 Uhr: „Kneten, was das Zeug hält“
Familien Knet-Event mit der Schweinfurter KNETÄ-Gründerin Lisa Stein
14.09. 19.30 Uhr: Finanzkabarett mit Chin Meyer
in Kooperation mit der Disharmonie Schweinfurt e.V.
20.09. 18.30 Uhr: „Take a business seat – war früher wirklich alles besser?“
Unternehmertum Früher vs. Heute mit Dominik Madinger und den Wirtschaftsjunioren Schweinfurt
13.10. 18.00 Uhr: „Sparkassen-Zeitreise“
Im Gespräch mit Sparkassenmitarbeitern der letzten 60 Jahre
Teilnahme an den Veranstaltungen nur mit Voranmeldung!
Jedes Event mit Cocktailbar. Gesponsert von der Sparkasse Schweinfurt-Haßberge
„Mach mehr aus deiner Knete“ ist vom 26. Mai bis 5. November 2023 in der Ausstellungshalle Altes Rathaus (Markt 1, 97421 Schweinfurt) von Dienstag bis Sonntag (10 bis 17 Uhr) kostenlos zu sehen. Weitere Sonderöffnungszeiten in der Tagespresse und im Internet.