New Yorker Staatsanwalt erhebt Anklage gegen Richard Beale / Roma Numismatics

Erst kürzlich wurde bekannt, dass Richard Beale, Geschäftsführer und Inhaber von Roma Numismatics in London, in New York auf dem Weg zur NYINC verhaftet wurde. Die Staatsanwaltschaft Manhattan wirft ihm vor, unrechtmäßig Münzen aus Italien, Griechenland und dem Gazastreifen erworben und mit falschen Provenienzen versehen zu haben, um die illegale Herkunft der Münzen zu verschleiern. Gegen ihn wurde wegen folgender Punkte Anklage erhoben: Schwerer Diebstahl, strafbarer Besitz von Diebesgut, Verschwörung sowie schwerer Betrug.

Im Fokus der Ermittlungen gegen Beale stehen zwei Münzen, deren Provenienzen er gefälscht haben soll. Beide wurden am 29. Oktober 2020 in der Roma Numismatics Auktion 20 in London verkauft. Das erste Stück ist der berühmte EID MAR-Aureus des Brutus, der in der Auktion für £3.240.000 (ca. 2,988 Millionen Euro) verkauft wurde. Er ist damit die bis heute teuerste antike Münze. Beim zweiten Stück handelt es sich um eine Tetradrachme aus Naxos, datiert auf ca. 460 vor Christus. Sie wurde für £240.000 verkauft.

Beide Stücke wurden mit derselben Provenienz angeboten: „Aus der Sammlung des Barons Dominique de Chambrier, mit originalem Provenienznachweis; Ex-Sammlung von Bernard de Chambrier (1878-1963) und Marie Alvine Irma von Bonstetten (1893-1968); Ex-Sammlung des Barons Gustave Charles Ferdinand von Bonstetten, Kammerherr von Ferdinand I., Kaiser von Österreich“.

Laut der Anklageschrift soll Beale bereits zugegeben haben, die Provenienz der beiden fraglichen Münzen „gekauft“ zu haben, wobei unklar ist, was mit „gekauft“ genau gemeint ist. Er soll weiterhin angegeben haben, dass es das erste und einzige Mal gewesen sei, dass er Provenienzen gekauft habe.

 

Beschlagnahmt und an die italienischen Behörden übergeben: Sizilien, Naxos. Tetradrachme, circa 460 v. Chr. Aus Auktion Roma Numismatics XX (2020), Los 65. Zuschlag: 240.000 Pfund.

Die Staatsanwaltschaft Manhattan beschuldigt den international gut bekannten Münzhändler Italo Vecchi der Mittäterschaft. Er ist aktuell als „Consultant Specialist“ für Roma Numismatics tätig. Italo Vecchi ist bei den US-Behörden bereits bekannt, weil sie ihn 1992 verhafteten, als er bei der Reise griechische Münzen einzuführen versuchte, die nicht deklariert waren.

Vecchi gilt als der Mittelsmann, der den Brutus-Aureus und das Tetradrachmon von Naxos in den Jahren 2013 resp. 2014 Beale zum Verkauf übergab. Dieser soll diese Münzen bereits 2015 im Rahmen der New York International Numismatic Convention angeboten haben. Ein in der Strafanzeige zitierter Informant will Fotos der beiden Münzen auf Beales Handy gesehen haben. Als Herkunft habe Richard Beale angegeben, die Stücke kämen „aus einer alten Schweizer Sammlung“. Ein Verkauf kam nicht zustande. 2020 tauchten die Stücke mit einer beeindruckenden Provenienz in der Auktion auf. Ein zweiter Informant will Vecchi und Beale darauf hingewiesen haben, dass die angegebenen Provenienzen falsch seien. Diese hätten dem Informanten daraufhin erfolglos 100.000 Schweizer Franken angeboten, um ihn zu bewegen, die Dokumente zu unterzeichnen, auf denen die Provenienz bestätigt wurde.

Woher die Münzen wirklich stammen, ist bislang nicht bekannt. Eine Anklage gegen Italo Vecchi wurde noch nicht erhoben. Laut artnews.com wurden beide Münzen in den Vereinigten Staaten beschlagnahmt. Die Rückführung der Tetradrachme aus Naxos erfolgte im Februar 2023 zusammen mit einigen anderen beschlagnahmten Kunstwerken. Sie wurde den italienischen Behörden übergeben.

 

Der Gaza-Hort

Weitere Vorwürfe gegen Beale beziehen sich auf den Handel mit Münzen aus dem sogenannten Gaza-Hort, der zahlreiche Tetradrachmen und die wesentlich selteneren Dekadrachmen Alexanders des Großen enthielt. Beale wird beschuldigt, über sein Auktionshaus Roma Numismatics mehrmals Stücke verkauft zu haben, die 2017, vielleicht bereits 2013, im Gaza-Streifen gefunden wurde. Man behauptet, sie seien illegal über Israel in den Münzhandel gelangt.

Bereits vor mehreren Jahren wurde Roma Numismatics in einer Dokumentation der BBC beschuldigt, illegal mit diesen Stücken zu handeln. Laut der aktuellen Strafanzeige habe er sie von einem bekannten Antikenschmuggler erworben und mit falschen Angaben wie „aus einer kanadischen Privatsammlung“ oder „aus einer europäischen Privatsammlung“ angeboten. Auch hier soll Beale in Teilen bereits gestanden haben, die Provenienzen wissentlich falsch angegeben zu haben.

Die Ermittlungen dauern an. Beales nächste Gerichtsverhandlung ist auf den 8. Mai 2023 angesetzt. Bis zur Urteilsverkündung gilt auch in diesem Fall die Unschuldsvermutung. Es ist jederzeit möglich, dass der Angeklagte seine Aussagen rechtskräftig widerruft.

 

Reaktionen aus dem Münzhandel

Alle befragten Vertreter des Münzhandels zeigen sich bestürzt über die mutmaßlichen Täuschungen von Beale und Vecchi. Daniel F. Sedwick, Präsident des International Händlerverbandes IAPN sagte uns gegenüber: „Die IAPN verurteilt eindeutig jede unrichtige Angabe zu einer Provenienz, und wir betonen, dass dies keine gängige Handelspraxis darstellt.“ Er weist aber auch auf eine Lücke im System hin: „Ein System wie der britische Treasure Act würde die Sache vorantreiben, indem es den Diebstahl von Kulturgut verhindert, indem es das Herkunftsland verpflichtet, für jedes gefundene Objekt, das es für wichtig hält, einen fairen Marktpreis zu zahlen.“

Die IAPN stellt in ihrer Pressemeldung eindeutig klar, dass dieses Vorgehen in keinster Weise den moralischen und ethischen Vorschriften des brachenführenden Verbands des Münzhandels entspricht: „Sollten sich diese Anschuldigungen bewahrheiten, würden sie einen eindeutigen und äußerst schwerwiegenden Verstoß gegen die Regeln des Verbandes darstellen.“

Weiterhin betont die IAPN, dass Roma Numismatics zu keiner Zeit ein Mitglied des Verbands war. Anders liegt die Angelegenheit bei Italo Vecchi. Da lediglich Firmen und keine Einzelpersonen Mitglied des Verbands sein können, wurde Italo Vecchi, der vor seiner Pensionierung für mehrere Mitgliedsfirmen der IAPN gearbeitet hat, als korrespondierendes Mitglied gewählt. 2007 erhielt er für seine Verdienste um die Numismatik die Ehrenmitgliedschaft. Die IAPN stellt in ihrer Pressemeldung vom 13. März 2023 fest: „Angesichts der von der New Yorker Staatsanwaltschaft erhobenen Anschuldigungen beschloss der Exekutivausschuss der IAPN am 3. März 2023 Mr. Vecchis Mitgliedschaft bis zur ausstehenden Aufklärung der Vorwürfe auszusetzen.“

 

Eine ungewöhnliche Karriere

Während Münzhändler normalerweise bei der Gründung ihrer Firma bereits gut in der numismatischen Welt vernetzt sind und ihre ersten Auktionen meist mit Material aus dem Niedrigpreissektor durchführen, überraschte der ehemalige britische Armeeangehörige Richard Beale die Fachwelt bereits mit seiner ersten Auktion. Das 2009 gegründete Unternehmen offerierte am 15. Oktober 2010 eine Fülle an hochkarätigen antiken Münzen. Allein 35 Lose davon waren im fünfstelligen Pfund-Bereich geschätzt, ein Vielfaches im hohen vierstelligen Bereich.

 

Der ausführlichste Bericht zur Anklage von Richard Beale findet sich bei Artnews.